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Weisheit - Referat
Inhalt
Vorwort
Asiatische Philosphien:
Indische Philosophien
Chinesische Philosophie
Japanische Philosophie
Abendländische Philosophien:
Griechische Philosophie
Römische Philosophie
Islamische Philosophie
Meine eigene Auffassung des Begriffs
Vorwort
Angesichts dem Umfang, Aufbau und schlicht der Thematik dieser Hausarbeit, scheint es mir angebracht vorweg ein paar Dinge, dem besseren Verständnis beitragend, anzubringen.
Zum einen ist der Titel „Weisheit“ enttäuschend allgemein, auch wenn er etwas ganz Zentrales der Philosophie beschreibt, nämlich deren etymologischen Grundsatz in seiner Gänze. Deshalb lege ich hier schon meine der Arbeit immanenten Intention dar, indem ich offenbare, dass mein Anliegen darin besteht, die verschiedenen Auffassungen vom Begriff der „Weisheit“ oder des „Weisen“ zu zeigen und anschließend meine eigene Meinung zur Begrifflichkeit anzufügen. Ich konzentriere mich bei der Darlegung der Positionen reziprok zum Begriff nur auf eben diese und nicht etwa auf eine Beschreibung der gesamten Philosophie; zur Sprache kommt, was dem besseren Verständnis dienlich ist. Eine andere Art der Darlegung wäre (meines Erachtens) nicht sachdienlich und würde zudem noch dem Rahmen einer solchen Arbeit sprengen, was in Anbetracht noch folgender Ausarbeitungen in Sachen des Umfangs und der wissenschaftlichen Korrektheit keine Luft nach oben ließe. Dann könnte man nicht mehr das tun, was man am liebsten mag: besser sein, als zuvor.
Zum Anderen geht schon aus dem Inhaltsverzeichnis eine womöglich für Sie verwirrende Herangehensweise an das Thema hervor: Ich nehme keine Unterteilung verschiedener individueller Auffassungen, sondern eine von lokalem Charakter vor. Dies schien mir von Anfang an der Thematik angebrachter, da man so der Wiege der Philosophie, Griechenland, keine allzu saliente Monopolstellung zuspricht, sondern die asiatische Auffassung des Begriffs mehr in den Fokus gerückt wird. Gut auf der einen Seite, indem somit auch „kleinere“ philosophische Kulturen mit einbezogen werden; schlecht auf der anderen, da ich mir angesichts meines sehr begrenzten Zeitfensters (die Weihnachtsferien) nur einen für mich unbefriedigenden Überblick der verschiedenen Standpunkte verschaffen konnte, zudem noch den afrikanischen Kontinent komplett außen vor lassen musste. Hier sei noch erwähnt, dass der Aufbau auch meiner Affinität zu vermeintlich kleinem und in Vergessenheit geratendem geschuldet ist, somit eine zutiefst persönliche Komponente von Beginn an enthalten war und ist.
Auch beschreibe ich zuerst die Auffassungen von Weisheit und kläre dann erst den Begriff an sich, um es dem Leser (in diesem Fall Ihnen) einfacher zu machen, indem ich ihm die Aufgabe, die eigenen Werte zu relativieren und das Behandelte anhand seiner innewohnenden Maßstäbe zu beurteilen, von vornherein abnehme. Dies begründet sich damit, dass ich zuerst eine objektive Einschätzung des Dargelegten erreichen möchte und am Ende, mit nun vorhandenem Wissen der wichtigsten Materie, der Subjektivität der Weg bereitet sein sollte. Somit würde man sich bestenfalls zweimal mit der Thematik beschäftigen und das allein würde die Chance erhöhen, dass ein kleiner Teil beim Leser hängen bleibt.
Abschließend ist zu sagen, dass zwei Wochen für eine Hausarbeit mit solch einem umfangreichen Thema bei weitem nicht ausreichen, um ansatzweise der Fülle des Themas in Belangen wie umfangreicher Recherche zu spezifischen Auffassungen, oder aber der verschiedenen lokalen Verständnisse des Begriffs gerecht zu werden. Dennoch überraschte es mich selbst bei der Auswahl meiner Lektüre vor vornherein, wie umfangreich das Thema dann doch war, denn die Intention für selbiges war allein mein Interesse am Begriff. Die anschließende Vertiefung meiner Kenntnisse im Internet gestaltete sich als frustrierend, da sich Lücken auftaten, die ich nicht fähig war innerhalb der begrenzten Zeit zu schließen, denn es gibt zu jedem Begriff innerhalb der verschiedenen für die Philosophie von Belangen Begriffe einen kaum zu überblickenden Kontext, der historischer, logischer, oder aber auch kultureller Natur war, dass dies den Ausschlag dazu gab, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren und nur das kontextuell einzufassen, welches dies vonnöten hat, um den angekündigten zehn Seiten doch aus dem Weg zu gehen. Ich bin der Ansicht, dass es mir gelungen ist, den Grundcharakter der Auffassungen dementsprechend kurz, prägnant, sogleich aber auch ausreichend darzulegen, dass man mit seinem gewonnenen Wissen eine eigene Meinung zu bilden vermag. Inwieweit man sich mit der Thematik weiterhin, also nach dem Lesen, noch beschäftigt, ist jedem selbst überlassen. Mir war es gelegen, einen flächendeckenden Überblick (im wörtlichen Sinne) zu geben und auch Zusammenhänge, Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede aufzuzeigen.
Ich habe lange überlegt, mit welcher Philosophie ich beginne und bin nach reiflicher Abwägung dazu gelangt, mit der Indischen anzufangen. Deshalb:
Die Philosophien Indiens
Es begann mit den Veden. Das waren religiöse Schriften (später dann in Sammlung grundlegend für den Hinduismus), welche auf der Suche nach einem allumfassenden Prinzip waren. Sie fanden und betitelten es „Brahman“. Dieser Begriff umschreibt allgemein ausgedrückt „das Prinzip des Universums, des Ganzen, des absoluten Sein“. Auch wenn es in geringfügiger Weise Unterschiede in der Auffassung der Veden (es gab insgesamt vier an der Zahl) gab, beschreiben sie dennoch alle den Brahman als das dem Universum zugrunde liegende Prinzip. Aus den Brahmanas, den Kommentaren über Brahman (also über die Veden), gehen dann der Umgang mit diesem – meist in der Beschreibung von Opferriten und religiösen Veranstaltungen allgemein – hervor.
Bestandteil einer Veda war mitunter eine Upanishad. Das waren Schriften, die sich eingehender mit dem absoluten Sein und auch dem absoluten Selbst, dem Atman, dem Prinzip des Menschen an sich, beschäftigten. Doch lassen wir einmal das Original sprechen:
Das Wort, das alle Veden uns verkünden,
Das sich in jeglicher Kasteiung ausdrückt,
Um das in Brahman-Schülerschaft sie leben,
Dies Wort vernimm in einem Inbegriff:
Om! So lautet es.
Ja, die Silbe ist Brahman,
Diese Silbe das Höchste ist;
Wer dieser Silbe ist kundig,
Was er wünschen mag, fällt ihm zu.
Anhand des Zitats kann man sehen, welch hohe Stellung diese Schriften in der frühen indischen Philosophie einnahmen. Sie waren der Inbegriff der Lehre und führen gleichsam vor Augen, dass selbst die unrechtmäßige Benutzung der Silbe „Om“ eine Anmaßung gegenüber der indischen Kultur in seinen Grundzügen ist. Aber zurück zum Thema.
Die Grundlage und Hintergründe der Philosophien Indiens sind somit in ihren gröbsten Grundzügen gegeben. Die Frage nach Weisheit wird jedoch in ihnen noch nicht geklärt, obwohl sich in den Upanishaden Beschreibungen in Bezug auf sie zeigen:
Durch das die Weisen, heiliger Werke kundig,
Vollziehen die Riten und den Opfergruß,
Das als Geheimnis in den Menschen waltet:
Das Denken führe mich zu glücklichem Entschluss.
Hier wird so viel über den Begriff und die Grundcharakteristik nicht nur der Weisheit, sondern der Lehre gesagt, dass es sich lohnt, diesen Auszug etwas genauer zu betrachten. Legt man den Fokus zunächst auf Vers 1, so zeigt sich, dass der Weise zunächst über das Wissen der Veden als solcher erkannt wird. Das legt eine Enteilung Heiliger – Weise – Lehrling nahe, die sich später auch in China wiederfinden wird. Der Heilige ist demnach der, der die Schriften niederschrieb, also Einsicht in die Dinge erhielt und diese mit der Menschheit teilte. Der Wiese ist der, der sich dem Studium der Schriften widmet und so zur Einsicht gelangt. Der Lehrling der, der dem Weisen (in so einem Verhältnis also auch dem Gelehrten oder Meister) untertan ist und hofft, eines Tages auch Weise zu sein.
Vers 4 hebt den Prozess des Denkens, somit auch das Wissen, als Prämisse für den „glückliche[n] Entschluss“ als Konklusion hervor und verleiht dem Weisen somit auch die praktische Seite seiner Persönlichkeit als jemand der, durch Denken, geleitet gute Entscheidungen trifft. Auch wird das Opfer als heiliger Akt verständlicher: Sie sind Mittel der Verehrung. Durch die Allgegenwärtigkeit von Brahman sind sie sakral: „die Hypostasierung betont die vermittelnde Rolle“.
Die Grundüberzeugung der indischen Philosophie wird durch folgenden Vierzeiler treffend und vor allem kurz auf den Punkt gebracht:
Wenn alle Leidenschaft schwindet,
Die nistet in des Menschen Herz,
Dann wird, wer sterblich, unsterblich,
Schon hier erlangt das Brahman er.
Dazu muss man, wie ich finde, nichts mehr sagen. Nur ist eine Übereinstimmung mit den Lehren des Epikur und seiner Philosophie der Lust unverkennbar, auch wenn bei diesem das Glück und nicht die Erleuchtung das Ziel ist.
Anschließend möchte ich mich dem laut Wilhelm von Humboldt „schönste[n] philosophische[n] Gedicht aller Zeiten“ widmen: der Gita. Sie ist der 6. Teil eines Heldenepos namens Mahabharata und in 18. Gesänge gegliedert. Sie vereint die verschiedenen geistigen Strömungen und nimmt auch heute noch (circa 2500 Jahre nach ihrer Entstehung) großen Einfluss auf den Hinduismus und die Kultur Indiens allgemein. Ich möchte hier keinen Überblick des Schriftstücks geben, sondern herausarbeiten, was meinem Thema dienlich ist.
Im 12. Gesang wird mit „muß man auf die Frucht des Handelns verzichten und sich ganz dem Herrn zuwenden“ impliziert, man müsse nicht, oder aber nur halbherzig sein Werk tun. Das wird aber im 18. Gesang nochmals klargestellt: „Falsch wäre der Verzicht auf die Pflicht, denn ein Entsagender verzichtet nur auf die Früchte des Handelns“. Zu Gott zu finden, Erleuchtung zu erlangen bedeutet, sein Werk zu verrichten und dann sein nächstes zu fokussieren. Ich erkläre es mir selbst mit dem Freundschaftsdienst. Diesen verrichtet man auch ohne Verlangen nach Entschädigung oder Lohn. Es wäre ja keine Freundschaft, wenn man etwas für sie als Austausch bekäme.
In den Auslegungen der Gita gibt es Unterschiede doch ich möchte eine erwähnenswerte hervorheben. Radhakrishnan, eine der philosphischen Ikonen Indiens, sagt (in wiederum der Auslegung Sequeiras): „Grundlage der liebenden Hingabe sei der Glaube. Durch die Verehrung werde das Herz geläutert und der Geist für das höhere Bewusstsein vorbereitet. Dies bedeutet, daß Bhakti zu Jnana, d.h. Liebe zur Weisheit führe. Den sich hingebenden Menschen werde durch den in seiner Seele wohnenden Herrn das Licht der Weisheit mitgeteilt.“
Es geht des Weiteren aus den drei Juwelen den Buddhismus, der Trinata, hervor, dass die bloße Bejahung der Lehre keinen Sinn hat. „Die Lehre muß in die Tat umgesetzt werden. Wie man handelt und lebt – so denkt man. Auch Philosophen müssen glaubwürdig sein“.
Hier möchte ich doch noch auf eine einzelne Lehre, den Jainismus, eingehen, denn es eignet sich sehr zum Zitieren, da Ronald Sequeira in seinem Buch eine derart gute Definition der Philosophie, die auch auf alle indischen Philosphien zutrifft, gibt, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:
Zweck und Ziel aller Philosophie ist es, so lehren die Jainas, ein Wissen zu vermitteln, das uns unsere wahre Stellung inmitten des Weltgeschehens erkennen lehrt und uns dadurch in den Stand setzt, das, was für uns gut ist, zu erreichen und das Schlechte zu meiden.
Und weiter:
Wenn die Prinzipien, wie in Wirklichkeit
Sie sind, sei's in der Kürze, sei's ausführlich
Erkannt sind worden, so bezeichnen dies
Die Weisen als vollkommene Erkenntnis.
Auch wird keineswegs Redegewandtheit als Eigenschaft des Weisen beschrieben. Dies impliziert überlegte Antworten, oder eben gar keine: „Der Weise beantwortet die Frage nach seinem Wesen durch Schweigen“. Das hat zur Folge, dass man annehmen könnte, dass das Bild des Weisen selbst von diesem nicht erläutert werden könnte, was auch ich mich nicht weiter erklären zu versuchen im Stande sehe, da es nicht eindeutig aus der Lektüre hervorgeht und auf eine höchst spekulative, also für mich nicht befriedigende, Antwort hinauslaufen würde.
Ich möchte das Gebiet Indiens mit einem Zitat Radhakrishnans verlassen, was die indische Philosophie treffend beschreibt und die Weisheit als Eigenschaft des Menschen und auch höchstes Gut hervorhebt. Indische Zivilisation beschreibt er nämlich als Versuch, philosphische Weisheit dem sozialen leben einzuverleiben.
Chinesische Philosphien
Wo die indische Philosophie vorangehend eine relativ ausführliche Darlegung erfahren hat, möchte ich mich der chinesischen nur im Allgemeinen und äußerst kurz zuwenden, da eine längere Beschäftigung mit den Chinesen zu sehr in den geschichtlichen Kontext führen würde und somit der Sache nicht mehr dienlich wäre.
Die Philosophie Chinas ist seit jeher auf Praktikabilität ausgelegt. Weisheit im Kontext der gesamten Wissenschaft bedeutet (auch sehr poetisch anmutend) „innere Selbstbildung nach außen zum Herrschen gekehrt“. Somit ist der praktische Bezug der Weisheit ein Grundgedanke der chinesischen Intellektuellen, was von der abendländischen Perspektive aus schwer zu verstehen sein kann:
Das im Abendland vorwiegende Interesse an der theoretischen Erkenntnis der Dinge rückt die Akzidenzien als Eigenschaften der Dinge in der Vordergrund. Unter diesen Akzidenzien spielt das „Aktive“ und „Passive“, das, was Dinge wirken und erleiden können und das was man mit ihnen anfangen kann, nur eine untergeordnete Rolle. Im alten China, das so grundlegend an Praxis und Handeln interessiert war, tritt der Gebrauch, die Funktion, die Verwendbarkeit in den Vordergrund des Interesses. Die Dinge werden hinsichtlich Yong – ihrer Verwendbarkeit und Dienlichkeit für Zwecke – begriffen. Man kann es auch so ausdrücken: In der Denkfigur von Ti und Yong wird Yong – Braucbarkeit, Funktion – als das „wesentliche“ und „notwendige“ Merkmal von Ti – der materiellen Dinge – angesehen, hinter dem alle anderen Merkmale als „unwesentlich“ und „zufällig“ zurücktreten. Der biblische Spruch: „An ihren Früchten sollt ihr sie (die Menschen, aber auch die Dinge!) erkennen“, verweist darauf, daß diese Betrachtungsweise auch dem Abendland nicht fremd ist. Man muß sich nur die Wurzel und die Zweige hinzudenken, an denen die Früchte reifen.
Somit ist der Grundzug der Philosophie Chinas gegeben und es bleibt die Frage offen, wie der Weise definiert worden ist. Wie vorangehend schon erwähnt, gibt es eine Einteilung qua Heiliger – Weiser – Lehrling gemäß der indischen Philosophie. Als heilig wurden die guten Kaiser gesehen, die mittels ihrer Einsicht in das Prinzip des Himmels (Tian Zhi Dao) dem Volk zu Frieden verhalfen. Deren Schriften gelten als die heiligen. Das Studium von ihnen ist Bestandteil des Weges zur Weisheit. Demnach war Konfuzius beispiellsweise kein Heiliger, wie er oft gesehen wurde, sondern ein sehr weiser Mann, der eingehende Kenntnis der Klassiker hatte.
Die Klassikerlehre ist Merkmal der chinesischen Philosophie. Keine andere war so lange wie die Chinesische ohne Einfluss von außen und bedachte deshalb ihre eigenen Lehren so ausschließlich, dass sie sogar heute noch im Grundbewusstsein verankert sind.
Doch noch einmal und abschließend für China zurück auf den Guten Kaiser:
Über den Guten Kaiser Shun heißt es im Buch „Mitte und Maß“: „Shun war ein großer Weiser. Shun liebte es zu fragen und er liebte es, dem Sinn einfacher Reden nachzusinnen. Er hatte Nachsicht mit dem Schlechten und verbreitete das Gute. Er erfaßte (die Sachen) von ihren beiden Seiten aus und handelte dem Volk gegenüber von ihrer Mitte aus. Das ist es, warum er Shun war.“
Dieser Dualismus der Dinge ist grundlegend für das Chinesische und der abendländischen Philosophie nicht unbekannt: Die Stoiker haben es das „Oudeteron“ genannt, also das, was „keines von beiden“ ist. Das wurde später zu „Adiaphoron“, dem „Unterschiedslosen“.
In China ist es keinesfalls unterschiedslos; es ist Yin und Yang. Yin steht für das Passive oder auch die Weiblichkeit und Yang für das Aktive, die Männlichkeit. Diese beiden Seiten kommen bei jeglichen Überlegung eines chinesischen Philosophen zur Abwägung, mal hintergründig, mal vordergründig.
Als Nachtrag noch eine kleines Gedankenspiel mit den beiden Ausdrücken: Yang war auch als das Starke und Yin als das Schwache charakterisiert, doch wurde das Schwache stets als ausschlaggebend betrachtet. Als Beispiel galt immer der Fels (Yang) in einem Fluss. Er steht zwar fest im Wasser (Yin), doch wird er durch dieses, wenn auch nur sehr langsam, geformt.
Die japanische Philosophie
Anfangs ist zu erwähnen, dass die japanische Philosophie, wie keine andere, nach Einfluss von außen verlangte, um zu gedanklicher Blüte zu gelangen. Dies war mitunter eine Folge der Feudalherrschaft, die in Japan bis in das 19. Jahrhundert andauerte, welche eine Stagnation der geistigen Aktivitäten bedeutet hätte, da sie ohne Austausch von außen (später trotz dessen) zu einer Separation der japanische Kultur führte und somit mit ihren eigenen Ideen, die nicht vorhanden waren, allein gelassen worden wäre. Doch unter der Beeinflussung - vor allem der chinesischen Kultur - gelangte Japan zu einer beachtlichen Leistung im philosophischen Bereich.
Die Weisheit ist in der buddhistische Philosophie Japans in fünf Arten unterschieden:
[D]ie Weisheit, die das Wesen der phänomenalen Welt begreift (hokkai taisho chi); die Große Runde Spiegel-Weiheit (daienkyo chi), die die Wirklichkeit so reflektiert, wie sie ist; die Weisheit der Identität (byodosho chi), die von der Identität aller Phänomene ausgeht, weil diese als Emanationen des Absoluten aufgefaßt werden, und die die absoluten Identität aller Lebewesen hinsichtlich ihres innersten Wesens anerkennt; die Weisheit der Beobachtung (myokanzatchi), die alle Objekte des Geistes frei von diskriminierenden Denken betrachtet; die Weisheit der Handlung (joshosa chi), die sich, in der Absicht alle Lebewesen zur Erleuchtung zu bringen, in Handlungen manifestiert.
Damit ist die Weisheit selbst schon deutlich länger beschrieben, wie in den vorigen Kapiteln. Es bleibt dennoch die Frage aus, wie sich der Weise äußert und wovon er denn Wissen hat, was ihn dann von anderen abhebt. Dies wird – wieder deutlich kürzer – bei Lydia Brüll wie folgt beschrieben: „die Weisheit ist das Wissen um das Prinzip des Weges (dori)“. Des Weiteren ist Weisheit Teil der Menschlichkeit und deshalb eine der Kardinaltugend untergeordnete. Die Weisheit ist die „alles durchdringende Vernunft“.
Und weiter über den Weisen:
Um ein Weiser zu werden, muß der Mensch in „steter Achtsamkeit verweilen“, damit keine selbstischen Gefühle aufkommen und die Wesensnatur in ihrer Wirksamkeit bewahrt wird.
Das Wirken der Weisen Könige – äquivalent zu Indien und China – äußerst sich wie folgt:
Aufgrund ihrer Wirkkraft, der hohen Intelligenz und Weisheit erhielten sie das Mandat des Himmels und wurden Könige über das Reich. Ihr Herz strebte einzig und allein danach, dem Reich Frieden zu bringen. […] und erstellten den Weg, um ihn von den späteren Genrationen im Reiche anwenden zu lassen.
Somit ist klar, dass Weisheit nicht das Wissen an sich beschreibt, sondern mit ihr „das individuelle Wissen und die Tugend“ reguliert wird. Das heißt, es wird wird als Folge das Miteinander bestimmt und als Maxime die Gesellschaft zum Frieden geführt.
Auch lässt sich hier die wie bei den anderen Philosophien zum Einsatz gekommene Einteilung „Heiliger – Weiser – Lehrling“ vornehmen, indem weiter beschrieben wird, dass Konfuzius als Weiser das Wirken der heiligen Herrscher in Schriftform festgehalten hat. Somit ist das Wissen der Weisen Zeugnis der Heiligen und deshalb durch diese gleichwohl verkündet. Heiliges Wort ist weiser Gedanke und des Lehrlings Stoff – um es in einem Satz abschließend für den ostasiatischen Kontinent zusammenzufassen.
Die griechische Philosophie
Vorneweg: Der Studierte Philosoph wird einen derart hohen Anspruch an meine Darlegung der griechischen Ansicht stellen, dass ich diesem nicht gerecht werden kann. Erst recht nicht, wenn ich in Belangen der abendländischen Position in meiner Recherche Abstriche gemacht habe und mein Wissen aus dem Unterricht mit den Einführungen verschiedener Bücher zu verbinden versuche. Damit sollte sich eine kurze, aber doch ausreichende Bearbeitung des Teilgebiets Griechenland, Rom und der islamischen Welt ergeben.
Die Griechische Position deckt sich mit der Definition der Philosophie im allgemeinen, was, angesichts der Tatsache, dass die Philosophie unter dem Motto „vom Mythos zum Logos“ ihren Ursprung in Griechenland hat, nicht mehr verwundert. Sie ist wörtlich übersetzt die „Liebe zur Weisheit“ oder das „Streben nach Erkenntnis“. Sokrates, eine jedem Bekannte Persönlichkeit in der Geschichte der Geisteswissenschaft, war immer dazu bestrebt, zu erfahren, was Wissen/Weisheit denn überhaupt ist. Beischeiden stellte er damals fest: „Ich sehe ein, dass ich nichts weiß.“ Dieses Zitat machte ihn erst recht zum Weisen und führte dazu, dass die Inschrift beim delphischen Orakel, gnothi seauton, eine neue Bedeutung bekam: „Erkenne dich selbst.“ Es wird gemeint, und das ist Sokrates gelungen, einzusehen, dass man nicht zur vollkommenen Einsicht gelangen kann, denn diese besitzen nur die Götter.
Somit ist die Weisheit als Erkenntnis definiert und wird in Platons politeia auf die Spitze getrieben, indem er den Philosophenkönig als Anführer des besten Staates einsetzt, der mit Weisheit regiert. Er erkannte dennoch auch, dass eine solche Stellung negativen Einfluss auf die Persönlichkeit nehmen wird und gestand somit auch ein, dass Weisheit nicht von Dauer ist, beziehungsweise nicht auf Dauer verlangt werden solle, da sie so ins negative umschlagen könnte. Das deckt sich mit der Ansicht von Prof. Dr. Ursula Staudinger, Vizepräsidentin der Jacobs Universität Bremen und Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, die meint, Weisheit kommt nur zu ihrer vollen Entfaltung, wenn sie in beratender Funktion eingesetzt wird, da so kein Druck von außen entsteht, der diese (in der griechischen Philosophie) Kardinaltugend verfälschen oder negativen Einflüssen aussetzen könnte.
Im Anschluss an Platon entwickelte Aristoteles mit seinem „Organon“ grundlegende Techniken der Logik, doch gilt Sokrates als Inbegriff des Weisen und Platon gab mit seinem Höhlengleichnis (weitere Ausführung nicht vonnöten, da im Unterricht behandelt) ein Dogma, einen Weg zur Weisheit vor, beschrieb sie als Vorgang im Geiste, um sich mit der Ideenwelt zu verbinden, quasi erleuchtet zu werden und in Folge dessen ein Weiser zu sein.
Es lässt sich also abschließend zu den Griechen sagen, dass man von der Weisheit mit mystischem Hintergrund (Vorsokratiker) im Zuge der sokratischen und platonischen Philosophie zum „wahren“ Weisheitsbegriff als Erkenntnisschau vordrang und diesen mit der entsprechenden Benennung der Wissenschaft als Grundsatz der Lehre manifestierte.
Die römische Philosphie (der Stoa)
Näheres über den Begriff der Philosophie bei den (späten) Stoikern erfährt man erst in Senecas Briefen an Lucilius. Er definiert die Philosophie als „Liebe zur Weisheit und führt weiter aus: „Nach seiner Auffassung gelingt es nur wenigen, trotz allen Bemühens, in den Besitz der Weisheit, der >>Kenntnis der göttlichen und menschlichen Dinge und ihrer Ursachen<< zu gelangen. […] Die Philosophie, als Streben nach Tugend, hat demnach die primäre Aufgabe, den Weg zu einer sittlich richtigen Lebensweise aufzuzeigen.“ Lassen wir ihn selbst zu Wort kommen:
Dass es einen Unterschied zwischen Philosophie und Weisheit gibt, das steht fest, denn das, was angestrebt wird, und das, woraus das Streben besteht, kann nicht ein und dasselbe sein. Das ist etwa vergleichbar mit dem Unterschied zwischen Habgier und Geld, weil jene begehrt, dieses aber begehrt wird. So verhält es sich auch mit der Philosophie und der Weisheit: Letztere ist das Ergebnis und der Lohn des Ersteren. Die Philosophie ist der Weg, die Weisheit das Ziel.
Und Mark Aurel:
Was kann uns da sicher auf unserem Weg geleiten? Nichts anderes als die Philosophie, die Hinwendung zur Weisheit. Dieses besteht hauptsächlich darin, dass der Mensch seine Seele unbefleckt und unbeschädigt erhält, Lust und Schmerz besiegt, nichts dem Zufall überlässt, ohne Lüge und Verstellung ist, unabhängig bleibt und willig ist, alles Schicksal von dort anzunehmen, von wo wir selbst gekommen sind. Schließlich bedeutet Liebe zur Weisheit auch, den Tod mit Gelassenheit zu erwarten und nichts anderes in ihm zu sehen als die Auflösung der Stoffe, woraus jedes Wesen zusammengesetzt ist. Widerfährt aber diesen Elementen nichts Böses, wenn sie ständig verwandelt werden, warum sollte man sich dann über die Auflösung und Umwandlung aller Dinge betrüben? Alles geschieht gemäß der Natur, und was der Natur entspricht, kann nichts Schlechtes sein.
Ich denke, dies sind derart präzise Bestimmungen des Begriffs und Erläuterung seiner Folgen für das Leben, dass ich direkt zum letzten und kleinsten Thema der Hausarbeit übergehen kann:
Die islamische Philosophie
Kommen wir abschließend zu dem Thema, was vom Rezipienten die meiste Verwunderung in Sachen der Länge der Ausführung hervorrufen wird: die islamische Philosophie.
Sie war keinesfalls nicht existent, doch kann man sie schnell abarbeiten, wenn es um dem Begriff der Weisheit geht. Er war nämlich derselbe, wie ihn die Griechen zu verstehen pflegten. Das liegt daran, dass sich die islamische Philosophie anfangs aus der griechischen entwickelte, indem man Werke übersetzte. Anschließend wurden diese dann kommentiert und daraus entwickelte sich die orientalische Philosophie, welche stets neben – aber auch mit – der Religion präsent war und sich flächendeckend verbreitet hat, da der Glaube so verwurzelt in der dortigen Kultur ist, dass es zwangsläufig dazu geführt hat, dass man in Kontakt mit (mitunter) herausragenden geistigen Leistungen kam.
Ich könnte jetzt noch Namen, wie Farabi, Avicenna, Ghazali oder den eines Averroes und deren Lehren im Detail ausführen. Das würde jedoch nicht der Erklärung der Weisheit dienlich sein, weshalb eine Darlegung der jeweiligen Meinungen ausbleibt.
Meine eigene Auffassung des Begriffs
Ich hatte, bevor ich diese Arbeit geschrieben habe, die Vorstellung eines Weisen, wie sie das Märchen vermittelt: der alte Mann mit weißem Bart mit wunderbaren Geschichten, die einen Lehren, wie man in bestimmten Situationen zu Handeln hat. Wenn ich es recht bedenke, ist dieser Ansatz gar nicht mal so falsch: Aus den asiatischen Philosophien geht hervor, dass der Weise etwas empfängt und dieses dann weiter vermittelt. Also ist das Weitergeben und auch die Praktikabilität der Weisheit inbegriffen, indem er einem Moral Behaftetes erzählt. Damit ziehen wir (die Lehrlinge) dann in die Welt und handeln, wenn wir unsere Lehre bedenken, dem Weisen entsprechend und offenbaren unsere immanente Weisheit. Dieses Bild schafft es die groben Züge des Begriffs anschaulich zu erklären, doch die Feinheiten vermag es, mittels seiner Einfachheit, nicht zu verdeutlichen.
Das Streben nach Erkenntnis zum Beispiel ist, von Sokrates gelehrt und gelebt, ein dermaßen hohes Ziel, dass es fast schon an Torheit grenze, es nicht als wahr anzusehen. Ein jeder von uns hat das Bestreben, sich zu bilden, beziehungsweise sein Wissen zu vermehren. Und das meint doch Erkenntnis im Allgemeinen. In ihr ist noch nicht inbegriffen, diese Erkenntnis im Leben anzuwenden. Das ist es was mich nicht bei Sokrates stört, aber was mir fehlt.
Platon ist mir eindeutig zu bildhaft, denn ein Weiser wird seine Lehren, wenn er sie verbreiten möchte, nicht im Mantel von Bildern verstecken müssen. Ich erlaube mir hierbei nicht die Anmaßung, Platon als „nicht weise“ zu konstatieren. Ich nehme es mir nur heraus, ihn nicht auf meine eigene Meinung Einfluss nehmen zu lassen.
Vielmehr bin ich dem indischen Verständnis angetan. Trotz der ganzen Spiritualität die überall mitschwingt, komme ich nicht umhin, zu sagen, dass mich die Auffassung von der Einsicht in die Dinge schlichtweg überzeugt. Auch wenn ich nicht an Gott glaube, ist es doch in meinem Interesse, ein Grundprinzip zu erfahren, nenne man es nun „Brahman“, „dori“ oder „Tian Zhi Dao“. Des Weiteren gibt es in der indischen Geistesgeschichte einfach zu viele Beispiel von Menschen, denen es aus meinen Augen gelungen ist, durch ihre Taten den Glauben an die Menschheit aufrecht zu erhalten (genannt seinen hier beispielsweise Sri Aurobindo oder Mahatma Gandhi).
Ich verwende bewusst nicht die Formulierung des „Weisen“, denn für mich existiert der Begriff eigentlich nicht. Nehme man an, es würde sich irgendein Mensch als „Weiser“ ausschreiben. Es hätte schon etwas von Arroganz, dies zu tun, oder? Weisheit ist demnach für mich eine Bezeichnung, die vom Umfeld verliehen wird und dann doch nicht von Dauer sein darf, denn das gipfelt meines Erachtens in einen Verfall der Tugend (vgl. hierzu dann doch Platons politeia). „Weniger ist mehr“ trifft auf dies, genauso wie auf vieles andere ebenso, zu.
Auch gefällt mir nicht die Verabsolutierung des Absoluten. Als ob das ganze Leben darauf abziele, weise zu werden. Das ist einfach die Metaebene, die dazu führt eben nicht auf die noch höher gelegene Metaebene zu gelangen. Sozusagen das Hindernis, was es erst unmöglich macht, Weisheit zu erlangen. Man sollte Gelassenheit an den Tag legen und überlegt handeln. Schon das führt dazu, die von Epiktet beschriebene Waagschale zu gebrauchen, durch die sich Weisheit auszeichnet.
Und eines ist für mich noch bemerkenswert: die indische Philosophie war während meiner Lektüre die einzige, die eine Unvollkommenheit sich selbst gegenüber eingestand und dazu mahnte, seine Lehre als die einzig wahre anzusehen. Vielmehr wies sie darauf hin, sich viele Ansichten näher zu bringen und dann für sich selbst zu entscheiden, was das Richtige ist.
Quellenregister (alphabetisch):
Geldsetzer, L. & Han-ding Hong (2008): Chinesische Philosophie. Reclam – Stuttgart
Rudolph, U. (2004): Islamische Philosophie. C.H. Beck – München
Sequeira, R. (1996): Die indische Philosophien. Ein-FACH-verlag – Aachen
Russell, B. (2007): Philosophie des Abendlandes. Europa Verlag AG – Zürich
Pfister, J. (2011): Philosophie Ein Lehrbuch. Reclam – Stuttgart
Simon – Schaefer, R. (1996): Kleine Philosophie für Berenike. Reclam – Stuttgart
Weinkauf, W. (2001): Die Philosophie der Stoa, Reclam – Stuttgart
Brüll, L. (1989): Die japanische Philosophie, Wissenschaftliche Buchgesellschaft – Darmstadt
Sandvoss, E. (2001): Geschichte der Philosophie, dtv - München
http://plato.stanford.edu/entries/wisdom/
http://de.wikipedia.org/wiki/Weisheit
http://en.wikipedia.org/wiki/Wisdom#Ancient_Egypt
http://de.wikipedia.org/wiki/Sapere_aude
http://de.wikipedia.org/wiki/Daodejing#Der_Weise
http://www.lerntippsammlung.de/Zum-Leben-und-Wirken-des-Buddha.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Atman
http://www.threekingdoms.com/history.htm#2_3_2
http://de.wikipedia.org/wiki/Japan#Geschichte
http://www.youtube.com/watch?v=m9ZxUnh6Jck
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