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Der Besuch der alten Dame - Die Reden des Lehrers - Referat



Interpretation zweier Szenen mit besonderem Augenmerk auf die Reden des Lehrers

Die 1955 erschienene tragische Komödie "Der Besuch der alten Dame" wurde von Friedrich Dürrenmatt verfasst. Die erste zu interpretierende Szene (S. 98-100) handelt von dem betrunkenen Lehrer, der vor der Presse versucht, die Wahrheit über das "Kopfgeld" zu verkünden. In der zweiten Szene (S.118-130) findet der Prozess Ills statt. Der Lehrer, dieses Mal vermutlich nüchtern, redet wie die anderen Bürger, also weniger kritisch gegenüber dem bevorstehenden Mord an Ill und lügt wegen den Absichten des Ganzen.

In der ersten Szene sind mehrere Personen, unter anderem der Lehrer, Ills Familie und die Presse in Ills Laden versammelt. Die Presse kommt herein und stellt Fragen und obwohl die Bürger sich geeinigt haben, nichts über den Grund, weshalb die Stadt eine Milliarde bekommt, zu erzählen, möchte der betrunkene Lehrer eine Rede halten und erzählen, was er von all dem hält. Nach der Textstelle erklärt Ill das Verhalten des Lehrers ("Er ist betrunken." -S.100 Z.4) und ist unverständlich freundlich gegenüber den restlichen Bürgern, als hätte er die Hoffnung schon aufgegeben. Der Lehrer ist schon von Anfang an gegen das Angebot von Claire, hat aber nie so deutlich gesagt, was er davon hält, da auch er mit dem vielen Geld liebäugelt. Durch den Alkohol, den er getrunken hat, um die Schuldgefühle zu verdrängen hat er den Mut gefunden, seine Meinung zu sagen und zu versuchen, sich und die Bürger aufzuhalten, indem er die Presse von dem Vorhaben der Bürger informiert. Er sagt deutlich, dass ihm es eigentlich lieber wäre, das Angebot abzulehnen ("Ich will die Wahrheit verkünden, auch wenn unsere Armut ewig währen sollte!"-S.98 unten). Er ist enttäuscht von den anderen Güllenern, die mittlerweile auch sich selbst belügen, indem sie sagen, dass Ill den Tod verdient hat ("Du enttäuschtest mich (...) Es wäre an dir zu reden -S.99 oben) und versucht an die mittlerweile fehlende Menschlichkeit der Anwesenden zu appellieren. Die Bürger reagieren aggressiv und wütend, was man an den Zwischenrufen wie "Raus" (S.99 Z.2) oder "Maul halten!" (S.99 Z.1) erkennen kann. Da die Rufe nichts bringen, versuchen sie die Rede des Lehrers mit Gewalt zu stoppen "Die Güllener stürzen sich auf ihn (...)" (S.99 Mitte). Man merkt, vor allem an den Regieanweisungen, dass der Lehrer betrunken ist ("Der Lehrer: taumelnd" vgl. S. 100 Z.3), denn das von ihm Gesprochene ist in Hochdeutsch verfasst und er wirkt im Allgemeinen sehr gebildet, weil er öfters Vergleiche zur griechischen Mythologie (König Ödipus vgl. S.99 Z.4) und Philosophie (Platon vgl. S.99 unten) zieht.

Die zweite Szene behandelt Ills Gerichtsverfahren. Alle Güllener und die Presse versammelt sich hierzu, obwohl die Presse nicht weiß, dass dies ein Prozess ist, Der Bürgermeister gibt bekannt, dass Claire Zachanassian eine Milliarde der Stadt "schenken" möchte (vgl. S.120 oben). Er verrät jedoch nicht den wahren Grund für diesen Geldbetrag. Ein Radiosprecher kommentiert diese Szene als Unwissender. Danach hält der Lehrer eine Rede und die Bürger stimmen ab, ob sie "die Stiftung annehmen", also Ill töten wollen (vgl. S.123). Alle stimmen für den Mord an Ill. Der Radiosprecher interpretiert das Ganze falsch und geht immer noch davon aus, dass Ill sich freuen würde. Die Bürger versuchen noch einmal ihr Gewissen zu säubern, indem sie leugnen, dass es ihnen um das Geld geht (vgl. S.126 ganz) und wiederholen dies sogar, weil die Kamera nicht mitgefilmt hat, was das Groteske, das man bei Dürrenmatt häufig finden kann, deutlich aufzeigt. Am Ende wird Ill von den anderen ermordet und versucht nicht mehr, sich zu wehren. Die Ansprache des Lehrers vertritt nun die Meinung aller Bürger. Er selbst sagt nun, dass sie die Ungerechtigkeit duldeten (vgl. S.121 Mitte) und es ihnen nicht ums Geld ginge (vgl. S.121 Mitte). Man merkt deutlich, dass er mittlerweile nicht nur die
anderen, sondern auch sich selbst belügt. Doch am Ende der Rede sagt er, dass die Güllener diese Milliarde nur annehmen sollen, wenn sie mit der Ungerechtigkeit nicht leben können. Wenn das der Grund der Bürger sei, dürften sie die Bedingung erfüllen (vgl,. S.122 Mitte). Alle Güllener stimmen der Rede des Lehrers voll und ganz zu und verteufeln Ill. Am interessantesten an der Szene ist der unwissende Radiosprecher, der das Geschehene unwissend kommentiert. Er steht neutral gegenüber allem und macht deutlich, wie dieses Angebot von Claire auf alle Außenstehenden wirken muss. Sein Redeanteil ist denen der Anderen am Anfang der Szene deutlich überlegen. Die Bürger haben nicht mehr mit ihrem Gewissen zu kämpfen, weil sie Ill als den Schuldigen empfinden, der den Tod verdient hat. Sie leugnen die Wahrheit und sehen nur das, was sie sehen wollen. Die Reden des Lehrers unterscheiden sich vollkommen, da die Meinungen, die er vertritt, fast gegensätzlich zueinander sind. In der einen Rede versucht er, die Wahrheit und Menschlichkeit zu vertreten. Er bezeichnet sich auch als diese (vgl. S.100 Z.1). Man merkt, dass er der einzige ist, der sich noch nicht selbst belügt. In der anderen hat er die Meinung der Bürger angenommen und sein Gewissen wurde von der Aussicht auf Wohlstand überzeugt, dass sie das Richtige tun. Er reden von den Idealen, die sie in Güllen vertreten wollen und davon, dass sie die Ungerechtigkeit geduldet haben. Doch ganz am Ende scheint er so, als wolle er die Güllener zum Nachdenken anregen. Sie sollen bedenken, aus welchen Gründen sie die Bedingung erfüllen, was zeigt, dass er immer noch versucht, die Vernunft siegen zu lassen, obwohl er nicht die Kraft oder den Willen mehr hat, dies offen zu zeigen (S.122 Z.9f.). Gegenüber der Entwicklungen des Lehrers bleibt das Verhalten der Bürger völlig gleich. Sie waren viel schneller davon überzeugt, dass sie Ill der Gerechtigkeit wegen umbringen wollen und zweifeln dies bis zum Ende nicht an.

Das Buch kritisiert die kapitalistische Gesellschaft. Die Bürger repräsentieren eine solche und der Lehrer zeigt deutlich die Entwicklung zu einem Teil dieser Gesellschaft wegen der Aussicht auf Geld. Nur Leute, die nichts von Claires Angebot hätten, würden das Verhalten der Bürger kritisieren. Die Aussicht auf Wohlstand sind auch für den Lehrer zu verlockend, um ihnen standzuhalten und in dem Fall repräsentiert der Lehrer die Menschlichkeit, die wegen der Aussicht auf Geld schwindet. Ich persönlich finde es sehr gut und einleuchtend dargestellt. Auch dass man die Entwicklung des Lehrers miterleben kann, finde ich interessant. Die Kritik an der heutigen kapitalistischen Gesellschaft ist gelungen und anschaulich an einem Beispiel, also dem Lehrer, aufgezeigt worden.



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