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Die Ringparabel - Referat
Die sogenannte Ringparabel bildet einen zentralen Teil des Dramas Nathan der Weise, verfasst von Gotthold Ephraim Lessing. Doch was ist eine Parabel? Unter „Parabel“ versteht man eine lehrhafte Textsorte, welche durch den Leser entschlüsselt werden muss. Die Inhalte der Parabel wurden größtenteils vom Dichter Giovanni Boccacio übernommen, welcher die Idee der Parabel schon im 13. Jahrhundert nieder schrieb. Allerdings lassen sich ähnliche Ideen in den Werken Jans des Enikels und in der Gesta Romanorum, einer Sammlung von mittelalterlichen Texten, wieder finden.
Eine ähnliche Geschichte war zudem im 11. Jahrhundert auf der iberischen Halbinsel, Portugal, im Umlauf.
Bei allen Versionen der Parabel geht es um eine Familientradition, bei welcher ein Ring vom Vater an den liebsten Sohn weitergegeben wird. Dies bedeutet, dass jener Sohn das Erbe des Vaters für sich beanspruchen darf. Doch irgendwann erreicht diese Tradition in jedem Fall ein Ende, denn es gibt immer einen Vater, der all seine Söhne gleich mag und somit identische, unechte Ringe verteilt.
Im Werk Lessings ist die Parabel in abgeänderter Form im siebenten Auftritt des dritten Akts vorzufinden. Nathan wird hier zum Sultan gerufen und gefragt, welche der drei Weltreligionen nach Nathans Meinung die einzig wahre sei. Daraufhin antwortet Nathan mit der Ringparabel.
Deutung der Ringparabel
Die Geschichte hinter jener Ringparabel lässt sich schnell erläutern. Jedoch ist dieser Text auch als ein Gleichnis zu sehen, wodurch eine Deutung zulässt. Einzigartiges Merkmal einer jeden Parabel ist, dass man sie in eine Sach- und Bildebene unterteilen kann. Die Bildebene ist jenes, was direkt im Text dargestellt wird. Die Sachebene dahingegen erörtert das, was der Text wirklich meint.
Der Leser muss nun das „Tertium comparationis“ herausfinden, ein Element, das sich auf eine andere Situation übertragen lässt, welche wiederum die Sachebene darstellt.
Stellen wir uns nun ein Bild vor, in welchem der linke Ast die Bildebene bildet. Nun muss zwischen dieser Bildebene und der Sachebene das Tertium comparationis entdeckt werden, also der Punkt, der die beiden Ebenen miteinander verknüpft. Somit kann der Leser die Sachebene sehen und verstehen, also das, was wirklich mit der Parabel gemeint ist.
Übertragen wir dieses Bild auf die Parabel in dem Drama Nathan der Weise haben wir links die Geschichte vom Vater mit drei Söhnen, der allen einen Ring vererbt. Hier lässt sich ein Zusammenhang herstellen: Im Drama selber wird ist diese Parabel die Antwort Nathans auf die Frage, welcher der drei Weltreligionen die einzig wahre sei.
Jetzt lässt sich die Parabel so deuten, dass die drei Ringe für die drei Söhne die drei Weltreligionen darstellen, folglich Judentum, Christentum und Islam und der Vater für den liebenden Gott steht.
Die Söhne wären hier also Vertreter der Religionen und Nathan wäre der Richter, der keine Religion bevorzugen kann. Der Vater (Gott) liebt also alle Söhne (Menschen) gleich, vollkommen egal, welcher Ring (Religion).
Die Parabel in der literarischen Zeit der Aufklärung
Abschließend stellt sich noch die Frage, inwiefern die Ringparabel nach Gotthold Ephraim Lessing eine der Grundideen der literarischen Epoche der Aufklärung, die Idee von Toleranz, widerspiegelt. Der Philosoph Immanuel Kant formulierte die berühmte Phrase „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“. Dies stellt ein wesentliches Merkmal der Aufklärung dar: der Mensch soll eigen denken und handeln und sich nicht länger von Fremden leiten lassen.
Lessing greift nun in seinem Drama vor allem die religiöse Toleranz auf – hier wird auf vorurteilsfreies Denken und Handeln hingewiesen, dadurch, dass der Richter den Brüdern empfiehlt, ihrer vorurteilsfreien Liebe nachzugehen. Außerdem fordert er die Richtigkeit aller Ringe, stellvertretend für die drei Weltreligionen. Es geht um Toleranz der Religionen und natürlich ihrer Anhänger und Vertreter untereinander. Ein aufklärerischer und moderner Gedanke. Doch eines bleibt offen – welcher Ring ist nun der Richtige? Um das herauszufinden müssen die Brüder mit Sanftmut, herzlicher Verträglichkeit, Wohltun und innigster Ergebenheit in Gott agieren, denn nur diese Mittel sind rechtens. So wird also sogar eine Art religionsübergreifende Humanität an den Tag gelegt. Die eigene Religion soll gewürdigt und bekundet werden, aber im Umgang mit anderen Religionen wohlwollend, herzlich und sanftmütig diskutiert werden. Aufklärung ist hier abschließend, dass es gar keine „einzig wahre“ Religion gibt.
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