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Die Verwandlung von Franz Kafka - Referat
Heutzutage meinen viele, dass die körperliche Erscheinung viel über die inneren Gefühle verrät. So schminken sich beispielsweise viele Menschen, da sie das Gefühl haben, in der Gesellschaft nicht akzeptiert zu werden und sich nicht bewusst sind, dass allein ihre Persönlichkeit sie zu wervollen Menschen macht. “Die Verwandlung”, geschrieben von Franz Kafka und veröffentlicht im Jahr 1915 thematisiert die Existenzängste und die Entfremdung eines Einzelnen von sich selbst, sowie der Gesellschaft in Bezug auf die eigene psychische Gesundheit.
Das vorliegende Zitat von Christian Morgenstern erklärt den Körper als den “Übersetzer der Seele”. Inwiefern diese Idee auch auf Gregor Samsa, den Protagonisten “der Verwandlung” zutrifft, wird in Folgendem erörtert.
“Die Verwandlung” handelt von der plötzlichen Metamorphose Gregor Samsas in ein Ungeziefer. Samsas Familie, die auch vor der Verwandlung Gregors sich kaum um Gregor gekümmert hat, wendet sich immer mehr von ihm ab. Gregor, der immer nur für seinen Beruf unterwegs war und kein soziales Leben oder Zuwendung erlebt hat, kann nun nicht mehr zur Arbeit gehen und vereinsamt in seinem Zimmer, wo er letztendlich auch stirbt.
Gegen ein enges Verhältnis von Körper und Seele bei Gregor Samsa spricht sein Mangel an Appetit. Obwohl er sich nach seiner Verwandlung seine Schwester zu sich wünscht und sie sogar “nicht mehr aus seinem Zimmer lassen”(S.43) möchte, reagieren er und sein Körper nicht auf ihre Versuche, sich um ihn zu kümmern. Seine Schwester, die auch vor der Verwandlung seine engste Bezugsperson gewesen war und sogar weiß, dass Milch “sein Lieblingsgetränk war” (S.20), versucht ihm Speisen anzubieten und macht “Bemerkungen, die freundlich gemeint” (S.23) sind, doch trotzdem lässt Gregor “allmählich immer häufiger” (S.23) sein Essen stehen. Die Interaktionen Gregors mit seiner Schwester helfen ihm körperlich nicht, obwohl sie ihm seelisch eigentlich gut tun.
Ein Argument für dieses Verhältnis zwischen seinem Körper und seiner Seele ist jedoch die Abmagerung Gregors. Mit der Zeit wendet sich Gregors Familie immer mehr von ihm ab und es kommt sogar zu Gewalt, die körperliche Folgen hat. Der Vater Gregors, der schon immer streng und ungeduldig mit Gregor gewesen war und ihn “mit der Faust…mahnte” (S. 7 +S.34), sieht nur noch ein Ungeziefer, welches er mit Ӓpfeln bewerfen und mit einer Zeitung und einem Stock drängen kann (Vgl. S. 18). Gregor hat durch diese körperlichen und seelischen Wunden “an Beweglichkeit wahrscheinlich für immer verloren” (S.35) und verbringt “Nächte und Tage […] fast ganz ohne Schlaf” (S.35). Er leidet nicht nur an Schlaflosigkeit, sondern, wie zuvor beschrieben, an Appetitlosigkeit, dadurch, dass er unter der Gewalt seines Vaters und der “Wut über die schlechte Wartung” (S.38) seines Zimmers leidet. Die erlebte Gewalt und die Vernachlässigung durch seine Schwester führen bei ihm zu einer inneren Unruhe, die sich wiederum auf seinen Körper auswirken (Vgl. S.38 – 40). So ist sein “Körper vollständig flach und trocken” (S.48).
Diese “Übersetzung der Seele” durch den eigenen Körper findet bei Gregor aber nicht immer statt. Ein Argument gegen diese Verbindung ist, dass Gregor sich nicht zurückverwandelt. Obwohl Gregor durch die anfängliche Wartung seines Zimmers durch seine Schwester und das Erscheinen seiner Mutter fröhlich gestimmt ist und Zuwendung bekommt, verändert sich nichts an seinem Körper (Vgl. S.29). So fängt er nicht etwa an wieder normal zu sprechen, sondern behält “eine Tierstimme” (S. 13). Er scheint nicht wieder menschlicher zu werden. Auch als er “trotz seiner gegenwärtigen traurigen und ekelhaften Gestalt [wieder als] Familienmitglied” (S.35) anerkannt wird und “einen seiner Meinung nach vollständig genügenden Ersatz” (S.35) dafür bekommt, dass er durch den Vater verwundet wurde, ändern sich seine körperliche Erscheinung und seine Gesundheit nicht. Er freut sich zwar wieder an den Familiengesprächen teil zu haben, wenn auch nur von seinem Zimmer aus, doch “die Wunde im Rücken fing […] wie neu zu schmerzen an” (S.37). Selbst wenn es seiner Seele ein wenig besser geht, verschlechtert sich sein körperlicher Zustand nur.
Gregors Körper scheint seine tiefen Gefühle aber durch diese gesamte plötzliche Verwandlung in ein Ungeziefer zu widerspiegeln. Samsa ist nie von seiner Verwandlung überrascht. Stattdessen überlegt er weiterzuschlafen “und alle Narrheiten” (S.5) zu vergessen. Er regt sich nicht über seinen körperlichen Zustand auf, sondern über “einen anstregenden Beruf” (S.5) und die “Plage des Reisens” (S.5). Der Lese erfährt, dass Gregor schon vor der Metamorphose unregelmäßig und schlecht gegessen hat und einen “nie herzlich werdend[en] menschlich[en] Verkehr” (S.5) erlebt hat. Gregor hat außerdem Angst, dass der Prokurist seinen Eltern “wegen des faulen Sohnes Vorwürfe” (S.7) machen würde. Er hat also vor der Verwandlung Stress in seinem Beruf, den er nur wegen der Versorgung der Familie behält, erfahren. Außerdem scheint er sich kaum mit anderen zu treffen, es sei denn es ist für die Arbeit. Auch scheint er sich nicht seinem eigennen Wert bewusst zu sein. Dadurch, dass andere Reisende “wie Haremsfrauen” (S.6) leben, verschlechtert sich dieses Selbstwertgefühl noch mehr. Er versucht zwar, mit einem Blick aus dem Fenster, sich ein “wenig Zuversicht und Munterkeit zu holen” (S.9), doch das Wetter macht ihn nur melancholisch (Vgl. S.5). Die Verwandlung von Gregors Körper in ein Ungeziefer scheint also als der Höhepunkt seiner gesammelten negative Gefühle zu deuten zu sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die psychische Disposition Gregors durch seine Verwandlung in ein Ungeziefer zu erkennen ist und eine Verbindung zwischen seiner Seele und seiner körperlichen Erscheinung und Gesundheit besteht. Diese Verbindung scheint bei Gregor jedoch nur bei einer negative seelischen Disposition zu finden zu sein. Das könnte daran liegen, dass Gregors mentale Gesundheit oder seine Gefühle schon den Punkt erreicht haben, an dem es kein Zurück mehr gibt, sondern nur noch eine Verzögerung eines totalen Zusammenbruchs. Meiner Meinung nach, wird der Zustand der Seele eines Menschen wirklich durch den Körper widerspiegelt, wenn auch nicht durch die Verwandlung in ein Ungeziefer, sondern durch Hygiene oder Krankheit.
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