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Beethovens 5. Sinfonie - Referat
Sinfonie Nr.5
von Ludwig van Beethoven
Das Anfangsmotiv der Fünften Sinfonie ist zu Beethovens akustischer Visitenkarte geworden. Kurz und plakativ steht dieser Beginn, den der Komponist nach Aussage seines Adlatus Anton Schindler mit den Worten "So pocht das Schicksal an die Pforte!" kommentierte, für das Gesamtwerk des Klassikers.
Eigentlich hätte Beethovens Fünfte seine Vierte werden müssen, denn erste Skizzen zu diesem Werk finden sich schon 1803, zu einer Zeit also, als der Komponist gerade die Eroica, seine Dritte Sinfonie, vollendete. Die Arbeit an der neuen Sinfonie ging nur schleppend voran und wurde 1806 erst einmal abgebrochen. In jenem Jahr komponierte Beethoven dann seine B-Dur-Sinfonie, die als Nummer Vier erschien. Es war nicht die Gattung der Sinfonie, die dem Komponisten Probleme bereitete, denn die Vierte entstand in relativ kurzer Zeit. Vielmehr schien Beethoven in seiner Fünften mit dem thematischen Material und seiner Verarbeitung zu ringen. Daß Beethoven die Arbeit 1807 wieder aufnahm, lag sicher auch an der Tatsache, daß er dem Grafen Franz von Oppersdorf eine Sinfonie versprochen hatte, die bereits mit 150 Gulden angezahlt worden war. Beethoven befand sich in einer finanziell misslichen Lage und verkaufte die im Frühjahr 1808 beendete Partitur an den Leipziger Verlag Breitkopf & Härtel. Der versetzte Graf wurde mit der Widmung der Vierten Sinfonie entschädigt. Am 22. Dezember des Jahres 1808 fand im Theater an der Wien eine "Musikalische Akademie" zu Beethovens Gunsten statt, an die der Komponist sicher auch finanzielle Erwartungen hatte. Das etwa vierstündige Konzert, das in einem kalten Saal und mit einem schlecht vorbereiten Orchester stattfand, wurde aber nicht zum erwarteten Erfolg. Der bekannte Musikschriftsteller Friedrich Reichardt hinterließ uns folgenden Bericht:
Ich konnte dieses unmöglich versäumen und nahm also den Mittag des Fürsten von Lobkowitz gütiges Anerbieten, mich mit hinaus in seine Loge zu nehmen, mit herzlichem Dank an. Da haben wir denn auch in bitterster Kälte von halb sieben bis halb elf ausgehalten, und die Erfahrung bewährt gefunden, daß man des Guten - und mehr noch des Starken - leicht zu viel haben kann. Ich mochte aber dennoch so wenig als der überaus gutmüthige, delicate Fürst, dessen Loge im ersten Rang ganz nahe am Theater war, auf welchem das Orchester und Beethoven dirigierend mitten darunter, ganz nahe bei uns stand, die Loge vor dem gänzlichen Ende des Concertes verlassen, obgleich manche verfehlte Ausführung unsre Geduld in hohem Grade reizte. Der arme Beethoven, der bei diesem seinem Concert den ersten und einzigen baaren Gewinn hatte, den er im ganzen Jahre finden und erhalten konnte, hatte bei der Veranstaltung und Ausführung manchen großen Widerstand und nur schwache Unterstützung gefunden. Sänger und Orchester waren aus sehr heterogen Theilen zusammengesetzt, und es war nicht einmal von allen auszuführenden Stücken, die alle voll der größten Schwierigkeiten waren, eine ganze vollständige Probe zu veranstalten, möglich geworden.
Sinfonie Nr.5
von Ludwig van Beethoven
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Reichardt bedauert die "verfehlte Ausführung", das Orchester spielte also fehlerhaft und damals kam es nicht selten vor, daß ein Stück im Konzert abgebrochen und noch einmal begonnen wurde. Daß dies bei der Fülle des Programms und den unangenehm niedrigen Temperaturen mißfiel, ist nur allzu verständlich. Was für Beethoven in künstlerisch wie pekuniärer Hinsicht zum Mißerfolg wurde, ist musikgeschichtlich allerdings von großer Bedeutung, denn gleich drei seiner bekanntesten Werke erlebten in diesem Konzert ihre Uraufführung: dies waren neben der Fünften noch die Pastorale genannte Sechste Sinfonie - die Nummern wurden anfangs noch vertauscht - und das Vierte Klavierkonzert. Die Qualität der Kompositionen zeigte sich erst in weiteren Aufführungen und besonders die Fünfte fand als ein Hauptwerk Beethovens den Weg in die breite Öffentlichkeit. Die Popularität des ersten Satzes hat nicht unwesentlich zu dem Mißverständnis beigetragen, das man die sogenannte E-Musik und besonders Beethoven für (zu) ernst hält. Natürlich kann die klassische Musik viel ernster sein als die Unterhaltungsmusik und ist es zuweilen auch, aber sie ist darüber hinaus auch heiter, übermütig, unterhaltend, kurzweilig, tänzerisch, leidenschaftlich, ... Die Ausdruckspalette der Beethovenschen Musik ist wesentlich vielfältiger als gemeinhin angenommen wird.
Erste Partiturseite (Erstdruck von 1826)
Im Jahre 1808 war die Gattung der Sinfonie trotz der zahlreich vorangegangenen Kompositionen Haydns und Mozarts noch etwas Neues. Die sinfonische Form besaß noch ein enormes Entwicklungspotential, das sich erst im 20. Jahrhunderts erschöpfen sollte. Beethoven knüpfte mit seinen ersten beiden Sinfonien noch klar an Haydn an, ging dann aber mit seiner Dritten, ein Meilenstein in der Geschichte der Sinfonie, eigene Wege. Die große formale Anlage der Eroica weist bereits auf die Romantik voraus: Während die typisch klassische Sinfonie eine zeitliche Ausdehnung von 20 bis 30 Minuten erreicht, kommt die Eroica auf eine Aufführungsdauer von etwa 50 Minuten. Gerade einmal acht Jahre nach Haydns letzter Londoner Sinfonie erfuhr diese Gattung eine entscheidende Weiterentwicklung und dabei gewann das einzelne Werk an Bedeutung. Jede Sinfonie erhielt nun eine eigene Aussage, eine eigene Architektur und somit auch einen einzigartigen Charakter. Die Serienproduktion gehörte endgültig der Vergangenheit an. Im Laufe seines Lebens komponierte Beethoven neun Sinfonien, eine zehnte konnte er noch skizzieren aber nicht mehr vollenden. Diese neun Sinfonien sind eigenständige, individuelle Schöpfungen und von ihnen wurden neben der Fünften vor allem die Dritte, die Sechste, die Siebte und die Neunte berühmt. Im öffentlichen Konzertleben, das sich im Laufe des 19. Jahrhunderts erst im modernen Sinne herausbildete, gehörten die neun Sinfonien Beethovens international zum Grundstock des Repertoires. Alle späteren Sinfonien mußten sich mit diesen Werken messen lassen.
Am ersten Satz dieser Sinfonie (Allegro con brio) hat man immer wieder die Konzentration des thematischen Materials bewundert. Statt eines wirklichen Hauptthemas exponiert Beethoven lediglich einen kurzen Gedanken, ein musikalisches Motiv, und zwar kein komplexes, wie es einer Sinfonie angemessen schiene, sondern ein sehr einfaches, das gerade einmal aus zwei verschiedenen Tönen besteht:
Notenbsp. 1
Und dennoch steckt soviel Ausdruck in diesen wenigen Noten! In seiner Dramatik faßt dieses Motiv bereits die Stimmung des gesamten Kopfsatzes zusammen. Während jeder Zuhörer sofort vom unbarmherzigen Ernst dieser Musik ergriffen wird, wird sich der Kenner vielleicht fragen, wie der Komponist mit dem motivischen Material, das solch ein Zwei-Töne-Motiv zu bieten hat, eine Sonatensatzform füllen will. Hier zeigt sich die Genialität des Werkes und seines Schöpfers, denn tatsächlich erscheint nur noch ein Seitenthema in Es-Dur, das ebenfalls mehr Motiv als ausgestaltetes Thema ist und zusammen mit dem Hauptmotiv die einzige Quelle für alle thematische Arbeit innerhalb des ersten Satzes ist, ja sogar noch über ihn hinaus nachzuweisen ist. Das Seitenthema bringt einen versöhnlichen Ton in den ansonsten energisch gespannten Kopfsatz und doch erscheint auch hier das klopfende Hauptmotiv als Begleitung in den Bässen. Wie in der Exposition, so durchzieht das Hauptmotiv auch Durchführung, Reprise und die Coda, die hier einen wichtigen Baustein in der formalen Konstruktion des Satzes darstellt und - wie oft bei Beethoven - die Funktion einer zweiten Durchführung besitzt. Die Kraft des ersten Satzes resultiert zum einen aus dieser thematischen Geschlossenheit und zum anderen aus dem mitreißenden rhythmischen Fluß, der nur an den Fermaten und beim Oboensolo zu Beginn der Reprise unterbrochen wird.
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Der zweite Satz (Andante con moto) offenbart eine Vorliebe des Komponisten: die Variation einer Melodie. Variationswerke schrieb Beethoven in jeder Phase seines Lebens und das sowohl über eigene Themen, wie beispielsweise in der Klaviersonate op. 26 oder den Eroica-Variationen op. 35, als auch über Themen anderer Komponisten, wie in seinem größten Variationswerk, den Diabelli-Variationen op. 120. Im langsamen Satz der Fünften Sinfonie nutzt Beethoven besonders die Figuration mit zunehmend kleineren Notenwerten, um die eingangs vorgestellte Melodie zu variieren. Zum kraftvollen ersten Satz bildet der zweite einen starken Kontrast, leise hebt die kantable von Bratschen und Celli vorgetragene As-Dur-Melodie an und wird schon bald von einem marschähnlichen Motiv abgelöst. Beethoven überrascht den Zuhörer ähnlich wie Haydn in seiner Paukenschlagsinfonie mit einem lauten Orchestertutti nach einem vorangegangenen, leiser werdenden Formteil. Im Gegensatz zu Haydn wiederholt Beethoven diesen Effekt aber noch einmal. Nach vier Variationen erklingt die Melodie noch einmal in ihrer anfänglichen Gestalt, wird aber nun in hoher Lage und in voller Orchestrierung gespielt. Der folgende und abschließende Teil hat mehr die Funktion einer Coda als die einer weiteren Variation.
Im dritten Satz ist die traditionelle Anlage eines Tanzsatzes zwar noch erkennbar, aber schon weitgehend modifiziert. Beethoven überschrieb den Satz weder mit Menuett, wie in seiner Ersten und Vierten Sinfonie, noch mit Scherzo, wie in der Zweiten und Dritten, sondern beschränkt sich auf eine Tempoangabe (Allegro). Was an die Tanzsätze Haydns und Mozarts erinnert, ist der Dreivierteltakt und die formale Position des Mittelteils, des sogenannten Trios. Auch wenn Beethoven oft mit der Tradition brach, so verzichtete er doch in keiner seiner Sinfonien auf einen tänzerischen Satz, wobei er ein wirkliches Menuett nur in der Achten Sinfonie schrieb, alle anderen Sinfonien enthalten, wenn man den Gestus der Musik berücksichtigt, ein Scherzo. Der dritte Satz der Fünften lebt von der Polarität zweier Motive: Das erste steht unmittelbar am Anfang und wird kaum hörbar von Celli und Kontrabässen gespielt, besteht im wesentlichen aus einem gebrochenen C-Moll-Dreiklang und erinnert ein wenig an den Beginn Beethovens erster Klaviersonate (op. 2 Nr. 1). Das andere Motiv knüpft deutlich an das Hauptmotiv des ersten Satzes an:
3. Satz
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Das Wechselspiel dieser beiden Motive bestimmt die formalen Rahmenteile des Satzes. Im Mittelteil erscheint ein neuer Gedanke, der wie ein Fugenthema nacheinander in den Streicherstimmen eingeführt wird, ohne jedoch eine Durchführung im polyphonen Sinne zu erfahren. Beethoven inszeniert hier lediglich den Schein einer Fuge, man spricht auch von einem Fugato. Eine bemerkenswerte formale Neuerung ist die Öffnung des dritten Satzes zum Finalsatz, es gibt also statt eines Schlußtaktes eine Überleitung. Diese Überleitung hat Beethoven erst am Ende seiner Arbeit an der Fünften ergänzt. In einer ersten Fassung ließ er den Satz in Takt 324 enden. Genau hier setzt in der heute gültigen Fassung eine 50 Takte lange Überleitung ein, deren Hauptfunktion die Modulation von c-moll nach C-Dur ist. Ein zentraler, außermusikalischer Gedanke dieser Sinfonie ist der Weg durch die Dunkelheit zum Licht. E.T.A. Hoffmann, selbst Komponist, schrieb in einer Konzertkritik aus dem Jahre 1810: "Mit dem prächtigen, jauchzenden Thema des Schlussatzes, C dur, fällt das ganze Orchester, dem jetzt noch kleine Flöten, Posaunen und Contrafagott hinzutreten, ein - wie ein strahlendes, blendendes Sonnenlicht, das plötzlich die tiefe Nacht erleuchtet." Daß Hoffmann die hinzutretenden Instrumente auflistet, mag daran liegen, daß die Piccoloflöte (kleine Flöte), die Posaune und das Kontrafagott damals noch eine Besonderheit im Orchester waren. Das Finale der Fünften ist ein wahrer Triumph, ein Siegesmarsch, wie ihn wohl nur der Kämpfer Beethoven empfinden konnte. Das motivische Material des Satzes ist bescheiden und das Marschthema zu Beginn ist nicht mehr als eine Floskel, ein Typus, der in vielen anderen Märschen nachzuweisen ist. Es zählt die Geste und doch ist bei allen Äußerlichkeiten eine durchgestaltete, an die Sonatensatzform angelehnte Konstruktion des Satzes zu beobachten: Dem marzialen Hauptthema stellt Beethoven ein zweites, weniger akzentuiertes Thema gegenüber, das zunächst auf der Dominante, später auf der Tonika erklingt. Nach einem Durchführungsteil, der ausschließlich das zweite Thema aufgreift, erklingt in einem eingeschobenen Formteil noch einmal das klopfende Motiv des dritten Satzes (siehe Notenbeispiel 2). Mit einem großen Crescendo mündet dieser Teil in die Reprise, die das bekannte thematische Material wiederholt und in der Coda die Geste des Siegers ins Triumphale steigert.
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Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die akustische Konservierung auch längerer Werke möglich wurde, entschied sich die Deutsche Grammophon Gesellschaft 1913 zu einer Aufnahme der Fünften Sinfonie Beethovens mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Arthur Nikisch. Dieses historische Dokument, das Schallplattengeschichte schrieb, ist heute wieder im Handel erhältlich und eröffnet dem Hörer einen interessanten Einblick in die Beethoven-Interpretation vergangener Tage. Inzwischen gibt es mehr als 140 verschiedene Einspielungen der Fünften Sinfonie.
Dieses Referat wurde eingesandt vom User: Kathinka
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