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Der Hauptmann von Köpenick - Referat
Deckblatt mit Titel
Inhaltverzeichnis
1. Biografie von Carl Zuckmayer
2. Der Autor und seine Werke
3. Inhalt
4. Beziehungsgefüge
5. dargestelltes Problem
6. Angaben zur Sprache
7. Absichten des Autors, Aktualität und Übertragbarkeit
8. begründete Stellungsnahme
9. Quellenangaben
Biografie von Carl Zuckmayer
Carl Zuckmayer wurde am 27. Dezember 1896 in Nackenheim in Rheinhessen geboren. Der Sohn eines Fabrikanten besuchte in Mainz, wohin die Familie um 1900 hingezogen ist, das Gymnasium.Er machte 1914 das Notabitur und meldete sich als Kriegsfreiwilliger bei der Feldartillerie. Er diente 4 Jahre in der deutschen Armee und schaffte es bis zum Leutnant. Die Erlebnisse an der Front sind für Zuckmayer eine grausame Erfahrung und prägen sein weiteres Leben.
Nach Ende des 1. Weltkrieges studierte er Jura, Philosophie, Nationalökonomie, Natur-wissenschaften sowie Literatur- und Kunstgeschichte an den Universitäten Frankfurt am Main und Heidelberg.
1920 ging Zuckmayer eine Ehe mit seiner Jugendliebe aus seiner Mainzer Gymnasialzeit ein. Doch schon nach einem Ehejahr ließ er sich wieder scheiden und brach sein Studium ab.
Carl Zuckmayer wurde als Dramaturg in Kiel und München tätig. Er arbeitete zusammen mit Berthold Brecht 1924 und 1925 am Deutschen Theater in Berlin.
1925 erzielte er mit dem Volksstück „Der fröhliche Weinberg“ einen ungewöhnlichen Publikumserfolg. In diesem Stück geht es um die Alltagswirklichkeit aus Zuckmayers rheinhessischer Heimat. Er wurde mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet. Im gleichen Jahr heiratete er die Schauspielerin Alice Frank..
1927 schrieb Carl Zuckmayer das Stück „Schinderhannes“, welches sich mit dem rheinischen Volkshelden und Räuberhauptmann Johann Bückler beschäftigt. Dafür bekam er 1929 den Büchner-Preis des Landes Hessen. 1929 folgte das Volkstück „Katharina Knie“, eine Seiltänzer-Komödie, das wieder großen Publikumszuspruch fand. Es spielt während der Inflationszeit und spiegelt die wirtschaftliche Situation eines kleinen Zirkus wieder.
Zu dieser Zeit arbeitete er auch am Drehbuch zu dem Film „Der blaue Engel“ mit, der nach dem Roman „Professor Unrat“ von Heinrich Mann gedreht wurde und 1930 in die Kinos kam.
Seinen größten Erfolg in den Jahren der Weimarer Republik hatte er 1931 mit der Komödie „Der Hauptmann von Köpenick“ „ ein deutsches Märchen“. Hier geht es um Heimatlosigkeit und Kritik am Militarismus. Dieses Stück erhielt 1933 wie alle Stücke Zuckmayers durch die Nationalsozialisten Aufführungsverbot, da Zuckmayer mütterlicherseits jüdischer Herkunft war.
Er übersiedelte daraufhin nach Österreich, und lebte in Henndorf bei Salzburg. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, emigrierte er 1938 in die Schweiz. 1939 verlor er die deutsche Staatsangehörigkeit und flüchtete über Kuba in die USA. Hier arbeitete er unter anderem als Drehbuchautor in Hollywood. Dann erwarb er in dem kleinen Ostküstenstaat Vermont eine Farm und arbeitete als Farmer.
Sein 1946 in Zürich uraufgeführtes Stück „Des Teufels General“ war sein größter Nachkriegs-erfolg. Die Hauptperson des Stücks, General Harras, ist ein leidenschaftlicher Flieger.
Zuckmayer zeigt mit diesem Stück, wie ein Mensch aufgrund seiner Flugleidenschaft den Nationalsozialisten verfällt, obwohl er die Partei im Grunde ablehnt.
Mit dem Thema Widerstand beschäftigte sich sein nächstes Stück, „Der Gesang im Feuerofen“. Es wurde 1950 uraufgeführt. 1952 erhielt Carl Zuckmayer den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt und wurde Ehrenbürger seines Geburtsortes Nackenheim.
1955 schrieb er das Stück „ Das kalte Licht“ in dem es um Atomspionage geht. Zahlreiche seiner Theaterstücke wurden verfilmt.
1958 siedelte er nach Saas-Fee in der Schweiz über. 1960 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis, 1972 den Heine-Preis der Stadt Düsseldorf. Neben den genannten Stücken verfasste Carl Zuckmayer noch viele weitere Theaterstücke und schrieb auch einige Bücher. Darunter auch eine Autobiografie mit dem Titel „Als wär´s ein Stück von mir“, die 1966 erschien.
Am 18. Januar 1977 verstarb Carl Zuckmayer in Saas-Fee in der Schweiz.
Inhaltsangabe
In dem Theaterstück „Der Hauptmann von Köpenick“ von Carl Zuckmayer geht es um den Schuster Wilhelm Voigt, der aus Not mit dem Gesetz in Konflikt gerät und sich dadurch in dem Teufelskreis der Bürokratie wiederfindet. Gleichzeitig wird in dem Stück auch die Geschichte einer Uniform erzählt.
Wilhelm Voigt wird gerade nach einer langjährigen Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen und versucht sich eine Aufenthaltserlaubnis zu beschaffen, um ein neues Leben aufzubauen. Das erweist sich allerdings als nicht so einfach. Im Polizeirevier bekommt er keine Papiere, weil er keine Arbeit hat, in der Schuhfabrik aber auch keine Arbeit, weil er keine Aufenthaltserlaubnis hat.
In einem Berliner Uniformgeschäft wird für den Gardeoffizier Hauptmann von Schlettow eine Uniform auf Maß geschneidert.
Kurze Zeit später muss von Schlettow auf Grund einer Schlägerei den Dienst quittieren und die Uniform wird nun vom Inhaber der Schneiderei zum Verkauf angeboten.
Mit dem Obdachlosen Kalle beschließt Voigt, sich den Pass auf illegale Weise zu besorgen. Der Einbruch wird entdeckt und Voigt muss wieder ins Gefängnis. Der Gefängnisdirektor ist ein altgedienter Soldat und liebt alles Militärische, deswegen unterrichtet er die Häftlinge im Militärwesen.
Der Vizefeldwebel Obermüller aus Köpenick bekommt, für seine Beförderung zum Reserve-leutnant, nun die Uniform angepasst.
Wilhelm Voigt der sich im Gefängnis vorbildlich verhalten hat, wird nach 10 Jahren entlassen.
Er sucht seine Schwester Marie Hoprecht und deren Mann auf und wohnt bei ihnen. Dort kümmert er sich um ein krankes Mädchen, das zur Untermiete bei den Hoprechts wohnt.
Bürgermeister Obermüller aus Köpenick bestellt zum Kaisermanöver eine neue Uniform und gibt die alte Uniform an den Inhaber Wormser des Berliner Uniformgeschäfts zurück.
Wegen einer Einquartierung erhält Voigt auf dem Polizeirevier wieder keine Aufenthalts-genehmigung. Als er dem kranken Mädchen Trost spendet, erfährt er von seiner Ausweisung.
Die Tochter von Wormser zieht die Uniform während des Kaisermanöverball an, dabei wird die Uniform verschmutzt. Anschließend kommt sie in Krakauers Kleiderladen.
Im diesem Kleiderladen kauft sich Wilhelm Voigt diese Offiziersuniform . Als Hauptmann verkleidet geht er in Richtung Potsdamer Kaserne. Jetzt kommt ihm zugute, dass er sich im Gefängnis Kenntnisse im Militärwesen aneignet hat. So kann er vor der Potsdamer Kaserne Soldaten abkommandieren, die ihn nach Köpenick begleiten .Dort angekommen verhaftet er den Bürgermeister und stellt fest, dass im Rathaus von Köpenick kein Pass zu beschaffen ist. Wilhelm Voigt lässt den Schatzmeister und den Bürgermeister nach Berlin bringen und beschlagnahmt die Ortskasse.
Am nächsten Tag berichten die Zeitungen sarkastisch von dem Überfall auf das Rathaus von Köpenick.
Voigt zeigt sich selbst bei der Polizei an und liefert bis auf einen kleinen Betrag das ganze Geld ab und verlangt nichts weiter, als dass er endlich seinen Pass bekommt.
Währenddessen holen Polisten seine im Bahnhof deponierte Uniform. Er wird gebeten die Uniform nochmals anzuziehen. Voigt besteht darauf sich im Spiegel zu betrachten, da er sich mit Uniform noch nie gesehen hat. Als er sich im Spiegel sieht, bekommt er einen Lachanfall und alles, was er dazu sagen kann, ist ein „ Unmöglich“.
Beziehungsgefüge
Voigt verkörpert in diesem Stück den von der Gesellschaft Ausgeschlossenen, der sein Recht sucht, aber es nicht bekommt. Wegen Melde- und Passvergehen gerade aus der Haft entlassen versucht er eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, was sich als nicht so einfach herausstellt, da ihm schon der Oberwachtmeister auf dem Polizeirevier diese verwehrt wegen seiner Vorstrafen.
Oberwachtmeister „Also kommen sie mal wieder , wennse Arbeit haben. Dann können wir weiter sehn.“
Voigt „Ick bekomm ja keene Arbeet ohne de Anmeldung. Ick muss ja nu erst mal de Aufenthalt-Erlaubnis –„
Oberwachtmeister „Das schlagense sich mal ausm Kopp. Einem stellungslosen Zuchthäusler können wir hier keine Aufenthaltserlaubnis geben. Nachher denken Sie ja gar nicht mehr daran zu arbeiten und treiben sich rum.“ (S. 17)
Für Voigt beginnt der Teufelskreis: Arbeit nur mit Pass, Pass nur mit festen Wohnsitz, fester Wohnsitz nur mit Arbeit.
„Nee, nee det is nu’n Karusell, det is nu ne Kaffemihle. Wenn ick nich gemeldet bin, krieg ick keene Arbeet, und wenn ick keene Arbeet habe, da darf ick mir nicht melden...“ stellt Wilhelm Voigt fest, und wird kurze Zeit später aus dem Polizeirevier rausgeschmissen. (S. 17)
Dem Beamten ist die Person Voigt egal, er verfährt entsprechend den damaligen Bestimmungen und Gesetzen.
Am nächsten Tag trifft Voigt sich mit Kalle, einem Kleinkriminellen , in einem Lokal. Kalle ist auch ein Ausgestoßener, aber er steht noch weiter unten als Voigt. Das, was die beiden gemeinsam haben, ist das gleiche Milieu, in dem sie verkehren. Kalle will kein ehrliches Leben, sondern er will ein „Ding drehen“ so dass er für ein paar Jährchen ausgesorgt hat. Doch Voigt will sich nach Arbeit umsehen. Währen die beiden sich unterhalten taucht, Hauptmann Schlettow auf, er ist in Zivil. Die Kneipe ist eigentlich für das Militär verboten. In der Kneipe befinden sich auch ein betrunkener Gardegrenadier, der mit Kalle wegen eines Frauenzimmers Streit anfängt.
Schlettow mischt sich in diesen Streit ein und will den Grenadier zu Vernunft bringen. Das gelingt ihm aber nicht weil er für den Grenadier nur „ n’ deemlicher Zivilist“ ist. Die anschließende Schlägerei trennt ein Polizist und führt beide ab. Voigt zieht daraus die Schlussfolgerung „ Siehste, Kalle- wat hab ick immer jesagt? Wie der Mensch aussieht, so wird er angesehen.“ ( S. 33)
Für Voigt ist klar, dass alles, was militärisch aussieht und alles was gedient hat, erst ein Mensch ist. Das wird ihm erst recht klar, als er in einer Schuhfabrik eine Arbeitstelle sucht und mit den Worten „Wo hamse gedient?“ befragt wird. Ihm fällt darauf nur ein „bei verschiedenen Handwerksmeister...“ zu antworten. Knell „Ich meine, wo hamse gestanden?“ Voigt „Gestanden?- Ich habe nur gesessen“. ( S. 36) Auch die Industrie funktioniert militärisch. "Ick hab jedacht, hier wär ne Fabrik. Ick hab nich jewußt, daß det hier ne Kaserne is".
In einer Herberge überredet er Kalle zu einem Einbruch ins Potsdamer Polizeirevier. Er möchte sich einen Pass besorgen und sein Vorleben aus den Akten vernichten. Kalle willigt nur ein wenn er eine Kasse mitgehen lassen kann.
Nach dem misslungenen Einbruch geht Wilhelm Voigt für zehn Jahre ins Gefängnis. Nach seiner Haft steht er wieder diesem Machtapparat gegenüber, es wiederholt sich alles. Er kommt bei seiner Schwester unter. Voigt will seiner Schwester nicht zur Last fallen und hat sich aus diesem Grund nie bei ihr gemeldet, wird aber herzlich empfangen. Die beiden sind einfache, gute Menschen, die Wilhelm helfen wollen. Aber gegen die Übermacht der Behörde und der preußischen Gesetze kann und will der Schwager, weil er Beamter ist, nichts ausrichten. Bei ihnen lernt Voigt für kurze Zeit das normale Leben kennen, das er noch nie hatte. Dabei versorgt er ein krankes Mädchen , was bei den Hoprechts zur Untermiete wohnt.
Wilhelm Voigt erhält eines Tages seine Ausweisung und bei einem Gespräch mit seinem Schwager stellt er fest wie leer, und einfach strukturiert das preußische Staats- und Militärsystem ist.. Er streitet mit seinem Schwager Friedrich, der an das Gute und die Ordnung im Staat glaubt.
Voigt „...„Wo soll ick denn hin? Ick hab ja kenn Aufenthalt, für mir gibt’s ja keen Platz uff de Erde... .“
Hoprecht „ ...wir leben in’n Staat- und wir leben in ne Ordnung- da kannste dir nicht außerhalb stellen.. .da musste dich wieder reinfügen!
Voigt „So- und wat soll ick drinnen? Wat hilft et mir denn? Da wer`ck noch lange kein Mensch von!“
Hoprecht „`n Mensch bist überhaupt nur, wenn du dich in ne menschliche Ordnung stellst! Leben tut auch ne Wanze!“
Voigt „Richtig! Die lebt Friedrich! Und weißte auch, warum? Erst kommt de Wanze, und dann die Wanzenordnung! Erst der Mensch, Friedrich! Und dann die Menschenordnung!“ ( S. 99)
Es geht um die Frage welche Ordnung die richtige ist, die der Privilegierten, oder die Grundrechte des Menschen. Sein Schwager Friedrich versteht Voigt nicht, da er selbst diesem System angehört und daran glaubt.
Voigt lässt auch durchblicken, dass er einen ganz bestimmten Plan hat, und verabschiedet sich von den Hoprechts.
Nun gelingt es Voigt sich gegen dieses „Unrecht“ zu wehren und es mit seinen eigenen Waffen zu überlisten. Er kauft sich bei einem Trödler eine Hauptmannsuniform und verhaftet den Oberbürgermeister und nimmt die Kasse mit. Sein größter Wunsch einen Pass zu bekommen, erfüllte sich allerdings nicht. Aus diesem Grund stellt er sich der Polizei um im Gegenzug doch noch seinen Pass zu bekommen. Voigt wird diesmal von der Polizei, bewirtet und so gut behandelt wie noch nie in seinem Leben, weil sie denken, einen Geisteskranken vor sich zu haben.
Seine Uniform wird aus dem Versteck geholt und Voigt zieht sie an. Als er sich im Spiegel betrachtet bekommt er einen Lachanfall. Da die Uniform nicht perfekt sitzt, kann er es nicht verstehen, wieso die Menschen auf ihn hereingefallen sind.
Dargestelltes Problem
Uniformen haben so ihre Wirkung. Man hat ein bisschen mehr Respekt als vor anderen. Wer Uniform trägt siegt, nicht weil er besser oder klüger ist, sondern weil er uniformiert ist. Man kann sich gut damit hinter Vorschriften und Gesetzen verstecken. Vor hundert Jahren war das Obrigkeitsdenken noch viel stärker. Wer beim Militär war, der war was. Wer nicht gedient hat, ein Mensch zweiter Klasse. Das bekam auch der Schuster Wilhelm Voigt 1906 zu spüren. Er saß viele Jahre im Knast und als er endlich rauskommt möchte er ehrlich sein, aber das ist gar nicht so einfach. Für Leute mit einem Strafregister ist in der Militärgesellschaft kein Platz. Da muss alles seine Ordnung haben, da muss man gedient und ein zackiges Auftreten haben.. Die Verehrung der Uniform und die Autoritätsgläubigkeit ist das Problem in dem Drama von Carl Zuckmayer.
Oder anders ausgedrückt „ Kleider machen Leute“.
Außerdem ist der „Mensch erst ein Mensch wenn es ihm bescheinigt wird“, ansonsten ist er heimatlos. Ohne Pass bekommt man kein Arbeit und wird dann aus dem Land ausgewiesen. Dabei möchte Wilhelm Voigt eigentlich nur zur Gesellschaft dazugehören, aber weil ihm der Pass fehlt, wird er nicht reingelassen.
Angaben zur Sprache
Carl Zuckmayer benutzt mit Hilfe des Dialektes eine Charakterisierung der Personen im Stück.
Am meisten wird das Berlinerische der unteren Klassen gesprochen, die Sprache des Militärs und das Hochdeutsch des Bürgertums.
Von Schlettow verkörpert den Offizier mit seinem typischen Befehlston.„Widersprechense nicht..., die Gesäßknöppe werden geändert. Wabschke ...“(S.8) Seine Sätze sind abgehackt und die Ausdruckweise gegenüber den ihm Unterstehenden betont lässig. „...Sehnse... ,
... verstehense..., ...habense.. ,...messense.., ...lachense nich..., .“ (S. 8-10) Er hat im eigentlichen Sinne nichts zu sagen und nur daran eine Freude wenn die Uniform tadellos sitzt.
Wabschke ist ein echter Berliner aus dem Volk. Er ist schlagfertig und nie um eine Antwort verlegen. V. Schlettow „...Sehnse mal die Gesäßknöppe an! Die sitzen bestimmt nich vorschriftsmäßig!“ Wabschke „ Aber , Herr Hauptmann: ick sage Ihnen, wie angewachsen! Man kennte meinen, Sie wären mit Jesäßkneppen uff de Welt jekommen!“ ( S. 8) Er zeigt sich aber auch sehr menschlich als er von Schlettow tröstet, der seinen Dienst quittieren muss „...Det Militär ... is nu wirklich nich det einzige uff de Welt ... Wenn eener jung is - und jesund - und grade Knochen hat - ick meine, - wenn eener 'n richtiger Mensch is, det is doch de Hauptsache, nich?“( S. 39)
Wormser ist Geschäftsmann und spricht seiner Kundschaft nach dem Mund und passt sich deren Milieu an. Mit „ . . .’n Glanz wie son frisch gewichster Pferdepopo“ zeigt er, dass er den Kasernenjargon draufhat. Aufschneiderei „... Also das Stöffchen kriegen von mir nur die Herren von der Garde un die kaiserlichen Prinzen...“ Redewendungen und Phrasen gehören zu seinem Geschäft.( S.11)
Er hat keinen Standpunkt und widerspricht sich selbst „...meine Rede, meine Rede!“... Eigentlich interessiert ihn nicht sonderlich was die Kundschaft zu sagen hat oder was sie bewegt.
Obermüller spricht das Hochdeutsch der sozial höher Gestellten. Er ist auch ganz erfüllt von der Monarchie und dem Militär „... Das Große ist bei uns die Idee des Volksheeres, in dem jeder Mann den Platz einnimmt, der ihm in der sozialen Struktur der Volksgemeinschaft zukommt. Freie Bahn dem Tüchtigen! Das ist deutsche Devise!... ...Das System ist monarchisch- aber wir leben –angewandte Demokratie! Das ist meine Überzeugung!“ (S. 56)
Voigt spricht das Berlinerische der unteren Klasse und ist so schlagfertig wie Wabschke.
Oberwachtmeister:„...Sie sind ja 'n ganz schwerer Junge“ Voigt: „Ick weeß nich, Herr Kommissär, ick werde in letzter Zeit immer leichter.“( S.14)
Voigt zu seinem Schwager „Dir hamse nich befördert, und mir befördernse. Jedem dat Seine, nich?“ (S.98) Es klingt naiv, es ist humorvoll, die Berliner sagen dazu Mutterwitz.
Er kann sich in einer Ordnung nicht zurechtfinden, die so militärisch durchtränkt ist in allen Bereichen, deswegen flüchtet er sich in ironische Bemerkungen.
Absichten des Autors, Aktualität, Übertragbarkeit
Begründete Stellungsnahme
Realer Hintergrund des Stücks ist eine Berliner Zeitungsmeldung vom 17.10.1906:
„Ein als Hauptmann verkleideter Mensch führte gestern eine von Tegel kommende Abteilung Soldaten nach dem Köpenicker Rathaus, ließ den Bürgermeister verhaften, beraubte die Gemeindekasse und fuhr in einer Droschke davon.“
In seiner Autobiographie "Als wär’s ein Stück von mir" (1966) erklärt Zuckmayer, warum er den Stoff des Hauptmanns von Köpenick zum Drama gemacht hat. „Vom „Hauptmann von Köpenick“ wusste ich nicht mehr als jeder - die Anekdote von seinem Geniestreich im Köpenicker Rathaus, und dass er dann, nach kurzer Gefängnishaft vom Kaiser begnadigt, durch die deutschen Städte reiste und signierte Postkarten mit seinem Bild in Uniform verkaufte: so hatte ich ihn selbst bei einer Mainzer Fastnacht im Jahr 1910 gesehen.
Denn wenn auch die Geschichte mehr als zwanzig Jahre zurücklag, so war sie gerade in diesem Augenblick, im Jahre 1930, in dem die Nationalsozialisten als zweitstärkste Partei in den Reichstag einzogen und die Nation in einen neuen Uniform – Taumel versetzten, wieder ein Spiegelbild, ein Eulenspiegel - Bild des Unfugs und der Gefahren, die in Deutschland heranwuchsen - aber auch der Hoffnung, sie wie der umgetriebene Schuster durch Mutterwitz und menschliche Einsicht zu überwinden....( S.438-440)
Zuckmayer will darauf hinweisen, dass sich die Menschen nicht durch Uniformen blenden lassen sollen, also nicht durch äußeres Gehabe von anderen das eigene Denken einstellen sollen.
Und diese Weisheit war sicher 1906 wie auch 1933 gegenüber den Nazis angebracht. Deswegen wurde das Stück auch im Nationalsozialismus verboten.
Heute könnte es heißen, schaut auf die Inhalte, auf die Moral und die Ethik und nicht nur auf die äußeren, schönen und schrillen Formen von Videoclips , Werbung- , Konsum-, - und Showgesellschaft.
Der „Hauptmann von Köpenick“ scheint unsterblich zu sein. Nicht nur weil er seit 1931 in einem Theaterstück von Carl Zuckmayer von vielen großen Schauspieler dargestellt worden ist, sondern weil in Berlin-Köpenick dieses Stück jedes Jahr einmal, für Touristen, aufgeführt wird.
Der Versuch als Hauptmann heute irgendjemanden zu beeindrucken wäre zum Scheitern verurteilt. Was ein Mann wert war, hing damals von der Antwort ab auf die Frage: Hamse jedient? Jetzt hat das Militärische seinen Stellenwert verloren. Heute heißt es unter den Erwachsenden eher: Wat hamse fürn Auto?, und bei Jugendlichen: Wat haste den für een Handy? Schuhe? usw.
Aber Hochstapler, und das war der Schuster Wilhelm Voigt, gibt es auch heute noch. Vielleicht ist der Hauptmann heute ein falscher Arzt oder falscher Polizist. Beim Schuster ging es noch ums Überleben, aber den heutigen Hochstapler geht es ums Geld und das Ansehen, eben um Geltungssucht.
Oder wer weiß schon wer sich alles im edlen Anzug mit einer noblen Luxuskarosse als Reicher verkleidet. Ich denke jede Zeit hat ihre eigenen Hochstapler. Alles was in einer Gesellschaft, ohne kritische Distanz, blind vergöttert wird, taugt zu einer Köpenickade. Vor hundert Jahren war es die preußische Uniform, heute ist es Geld , Ruhm oder die Wichtigtuerei von „Experten“ aller Art.
Aber die Hochstaplerei ist, glaube ich, unsterblich wie der „Hauptmann von Köpenick.
Quellenangaben
Carl Zuckmayer: Der Hauptmann von Köpenick, Fischer Verlag, 74. Auflage , Juni 2006
Carl Zuckmayer: Als wär’s ein Stück von mir, Deutscher Bücherbund, 1966
Biografie von Carl Zuckmayer: Internet
Chronik des 20.Jahrhundert , Chronik Verlag im Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH, 1995,1998
DIE ZEIT Nr. 42 vom 12.10.2006, Seite 104
Kommentare zum Referat Der Hauptmann von Köpenick:
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