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Analyse "Iphigenie auf Tauris", Johann W. v. Goethe - Referat
Die dargelegt Textszene stellt den ersten Auftritt aus dem vierten Aufzug in Goethes Schauspiel “Iphigenie auf Tauris” dar, das er im Jahr 1779 beruhend auf einer Sage der gr. Mythologie geschrieben hat. Die Szene ist ein Monolog Iphigenies, indem hervorgeht, wie unsicher sie sich über ihr weiteres Handeln ist, da sie nicht weiß, ob sie mit ihrem Bruder fliehen oder auf der Insel bleiben soll. Die Szene ist also von entscheidender Bedeutung in dem Buch und ist der Anfang des Höhepunktes in dem Drama.
Iphigenie befindet sich in einem Dilemma. Sie ist hin- und hergerissen zwischen der Neigung und ihrer Pflicht als Priesterin. Ihr innerer Konflikt, den man auch schon ganz am Anfang des Buches spüren konnte, findet hier seinen Höhepunkt.
Auf der einen Seite geht eine große Hoffnung für Iphigenie in Erfüllung. Schon lange wartet sie, die aufgrund eines Fluches auf die Insel Tauris verbannt wurde, darauf, endlich befreit zu werden und in ihre Heimat Griechenland zurückkehren zu können.
Iphigenie empfindet große Freude denn nun ist endlich Rettung nah: Ihr Bruder Orest und sein Freund Pylades sind gekommen um sie mitzunehmen: “Dass in Stunden der Not auch die Hilfe bereit sei, ein ruhiger Freund.” (Z. 1379ff).
Sie beschreibt den Pylades mit zwei Metaphern. Seine Stärke und seine Weisheit werden hier veranschaulicht, indem er einerseits mit einem Krieger, andererseits mit einem Senator verglichen wird.
“Er ist der Arm des Jünglings in der Schlacht, des Greises leuchtend Aug in der Versammlung.” (Z. 1384).
Den Pylades stellt sie außerdem mit einer Antithese sich selbst und ihrem Bruder gegenüber, die sie sich als “Umhergetriebene” (Z. 1388) bezeichnet, Pylades dagegen auf der anderen Seite als “ruhigen Freund” (Z. 1381) und “seine Seele ist still; Sie bewahrt der Ruhe …Gut” (Z. 1386). Man merkt also wie wichtig ihr diese Freundschaft ist!
Wie sehr sie sich außerdem gesehnt hat, ihren Bruder wiederzusehen, wird vor allem durch die Wortwiederholung und das Polysyndeton in Zeile 1390 deutlich: “den (Bruder) staunt ich an und immer wieder an, und konnte mir das Glück nicht eigen machen…”.
Trotz all dem - obwohl sich eine Flucht für Iphigenie jetzt gut realisieren ließe, fällt es ihr doch zugleich zu schwer, den Koenig zu hintergehen. Das merkt man schon daran, dass sie das Schiff -das ihr ja eigentlich zur Freiheit verhelfen soll- mit dem sehr negativen Wort “lauern” personifiziert : “…das Schiff…aufs Zeichen lauert” (Z. 1396f).
Am besten kommt ihr starker innerer Konflikt zwischen Freude und Schmerz gefangen zu sein, aber schon ganz am Anfang ihres Monologs zum Vorschein. Durch den starken Chiasmus in Zeile 1374, der gleichzeitig ein Oxymoron und eine Antithese aufweist, wird klar veranschaulicht, wie sich Iphigenie fühlt: “Von der Freude zu Schmerzen Und von Schmerzen zur Freude’ (Z. 1373f).
In dieser Situation fühlt sich Iphigenie vollkommen hilflos. Sie sieht sich wieder wie ein kleines Kind, zieht einen Vergleich zu diesem, weist auf ihre Erziehung zurück, in der sie nie gelernt hat, etwas anderes als die Wahrheit zu sagen: “Ich muss mich leiten lassen wie ein Kind. Ich habe nicht gelernt zu hinterhalten” (Z. 1402f). Ihre Hilflosigkeit wird durch die Anapher “Ich/Ich” unterstrichen, die fast wie ein Stottern klingt, wo sie doch sonst immer so wortgewandt redet, sowie durch die Alliteration “leiten lassen”.
Als nächstes geht sie weiter auf diese Lüge ein und beschimpft sie mit einer Wortwiederholung: “Weh! Oh weh der Lüge!” (Z. 1404). Wie sehr ihr die bevorstehende Lüge zu schaffen macht ist erkennbar daran, dass sie sie durch die nächsten Zeilen hindurch personifiziert (“sie befreit nicht” / “sie macht uns nicht getrost” / “sie ängstigt” (Z. 1405-1411)) und die Lüge mit einem negativen Wortfeld und Vergleichen mit Waffen und Gewalt gleichsetzt: “schmiedet” / “Pfeil” / “Schütze” (Z. 1408ff).
Weiterhin empfindet Iphigenie eine Ratlosigkeit. Sie ist sich unsicher.
Die Inversion in dem Satz Zeile 1409-1411 spiegelt ihre Unsicherheit wieder. Sie benutzt das Wort “schwankt’ in Zeile 1411 und eine Frage, die offen bleibt zeigt ebenfalls ihre Entschlusslosigkeit: “Entdeckt man sie vielleicht?” (Z. 1413)
Iphigenie ist nicht nur hilflos und unsicher, sie hat auch Angst. Davor, vor den Göttern bestraft zu werden.
Ihre Angst wird durch die Alliteration “von einem Gotte Gewendet” (Z. 1409f) veranschaulicht - die Götter sind also gegen diesen geplanten Schritt . Weiterhin durch die Metapher der “Brust” (Z. 1407/ Z. 1412) sowie die Wortwiederholung “Sorg auf Sorge” in Zeile 1411.
Die Metapher des Pfeils, der zum Schuetzen zurückkehrt, zeigt dies genauso.
Die Furien sieht sie als diese, die die Rache ausführen werden. Durch den Gleichklang von “greifen …grimmig (Z. 1412/1414) und der Alliteration “ungeweihten Ufers” (Z. 1414) werden dessen Bedrohlichkeit näher gebracht.
Am Ende des Monologs kommt Bewegung und Handlung in die Szene. Iphigenie unterbricht ihren zusammenhängenden Gedankengang durch die Parenthese “Hier!” (Z. 1416). Die plötzliche Hektik wird auch durch die Alliteration “mit schnellem Schritt” (Z. 1417) einsehbar. Zusammenfassend gibt sie dann den Satz “Es schlägt mein Herz, es trübt sich meine Seele” (Z. 1418) von sich, der also hier einen klaren Parallelismus am Ende bildet - im Kontrast zu dem Chiasmus zu Beginn. So scheint es, dass sie sich entschlossen hat, welchen Weg sie zu gehen hat.
Alles in allem wird hier in dieser Textstelle also sehr deutlich, wie groß Iphigenies Dilemma ist. Gegen ihre Neigung setzen sich ihre Verpflichtungen zur Menschlichkeit und zur Wahrheit, ihr Verantwortungsbewusstsein, sowie ihre Ideale und ihre Treue zu sich selbst und zu den Göttern durch. Auch wird deutlich, in welchem Glauben Iphigenie erzogen wurde, nämlich dazu stets aufrichtig zu sein und nie zu lügen. Die betrachtete Textstelle ist demnach auch äußerst zentral im Bezug auf Iphigenies Verkörperung der von der Klassik geford1erten Humanität.
Dieses Referat wurde eingesandt vom User: tennisspielerineva
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