Lerntippsammlung Headergrafik
Linie
Abstandshalter

Suchbegriff:

,,Entdeckungen an einer jungen Frau'' - Referat



In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg bildeten sich verschiedene literarische Epochen heraus, der Dadaismus, der Expressionismus und die Neue Sachlichkeit. Das in eben diesen Zeitraum fallende Sonett Berthold Brechts lässt sich jedoch keiner dieser literarischen Strömungen eindeutig zuordnen. Erschienen 1925, thematisiert es vielmehr ein altbekanntes Motiv des Barocks, die Vergänglichkeit. Eben diese entdeckt im Sonett ein Mann an der einer Frau und beschließt deshalb die verbleibende Zeit zu nutzen.

Das Gedicht beginnt damit, dass der Ich-Erzähler sich morgens nach einer gemeinsamen Nacht von einer Frau verabschiedet, als er ein graues Haar an ihr entdeckt und beschließt doch noch zu bleiben. Daraufhin fragt ihn jene nach dem Grund für diese Entscheidung, und er erklärt ihr, dass er ihre Vergänglichkeit erkannt hat und fordert sie auf die verbleibende Zeit gemeinsam zu nutzen.

Auch formal entspricht das Gedicht eher den Mustern des Barocks. Es besteht aus 4 Strophen von denen jeweils die ersten beiden ein Quartett und die letzten beiden ein Terzett bilden. Diese Gedichtform wird als Sonett bezeichnet. Das erste Quartett bildet einen Kreuz-, das zweite einen Umarmenden Reim. Bei den Terzetten lässt sich kein klassisches Reimschema feststellen, die Form A-B-C-A-C-B ähnelt einer Mischung aus Verschränktem- und Umarmenden Reim. Die erste Strophe lässt noch kein durchgängiges Versmaß erkennen, im ersten Vers wechselt es bei ,,eine Frau‘‘(V. 1) zeitweise vom 4-hebigen Trochäus in den Jambus, dieser ist hier allerdings nur zweihebig. Im dritten Vers wird ein 6-hebiger Trochäus verwendet, doch abgesehen von diesen zwei Ausnahmen verfasst Brecht das Gedicht durchgängig im 5-hebigen Trochäus. Auch wird ziemlich unregelmäßig zwischen weiblichen und männlichen Kadenzen gewechselt, wobei letztere überwiegen.

Dies könnte auch ein Hinweis auf die dominante Rolle des Mannes sein, der sich, ganz im Gegensatz zu seiner Geliebten, anscheinend nicht um seine Vergänglichkeit sorgen muss. Da die Frau hier in einer unterlegenen Rolle zu sehen ist und ihrem Liebhaber auch bei erneuter Begierde freie Hand gewährt, obwohl er doch eigentlich nur ein ,,Nachtgast‘‘ (V. 6) sein sollte, liegt der Schluss nahe, dass es sich um eine Prostituierte handelt. Diese hätte nichts gegen seinen Entschluss zu bleiben einzuwenden, denn wenn sie das Verlangen des Mannes erneut
befriedigt, erhöht sich damit auch ihre Bezahlung. Die Frau mag somit einem längeren Aufenthalt des Herrn emotionslos gegenüberstehen, ein Hinweis darauf ist, wie ,,kühl‘‘ (V. 6) der vermeintliche Abschied an ihr vorüber ging, doch es wirkt ganz so als ob der Mann tatsächlich nicht rein aus körperlichem sondern auch aus seelischem Verlangen bleiben möchte. In ihm entwickelt sich beim Anblick des grauen Haares, einem Sinnbild der Vergänglichkeit, und der Erkenntnis, dass seine Geliebte so zwischen ,,Tür und Angel‘‘(V. 2) , zwischen Leben und Tod steht, ein weitaus tieferes Gefühl als das sexueller Begierde. Die gemeinsame Nacht hat so etwas wie Zärtlichkeit, oder sogar zarte Liebe ihn ihm geweckt. Bevor es zu spät ist und die Vergänglichkeit der Zeit ihm die Gelegenheit dazu raubt, möchte er nun, nach dem barocken Leitmotiv ,,Carpe Diem‘‘ die Zeit ausnutzen um sich, sei es nun in Gesprächen oder anderweitig, näher zu kommen. Diese Begierde am Ende bildet einen starken Kontrast zu der anfänglichen Nüchternheit beim Abschied der beiden.




Kommentare zum Referat ,,Entdeckungen an einer jungen Frau'':