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Die Renaissancekunst - Referat
Die Renaissancekunst
Zur Renaissancekunst zählt die Malerei, Bildhauerei, Architektur und das Kunsthandwerk, welches in der Zeit der Renaissance[1] in Italien und anderen europäischen Ländern entstanden. Giorgio Vasari sprach in seinen Lebensbeschreibungen (1550) von einer “Wiedergeburt der Künste”, die die gotische Kunst des Mittelalters überwunden und mit Giotto ihren Anfang genommen habe. Im 19. Jahrhundert bezeichnete der Kunsthistoriker Jacob Burckhardt in seinem Werk Die Kunst der Renaissance in Italien (1860) die Zeit zwischen 1350 und 1600 als die Epoche der Renaissance. Diese Epochengrenzen sind jedoch umstritten. Renaissance wird seitdem allgemein verstanden als das neue Zeitalter, das unter der geistigen Führung Italiens auf dem Gebiet der Kunst und Wissenschaften die Befreiung des menschlichen Individuums von mittelalterlicher Gebundenheit an Religion und Kirche brachte.
Der Stil der Renaissance zeichnet sich aus durch eine Wiederbelebung der Formensprache der Kunst der griechischen und römischen Antike, die beschrieben, gesammelt und kritisch betrachtet wurde, und gleichzeitig durch ein intensives Naturstudium. Damit einher ging die Säkularisierung der Kunst, die jedoch keineswegs das Ende der sakralen Kunst bedeutete: Die Kirche blieb noch vor den Fürstenhöfen und reichen Händlerfamilien aus Florenz, Mailand, Venedig und Rom die bedeutendste Auftraggeberin der Renaissancekünstler.
Die Kunst der Renaissance war von der Suche nach Neuerungen geprägt, die u. a. in den wissenschaftlichen Experimenten und Forschungen ihren Ausdruck fand, wie sie viele ihrer Künstler unternahmen. Die dabei entdeckten Gesetzmäßigkeiten wurden in zahlreichen theoretischen Werken niedergelegt. Eine der bedeutendsten Entdeckungen war die der Zentralperspektive, mit deren Hilfe ein illusionistischer dreidimensionaler Bildraum geschaffen wird, indem man das Bild erstmals als Fenster zur sich vergrößernden natürlichen Welt verstand.
Die Malerei beschäftigte sich mit Ansichten von Städten[2], großen architektonischen Räumen[3] und Darstellungen von Landschaften innerhalb traditioneller Sujets[4]. Die Porträtmalerei[5] etablierte sich um die Mitte des 15. Jahrhunderts als eigenständiges Genre innerhalb der Malerei. Bedeutung erlangte auch die Historienmalerei, die gleichberechtigt neben mythologische und biblische Themen trat.
Da die Renaissance eine Zeit intensiver Entdeckungen auf geographischem, technischem und naturwissenschaftlichem Gebiet war, widmeten sich zahlreiche Künstler auch diesen Bereichen. Ohne Beispiel sind etwa die Arbeiten Leonardo da Vincis auf den Gebieten der Architektur, der Naturwissenschaften und der Wehrtechnik. Die Ölmalerei konnte, aus den Niederlanden kommend, bis ins 16. Jahrhundert die Temperamalerei völlig verdrängen.
Italienische Renaissance
Plastik der Frührenaissance
Die Entwicklung der italienischen Renaissancekunst im frühen 15. Jahrhundert vollzog sich zunächst auf dem Gebiet der Plastik. Filippo Brunelleschi, der als Goldschmied begann, beteiligte sich 1402 am Wettbewerb um die zweite Bronzetür des Baptisteriums in Florenz. Er entdeckte die Zentralperspektive und war der erste bedeutende Baumeister der Renaissance, der den Bau der Kuppel des Florentiner Domes leitete (1436 abgeschlossen).
Lorenzo Ghiberti wurde durch seine Reliefdarstellungen auf den Bronzetüren des Florentiner Baptisteriums bekannt. Michelangelo prägte für das zweite Türenpaar mit Szenen aus dem Alten Testament die noch heute gebräuchliche Bezeichnung Paradiestüren.
Donato di Niccolò di Betto Bardi, genannt Donatello, gehörte nicht nur wegen seiner realistischen Bronzefiguren zu den einflußreichsten Künstlern der Renaissance. Mit seinem plastischen Stil, der schulbildend wirkte, beeinflußte er besonders die Malerei. Zu seinen wichtigsten Werken zählt die Bronzestatue des David[6], ein Bildnis des biblischen Helden, zu dessen Füßen der Kopf des besiegten Goliath liegt. Die beinahe lebensgroße Skulptur war die erste Akt- und Freiplastik seit der Antike. Weitere bedeutende Werke von Donatello sind sein nach antikem Vorbild gestaltetes Reiterdenkmal des Gattamelata in Padua (1447-1453) und die Sängertribüne aus Marmor[7] für den Dom, die mit Putten geschmückt ist, einem in der Kunst der Frührenaissance häufig wiederkehrenden Dekorationsmotiv.
Malerei der Frührenaissance
Masaccio gilt mit seinem naturalistischen Malstil und der Anwendung der Perspektive als Begründer der Malerei der Frührenaissance. Sein Freskenzyklus (um 1427) in der Brancacci-Kapelle von Santa Maria del Carmine in Florenz, auf dem Szenen aus dem Leben des heiligen Petrus zu sehen sind, belegt besonders eindrucksvoll seinen neuartigen Darstellungsstil. In der berühmtesten Szene, Der Zinsgroschen, verlieh Masaccio den Darstellungen Jesu Christi und der Apostel eine zuvor nicht gekannte Plastizität und Individualität. An diesen Fresken orientierten sich spätere Künstler wie Michelangelo, der Masaccios Figuren kopierte. Mit seinem Dreifaltigkeitsfresko[8] erzeugte Masaccio durch die Anwendung der Zentralperspektive erstmals den räumlichen Eindruck einer Kapelle auf einer Wandfläche.
Auch Paolo Uccello, ein Meister der plastischen Malerei, war fasziniert vom gestalterischen Potential der Perspektive. Zu seinen wichtigsten Werken gehören die drei Tafelgemälde Schlacht von San Romano[9], die er um 1456 für den Palast der Medici in Florenz anfertigte und auf denen die Figuren perspektivisch verkürzt erscheinen. Sein Grabgemälde des Condottiere Giovanni Acuto[10] erweckt den Eindruck eines dreidimensionalen bronzenen Reiterstandbildes.
Ein weiterer Meister dieser Zeit war der Dominikanermönch Fra Angelico, der anmutige Personendarstellung mit transparenten Farben verband. Er schuf nur religiöse Werke und führte zwischen 1436 und 1445 zahlreiche Fresken im Kloster San Marco von Florenz aus. Pisanello, der für kleinere Fürstenhöfe wie den der Gonzaga in Mantua und der Este in Ferrara arbeitete, stammte aus Verona. Einen Namen machte er sich neben seinen die Wirklichkeit scharf erfassenden Zeichnungen mit seinen zahlreichen Bildnismedaillen aus Bronze, die bei seinen adeligen Auftraggebern sehr begehrt waren.
Als Begründer der Renaissancemalerei in Venedig, das in Konkurrenz zu Florenz stand, gilt Jacopo Bellini. Von seinen Werken, von denen sich teilweise Zeichnungen erhalten haben, sind die meisten zerstört. Auch seine beiden Söhne Gentile und Giovanni Bellini waren bedeutende Maler.
Der Maler Piero della Francesca, der theoretische Werke über Perspektive und Mathematik verfaßte, stellte die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst her. Sein monumentalstes Werk ist der Freskenzyklus Legende des heiligen Kreuzes (um 1453-1454) im Chor von San Francesco in Arezzo. Er entdeckte den Luftton in der Malerei und schuf dadurch eine neue Einheit des Bildraumes. Im Alter gab er die Malerei auf und widmete sich nur noch seiner theoretischen Arbeit.
Die Kunst des Humanisten, Gelehrten und Universalkünstlers Leon Battista Albertis bildet in vielfacher Hinsicht eine Art Summe der künstlerischen Bestrebungen der Frührenaissance. Nachdem seine Familie aus Florenz verbannt worden war, erhielt er seine Ausbildung in Norditalien. Zu seinen herausragenden architektonischen Werken gehören die Fassade von Santa Maria Novella in Florenz (fertiggestellt 1470) und zwei Kirchen in Mantua, darunter Sant’Andrea (fertiggestellt 1494) mit seiner bis in den Barock wirkenden Längsausrichtung. Bedeutender als seine meisterhaften baulichen Entwürfe, von denen nur wenige zur Ausführung gelangten, waren jedoch seine theoretischen Schriften über Malerei, Bildhauerei und Baukunst der Antike und Renaissance, durch die die neuen Ideen über Italien hinaus Verbreitung fanden. Sein dreibändiges Werk Della Pittura (1436) über die Malerei widmete er Brunelleschi, Ghiberti, Donatello, Lucca della Robbia und Masaccio.
Die zweite Künstlergeneration
In den folgenden Jahrzehnten wurden die für die Renaissancekunst typischen Neuerungen wie perspektivische und Landschaftsdarstellung, neue Figurenauffassung und minuziös geplante Bildkompositionen weiterentwickelt und verfeinert. In Florenz beschäftigten sich Künstler wie Antonio del Pollaiuolo und Andrea del Verrocchio anhand von Studien am lebenden Modell mit der komplizierten Anatomie des Menschen. Sie fanden ihren Niederschlag in Bildern wie Pollaiuolos Martyrium des heiligen Sebastian[11]. Darüber hinaus schuf dieser die Bronzegrabmäler für Papst Sixtus IV. (1484-1493) und Innozenz VIII. (1493-1497) in der Gruft der Peterskirche in Rom. Die Studien Pollaiuolos und Verrocchios wurden später von Leonardo da Vinci aufgegriffen, dem berühmtesten Schüler Verrocchios, dessen wissenschaftliche Forschungen neben seinen künstlerischen Werken zu den bedeutendsten Errungenschaften der Renaissance gehören.
Die führenden Maler der zweiten Generation in Norditalien waren Andrea Mantegna aus Padua und Giovanni Bellini aus Venedig. Mantegna, der vorübergehend in Verona und Rom arbeitete, verbrachte die meiste Zeit seiner Laufbahn im Dienst der in Mantua herrschenden Familie Gonzaga. Zu seinen Meisterleistungen gehören die Fresken der Camera degli Sposi (1465-1474) im Palazzo Ducale, bei denen er durch Anwendung der Trompe-l’œil-Technik die Illusion eines weiten Raumes erweckte.
Mantegnas strenger Stil beeinflußte durch seine kraftvollen Entwürfe, reiche Formgebung und kühne Perspektive besonders die Kunst seines Schwagers Giovanni Bellini, der fast ausschließlich in Venedig tätig war und seinerseits auf eine Reihe bedeutender Schüler einwirkte, darunter Sebastiano del Piombo, Giorgione und Tizian. Das leuchtende Kolorit wurde zu einem der charakteristischen Merkmale der venezianischen Malerei, im Gegensatz zum Prinzip der Zeichnung (disegno), das in der florentinischen Malerei dominierte. Zu den herausragenden Werken Bellinis gehört das Altarbild von San Giobbe[12]. Typisch für seinen späten Stil sind leuchtende Farben, weiche Konturen und Figuren, die wie stumme Schauspieler wirken, umgeben von einem atmosphärischen Raum.
Ein weiterer führender Vertreter der zweiten Generation der italienischen Frührenaissance war Sandro Botticelli, der für die Fürstenfamilie der Medici in Florenz und den Vatikan in Rom arbeitete. Zu den bekanntesten seiner dekorativ-lyrischen Werke zählen Die Geburt der Venus (1482) und Primavera (Der Frühling, um 1478), beide in den Florentiner Uffizien.
Künstler der Hochrenaissance
Den Beginn der italienischen Hochrenaissance markierte die Rückkehr Leonardo da Vincis aus Mailand nach Florenz im Jahr 1500. Dort traf er mit dem jungen Michelangelo zusammen, der gerade an seiner Statue des David arbeitete (1501-1504, Accademia, Florenz). Diese Skulptur setzte bildnerische Maßstäbe und wurde bald zum Wahrzeichen der Stadt Florenz. Michelangelo stellte David darin kurz vor seinem Zusammentreffen mit Goliath dar, wie er in Gelassenheit vor dem Betrachter steht. Dieser Ausdruck erinnert an die Apostel Leonardo da Vincis in seinem Abendmahl[13], auf dem der Künstler den Augenblick der Ankündigung des Verrats darstellte. In der Hochrenaissance beschränkten sich die Künstler auf das Wesentliche, nebensächliche Details fielen weg, damit die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Hauptmotiv gelenkt wurde. Der künstlerische Aspekt trat damit gleichberechtigt neben den Inhalt.
Später begann sich das Zentrum der Kunst nach Rom an den Hof von Papst Julius II. zu verlagern, wo die führenden Künstler der Hochrenaissance die ehrgeizigen Projekte des Papstes realisierten. Der herausragende Architekt dieser Zeit war Donato Bramante, der aus Umbrien stammte und seine Laufbahn als Maler im Stil Piero della Francescas begann. In Rom schuf er Bauwerke wie den Tempietto (1502), einen klassischen Rundtempel in Miniaturform im Hof von San Pietro in Montorio, und eine Reihe von Privatpalästen. Als Krönung seines Werkes gilt der Entwurf eines Zentralbaus (um 1506) für die geplante Neuerrichtung des Petersdomes. Er beeinflußte Baumeister wie Baldassarre Peruzzi aus Siena, der für die Familie Chigi die Villa Farnesina (1509-1511) in Rom errichtete, die schönste Villa des frühen 16. Jahrhunderts.
Auch den ebenfalls aus Umbrien stammenden Raffael zog es 1508 nach Rom, wo er bis zu seinem Tod 1520 arbeitete. Der Schüler von Perugino studierte in Florenz, als auch Michelangelo und Leonardo dort tätig waren, und war maßgeblich an der Formulierung der künstlerischen Sprache der Hochrenaissance beteiligt. Raffael avancierte zum führenden Maler der Stadt und unterhielt eine große Werkstatt mit zahlreichen Gehilfen. Er schuf u. a. die Fresken in den Stanzen (1508-1517) des Vatikan. Die beiden herausragenden Szenen, die inhaltlich aufeinander Bezug nehmen, finden sich in der Stanza della Segnatura: Die Disputà, eine umfassende Darstellung des Sakraments der Eucharistie, steht stellvertretend für die christliche Theologie. Die andere Seite des Raumes zeigt die Schule von Athen, die die klassische Philosophie thematisiert. Sie verrät eine meisterhafte Beherrschung der Zentralperspektive, wobei der Fluchtpunkt hinter Platon und Aristoteles in der Mitte des Bildes liegt. Viele Figuren sind Darstellungen zeitgenössischer Künstler. Als Anregung könnten die Fresken der Sixtinischen Kapelle gewirkt haben, an denen Michelangelo etwa zur gleichen Zeit arbeitete.
Hauptmerkmale des poetischen Malstils von Giorgione, der trotz seines kurzen Lebens von fundamentalem Einfluß auf die venezianische Malerei war, sind weiche Konturen, kräftige Farben und häufig rätselhafte Themen. Sein bekanntestes Bild, Das Gewitter[14], mischt profane mit religiösen Themen und hatte die Funktion eines privaten Andachtsbildes für gebildete Kreise.
Tizian, ein Schüler Bellinis und früher Anhänger Giorgiones, war der bedeutendste Vertreter der venezianischen Hochrenaissance. Zu seinen bedeutendsten Frühwerken zählen Himmlische und irdische Liebe (um 1515, Galleria Borghese, Rom), eine allegorische Szene, in der die (bekleidet dargestellte) himmlische und die (nackte) irdische Liebe einander gegenübersitzen, sowie das Altarbild Himmelfahrt Mariä (1516-1518, Santa Maria dei Frari, Venedig), in dem warme Farbtöne wie Rot und Goldgelb vorherrschen. Darin schwebt Maria über den Aposteln und bewegt sich auf Gottvater zu, der am oberen Bildrand erscheint. Seine meisterhafte Behandlung klassischer mythologischer Themen demonstrieren Bilder wie Bacchus und Ariadne (1520-1523, National Gallery, London) oder Venusfest (1518-1519, Prado, Madrid), die beide als Auftragsarbeiten für den Herzog von Ferrara entstanden.
Darüber hinaus schuf Tizian zahlreiche Auftragswerke für Kaiser Karl V., der ihn zum spanischen Hofmaler ernannte, darunter mehrere Bildnisse, wie das Reiterporträt Karl V. zu Pferd in der Schlacht bei Mühlberg (1548, Prado, Madrid), das für etwa zwei Jahrhunderte im Bereich der staatlich-repräsentativen Porträtmalerei neue Maßstäbe setzte. Noch im hohen Alter malte Tizian in einem Stil, der durch Farbreichtum, monumentale Figuren und idealisierte Landschaften gekennzeichnet ist. Ein repräsentatives Beispiel für diesen Spätstil ist das Bild Dornenkrönung Christi (um 1570, Alte Pinakothek, München), in dem sich die Formen in ein Gewirr aus reinem Licht, Farbe und Pigmenten aufzulösen scheinen.
Correggio war ein weiterer einflußreicher Maler der Hoch- bzw. Spätrenaissance. Er verbrachte den größten Teil seines Lebens in Parma, wo er sich 1518 niederließ. Dort schuf er u. a. Freskenzyklen für den Dom und die Kirche San Giovanni Evangelista (zerstört). Seine Bilder, die Stileinflüsse Michelangelos, Raffaels, Tizians und Leonardos spiegeln, zeichnen sich durch großes Geschick in der perspektivischen Verkürzung und manieristische Zurückweisung der klassischen Ausgewogenheit aus.
Manierismus
Um 1520 begann sich in der italienischen Malerei mit dem Manierismus ein Stil durchzusetzen, der durch überlange, gedrehte Figuren mit stilisierten Bewegungen und unklare räumliche Beziehung zum Hintergrund gekennzeichnet war. Einer der frühen Vertreter des Florentiner Manierismus war Pontormo, dessen Malerei auf sorgfältiger Zeichnung beruhte und blasse, unwirkliche Farben und in die Länge gezogene Formen aufwies. Eines der bedeutendsten Werke Pontormos ist die Kreuzabnahme Christi (1526) in der Kirche Santa Felicità in Florenz.
Ein weiterer Florentiner Künstler war Rosso Fiorentino, der sich stilistisch mit Pontormo vergleichen läßt. Im Gegensatz zu diesem unternahm er jedoch ausgedehnte Reisen, bevor er seine Laufbahn als Hofmaler Franz I. in Frankreich beschloß, und trug so maßgeblich zur Verbreitung des italienischen Manierismus im Ausland bei. Die Figuren in seiner Kreuzabnahme Christi [15] sind weniger gedrängt als bei Pontormo, wirken jedoch komplexer.
Ab etwa 1520 setzte als Reaktion auf den monumentalen Klassizismus der Hochrenaissance eine Gegenbewegung ein, die sich an nordeuropäischer Kunst, insbesondere an der hochgeschätzten deutschen Druckgraphik, orientierte. Der individualistische Stil Rossos und Pontormos begann sich zunehmend durchzusetzen. In der Zeit ab etwa 1530, also im Zug der Nachwirkungen der Plünderung Roms 1527, bis zum Ende des 16. Jahrhunderts verlief die Entwicklung der italienischen Kunst weniger einheitlich. Diese als Manierismus oder Spätrenaissance bezeichnete Phase brachte in allen Bereichen der Kunst herausragende Persönlichkeiten hervor.
Andrea Palladio aus Vicenza, der auch in Venedig und Umgebung tätig war, war einer der bedeutendsten Architekten der Zeit, der jedoch weit über diese hinaus seinen Einfluß entfaltete. Zu seinen wichtigsten Bauten gehören die Villen, die er in Venetien errichtete. Von besonderem Reiz ist seine Villa Rotonda (1567-1551), bei Vicenza ein auf einer Anhöhe errichtetes Gebäude mit Kuppel, dem an allen vier Seiten ein sechssäuliger Portikus vorgelagert ist. Der Bau war maßgeblich für die Herausbildung des Palladianismus, der u. a. die Baukunst des 18. Jahrhunderts in England und seinen Kolonien in Nordamerika prägte.
Der Architekt Jacopo Sansovino war bereits einige Jahrzehnte vor Palladio in Venedig tätig. Er erhielt eine Ausbildung als Bildhauer in Florenz und machte sich mit der Marmorstatue des Bacchus (um 1514, Bargello) einen Namen. Sansovinos Libreria Vecchia (Alte Bibliothek, 1536-1588) an der Piazzetta San Marco in Venedig gehört zu den bedeutendsten Renaissancegebäuden ihrer Art. Das Pendant dazu bilden die Uffizien in Florenz (1560-1580), die der Architekt Giorgio Vasari als Verwaltungsgebäude für die Familie Medici entwarf. Mit seiner Schrift Lebensbeschreibungen der berühmtesten italienischen Architekten, Maler und Bildhauer[16] verfaßte er eines der wichtigsten Quellenwerke zur italienischen Renaissance.
Benvenuto Cellini, einer der führenden Bildhauer und Goldschmiede der Spätrenaissance, beschrieb sein abenteuerliches Leben in seiner zwischen 1538 und 1562 entstandenen Autobiographie, die 1803 in der Übersetzung Goethes auf Deutsch erschien. Sein berühmtestes Werk ist das Bronzestandbild Perseus mit dem Haupt der Medusa[17], dessen nackter, im Kontrapost dargestellter Held das blutige Haupt der ihm zu Füßen liegenden Medusa in die Höhe hält.
Das Werk Giambolognas, eines flämischen Bildhauers und Architekten, der sich später in Italien niederließ, weist ebenfalls typische Merkmale des Manierismus auf. Seine Skulpturengruppe Raub der Sabinerinnen (1583), die in der Nähe von Cellinis Perseus in der Loggia dei Lanzi aufgestellt ist, besteht aus drei nackten, ineinander verschlungenen Figuren, die sich spiralförmig nach oben winden.
Bronzino, ein Schüler Pontormos, der große Wertschätzung bei den Medici genoß, war der herausragende Porträtist des Manierismus. In seinem Werk tritt das Naturstudium zugunsten höchster Künstlichkeit zurück. So drängt in seinem Bild Eleonora von Toledo und ihr Sohn Giovanni (um 1545, Uffizien, Florenz) die Überfülle des Kostüms der darauf dargestellten Gattin Cosimos de Medici die anderen Figuren buchstäblich in den Hintergrund.
Der bedeutendste Vertreter des venezianischen Manierismus war Tintoretto, der Tizians reiche Farbpalette mit der kraftvollen Linienführung Michelangelos kombinierte. Seine Faszination von optischen Effekten, dramatischen Verkürzungen und ungewöhnlichen Kompositionen sowie sein virtuoser Umgang mit Lichteffekten treten besonders in den 56 großen Gemälden (1564-1587) zutage, die er für die Scuola di San Rocco in Venedig ausführte.
Die Renaissance in Mitteleuropa
Zu Beginn der italienischen Frührenaissance standen die nördlichen Länder Europas noch unter dem Einfluß der Spätgotik. Die dort im frühen 15. Jahrhundert entstandenen Werke erreichten nicht das Format der italienischen Renaissancemalerei. Gleichzeitig beweist die Miniaturmalerei mit dem Stundenbuch des Herzogs von Berry[18] der Brüder Limburg eine naturalistische Detailfreudigkeit, wie sie damals wiederum in Italien unbekannt war.
Niederländische Renaissance
Der flämische Maler Jan van Eyck gilt als Begründer der Renaissancemalerei in Flandern und den Niederlanden. Sein Stil orientierte sich am Realismus der Brüder Limburg und an Neuerungen hinsichtlich der Lichtführung, wie sie der Maler Robert Campin entwickelt hatte. Eines der bedeutendsten Werke der Renaissance ist van Eycks Genter Altar[19], ein zweiflügeliger Klappaltar, bei dem er durch genaue Naturbeobachtung nahezu intuitiv zur Anwendung der Zentral- und Luftperspektive gelangte.
Bereits um die Mitte des 15. Jahrhunderts galt van Eyck auch in Italien als herausragender Maler seiner Zeit. Sein Doppelporträt Giovanni Arnolfini mit seiner Frau[20] ist ein Hochzeitsbild, das als Auftragsarbeit für einen italienischen Bankier geschaffen wurde. An der Wand hinter dem Paar hängt ein Spiegel, der beide in Rückenansicht zeigt und den Maler selbst mit einschließt.
Rogier van der Weyden, der aus dem flämischen Tournai stammte, bereiste 1450 Italien. Sein Werk, das dort großes Ansehen genoß, beeinflußte besonders die Malerschule von Ferrara. Sein bedeutendstes Bild ist die Kreuzabnahme Christi (1439-1443, Prado, Madrid), das er für eine flämische Gilde in Louvain malte. In der Darstellung des überwältigenden Leides, wie es in den Gesichtern und den im Schmerz verzerrten Körper der Figuren zum Ausdruck kommt, erreichte er eine Intensität des Gefühls, wie sie in Italien bis dahin kaum bekannt war.
Dirk Bouts war einer der ersten Maler nördlich der Alpen, der die Zentralperspektive konsequent anwendete. In den Bildern Hugo van der Goes’ spiegeln sich Einflüsse Jan van Eycks und Rogier van der Weydens. Sein berühmtestes Werk ist der Portinari-Altar (um 1476, Uffizien, Florenz), der für einen Florentiner Auftraggeber entstand und erst um 1480 nach Italien gelangte. Der deutsche Maler Hans Memling, der in den Niederlanden und in Flandern ausgebildet wurde, wo er auch den Großteil seines Lebens verbrachte, orientierte sich weitgehend an der Malerei seiner Vorgänger.
Hieronymus Boschs Garten der Lüste[21], eine phantastische Darstellung von irdischen Sünden und himmlischer Erlösung, das eine imaginäre, surreale Welt zeigt, in der sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in alptraumartigen Bildern entfalten, beeinflußte besonders das Werk des Flamen Pieter Bruegels d. Ä.
Die niederländischen und flämischen Manieristen wie Bernard van Orley, Lucas van Leyden und Jan van Scorel kannten die Werke Michelangelos und Raffaels durch Kupferstiche. Darüber hinaus wirkte das Werk Albrecht Dürers als starkes Bindeglied zwischen der italienischen Renaissance und den niederländischen Stilrichtungen.
Französische Renaissance
In Frankreich setzten sich die von Italien ausgehenden Neuerungen in der Kunst erst allmählich durch. Erst im frühen 16. Jahrhundert tauchten Merkmale der Renaissancekunst in der Malerei auf, vermittelt durch italienische Künstler wie Leonardo da Vinci und Benvenuto Cellini, die am Hof von König Franz I. beschäftigt waren. Zu einem der Brennpunkte der französischen Renaissancekunst entwickelten sich die Arbeiten am Schloß Fontainebleau.
Deutsche Renaissance
Die Malerei in Deutschland konnte dank mehrerer Werkstätten von Rang in der Renaissance auf eine ruhmreiche Tradition zurückgreifen. Die deutsche Kunst orientierte sich noch lange an den Traditionen der Gotik. Der Maler Konrad Witz schuf mit seinem Bild Petri Fischzug[22] das erste europäische Landschaftsbild, das deutlich den Einfluß der zeitgenössischen flämischen Malerei zeigt. Die künstlerischen Neuerungen aus Italien wurden jedoch nur zögernd übernommen. Eine führende Rolle spielten deutsche Künstler auf dem Gebiet des Kupferstiches, der in dieser Zeit eine Blüte erlebte.
Mit dem Maler, Zeichner und Kupferstecher Albrecht Dürer, der seinen Einfluß besonders im Bereich der Graphik (Holzschnitt und Kupferstich) entfaltete, erreichte die deutsche Renaissancekunst den Anschluß an das italienische Vorbild. Seine Holzschnittzyklen, drei Fassungen der Großen Passion und das Marienleben, fanden Verbreitung in ganz Europa. Dürer unternahm ausgedehnte Reisen nach Italien (1494 und 1505-1507) sowie nach Flandern und in die Niederlande (1520 und 1521).
Wie viele seiner italienischen Zeitgenossen war er auch wissenschaftlich interessiert und als Kunsttheoretiker tätig. So verfaßte er u. a. das Werk Vier Bücher von menschlicher Proportion (nach seinem Tod veröffentlicht 1528). Berühmtheit über die Grenzen Deutschlands hinaus erlangte er durch seine Kupferstiche wie Ritter, Tod und Teufel (1513) und Melancholia I (1514), mehrere Selbstbildnisse und seine Altäre.
Besonders sein Spätwerk Vier Apostel[23], gemalt auf Doppeltafeln, zeichnet sich aus durch die Verbindung von italienischer Eleganz und intensiver Ausdruckskraft.
Während Dürer ganz den neuen Formen und Ideen Italiens zugewandt war, orientierte sich sein Zeitgenosse Matthias Grünewald an den künstlerischen Traditionen des Mittelalters. Mit seinem Isenheimer Altar[24], einem gewaltigen Polyptychon mit bemalten Flügeln und einem geschnitzten Mittelteil, schuf er eines der bedeutendsten Werke seiner Zeit.
Spanische Renaissance
In Spanien erreichten die Maler der Renaissance eigentlich nie Anschluß an die Renaissanceströmungen in Italien und Mitteleuropa, obwohl sie in ihrer Kunst sehr stark von diesen abhängig waren. Spanische Herrscher vertrauten bedeutende Auftragswerke häufig ausländischen Künstlern an. Im 16. Jahrhundert war Tizian der führende Maler am spanischen Hof, obwohl er dort niemals persönlich anwesend war. Alonso Berruguete, der bedeutendste spanische Bildhauer und Maler des 16. Jahrhunderts, arbeitete hauptsächlich in Valladolid. Der bedeutendste Vertreter des Spätmanierismus in Spanien war El Greco, ein Schüler Tintorettos. Erst 1563 entstand mit dem Palast El Escorial in der Nähe von Madrid die erste bedeutende spanische Renaissanceanlage.
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[1] französisch: Wiedergeburt, als Übersetzung des italienischen rinascità
[2] Ansicht einer Idealstadt, unbekannter Meister 16. Jahrhundert, Galleria Nazionale, Urbino
[3] Die Schule von Athen von Raffael, Fresko, 1508, Stanza della Segnatura, Vatikan
[4] Kreuzabnahme von Fra Angelico, um 1440, San Marco, Florenz
[5] Battista Sforza von Piero della Francesca, 1461-1466, Uffizien, Florenz
[6] um 1430-1435, Bargello, Florenz
[7] Cantoria, um 1443-1448, Museo dell’Opera del Duomo, Florenz
[8] um 1425, Santa Maria Novella, Florenz
[9] Uffizien, Florenz; National Gallery, London; Louvre, Paris
[10] Sir John Hawkwood, 1436, Dom, Florenz
[11] 1475, National Gallery, London
[12] 1488, Accademia, Venedig
[13] 1495-1497, Santa Maria delle Grazie, Mailand
[14] um 1505, Accademia, Venedig
[15] 1521, Pinacoteca Comunale, Volterra
[16] 1550, erweitert 1568, deutsch 1904-1916
[17] 1545-1554, Loggia dei Lanzi, Florenz
[18] Très Riches Heures, um 1416, Musée Condé, Chantilly
[19] vollendet 1432, Saint-Bavon, Gent
[20] 1434, National Gallery, London
[21] 1510 bis 1515, Prado, Madrid
[22] 1444, Musée d’Art et d’Histoire, Genf
[23] um 1526, Alte Pinakothek, München
[24] um 1512-1515, Musée d’Unterlinden, Colmar, Frankreich
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