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Gedichtvergleich Goethes Mignon und Eichendorffs Täuschung - Referat



Gedichtvergleich „Mignon“ von Johann Wolfgang von Goethe und „Täuschung“ von Joseph von Eichendorff

„Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh´n (…)" ist ein häufig verwendetes Zitat, das in Verbindung mit Goethe und seiner Affinität zu Italien gerne verwendet wird. Doch er war nicht der Einzige, der sich für dieses mediterrane Land begeisterte, auch wenn es so scheint, als würde Goethe allen vorangehen: Joseph von Eichendorffs „Täuschung" setzt Italien ebenfalls in den Fokus.
„Mignon" wurde 1795 von Johann Wolfgang von Goethe veröffentlicht und lässt sich der literarischen Epoche der Weimarer Klassik zuordnen.
Das bereits genannte Werk von Eichendorff hingegen stammt aus der Romantik und wurde 1841 veröffentlicht.
Beide Texte befassen sich sowohl mit Italien als auch mit dem Reisen und der Sehnsucht nach einem bestimmten Ziel.
Das jeweilige lyrische Ich jedoch unterscheidet sich stark vom anderen: Mignon adressiert mit Imperativen eine Person, die für sie sowohl Vaterfigur und Beschützer als auch Geliebter ist, mit dem sie nach Italien ihrer jetzigen Situation entfliehen möchte. Das lyrische Ich des Gedichtes „Täuschung" hingegen scheint einen surrealen Traum zu haben, in welchem er sich in Italien befindet und dessen Hauptstadt als Reiseziel hat.
Das Gedicht „Mignon" besteht aus drei Strophen, die jeweils sechs Zeilen umfassen, wobei die fünfte Zeile aus zwei Halbversen besteht. Diese sind überwiegend im Paarreim verfasst, lediglich die wiederholte Frage „Kennst du es/ihn wohl?" (V.11, 18) passt nicht in das Reimschema. Außerdem ist das Metrum durchgängig jambisch.
„Täuschung" hingegen weist einen Kreuzreim auf, der sich bis auf Vers 1 und 3 regelmäßig durch den Text zieht. Dieser setzt sich aus zwei Strophen zusammen, die erste enthält acht Verse, die zweite zwölf.
Bleiben wir zunächst einmal bei der äußeren Form: Beide Gedichte weisen Anaphern auf, bei „Mignon“ als ganze Wörter am Versanfang („Kennst du (…)“ V.1,7,11,14,18), bei „Täuschung“ nur in schwacher Form als Anfangsbuchstaben (vgl. V.2,3,4 und V.18,19). Bei beiden Texten hat dieses Stilmittel die Wirkung der Untermalung dieser Stellen, was gerade in der Lyrik interessant einzusetzen ist, da bereits durch Reimschemen das Mittel der Repetition genutzt wird und Anaphern denselben Effekt innehaben. Diese Verse bleiben somit besser im Gedächtnis, da sie aus den anderen herausstechen.
Weitere gemeinsame Gestaltungsmittel der beiden Gedichte sind Ausrufe und rhetorische Fragen, die besonders bei „Mignon“ häufig auftreten (vgl. V.5,12,19,20 Ausrufe, V. 7,10,11,14,18 rhetorische Fragen). „Täuschung“ weist weniger dieser Mittel auf, nämlich nur zwei Ausrufe (vgl. V.8,16) und eine rhetorische Frage (vgl. V.14), dafür aber zwei Gedankenstriche (vgl. V.7,19), welche zwei inhaltlich unterschiedliche Verse zu einem Gedankengang verbinden. Die Ausrufe machen das jeweilige Gedicht lebendiger, vermitteln mehr den Eindruck eines aktiven, emotionalen lyrischen Ichs und lassen die Wirkung einer wörtlichen Rede ohne Anführungszeichen zu. Ähnlich ist es bei den rhetorischen Fragen, die jedoch zusätzlich den Leser zum Nachdenken über eine mögliche Antwort anregen und somit die Aufmerksamkeit aufrechterhalten.
Stilmittel, die „Täuschung“ nicht beinhaltet, anders als „Mignon“, sind zum Beispiel eine Antithese und eine Metapher. Die Gegensätzlichkeit befindet sich in Vers 2, wo das „dunkle(n) Laub“ einen Kontrast zu den „Goldorangen“ darstellt, die zudem auch noch glühen.
Die Metapher verbirgt sich in der dritten Strophe, in der durch verschiedene Ausdrücke ein Vulkan beschrieben wird. So steht des „Drachen alte Brut“ (V.16) für die Lava, die in den Berghöhlen „wohnt“. Der nächste Vers beschreibt hier den Ausbruch des Vulkans und die „Flut“ (V.17) der Lava. Folglich steht der Drache, beziehungsweise seine Brut, metaphorisch für den Vulkan und dessen geschmolzenes Gestein.
Die genannten Stilmittel beinhalten zusätzlich eine weitere Funktion, denn sie weisen auf die jeweilige Untergattung der Texte hin: Bei „Täuschung“ handelt es sich um ein einfaches Gedicht der Romantik, das literarische Werk „Mignon“ hingegen ist ursprünglich als Volkslied und nicht zum bloßen Lesen verfasst worden, was man gut an den Ausrufen und rhetorischen Fragen erkennen kann. Zudem ist die Sprache einfach und für jeden verständlich gehalten, wie auch generell die äußere Form der drei einprägsamen Strophen. Vor allem aber kann man die Intention eines Liedes durch den Refrain erkennen, der jeweils aus den letzten drei Versen der Strophe besteht.
Betrachten wir nun den Inhalt der Werke. Wie bereits zu Beginn erwähnt, steht Italien im Fokus beider Gedichte.
In „Täuschung“ werden dem Leser einige Hinweise gegeben, die darauf schließen lassen, dass sich das lyrische Ich (in seinem Traum) in Italien befindet. Zum Beispiel wird der Tiber genannt (vgl. V.4), welcher in Italien und zudem durch Rom fließt. Zusätzlich werden „Trümmer“ (V.5) und „Paläste“ (V.6) genannt, die auf die Antike schließen lassen, von der größtenteils nur noch Ruinen übriggeblieben sind. Letztendlich sind diese Vermutungen jedoch belanglos, da direkt genannt wird, um welches Land es sich hier handelt („Welschland“ V.8), auch die Hauptstadt wird beim Namen genannt („Rom“ V.14).
Bei dem Volkslied hingegen kann man nur durch die Beschreibungen auf Italien schließen: Zum einen gibt die Vegetation uns klare Hinweise, da „Zitronen“ (V.1), „Orangen“ (V.2), „Myrte“ und „Lorbeer“ (V.4) alle zusammen nur im mediterranen Raum wild wachsen. Das genaue Land jedoch lässt sich durch Beschreibungen antiker Ruinen identifizieren, wie zum Beispiel das Haus mit Säulen (vgl. V.7), das einen römischen Tempel erinnert. Auch die Kunst der alten Römer wird angesprochen, da von alten Marmorstatuen (vgl. V.9) die Rede ist, die zur Zeit der Antike geschaffen wurden. Zu guter Letzt ist auch der in der dritten Strophe angesprochene Vulkan ein Indiz, da Italien 12 dieser feuerspuckenden Berge besitzt und zudem als das „Vulkanland“ Europas gilt.
Betrachtet man weiterhin die Beschreibung Italiens, bekommt man auch Informationen über das Wetter: In Mignons Vorstellung von Italien ist vermutlich gerade Frühling oder Sommer („sanfter Wind vom blauen Himmel“ V.3) und das Wetter scheint warm zu sein, da die Zitronen bereits blühen (vgl. V.1).
Alles in allem scheint ihre Vorstellung sehr idyllisch und detailliert zu sein, auch wenn nicht sicher ist, ob sie jemals in Italien war.
Auch bei Täuschung befindet sich das lyrische Ich nicht direkt vor Ort, sondern träumt nur von diesem Aufenthaltsort (vgl. V.20). In seiner/ihrer Vorstellung ist es zu Beginn Nacht (vgl. V.2,7,9), woraufhin die Sonne aufgeht (vgl. V.9,10,13). Dieser Sonnenaufgang könnte für eine Art Neubeginn und neue Pläne stehen, eventuell sogar für eine Reise in das geliebte Italien, der Wunsch, nach Rom zu gelangen wird schließlich bereits in einem Traum sehr deutlich (vgl. V.8).
Das lyrische Ich eben dieses Gedichtes „Täuschung“ lässt sich gut anhand des Textes charakterisieren. Zunächst einmal kann man davon ausgehen, dass es ein Mann ist, da er an der Winzerin gefallen findet (vgl. V.17-19) und Eichendorff vermutlich eher nicht aus Sicht einer homosexuellen Frau schreibt.
Wie bereits beschrieben, ist das lyrische Ich sehnsüchtig nach Italien, da er von diesem träumt und es anschaulich, nicht negativ beschreibt (vgl. V.8). Auch die Frage, die er dem Hirten stellt, lässt darauf schließen, wie dringend er nach Rom will (vgl. V.14), am besten noch am selben Tag, der
gerade begonnen hat.
Dieser Hirte, der mit ihm spricht, ist außerdem ein Indiz dafür, dass es sich um einen Traum handeln könnte, ohne den letzten Vers gelesen zu haben: „Einen Hirten sah ich hangen / Am Fels der Einsamkeit“ (V.11f) klingt bereits sehr surreal. Auch, dass er einsam sein soll, macht nicht viel Sinn, da man sich Hirten normalerweise in Begleitung von Herdentieren oder zumindest einem Hund vorstellt. Folglich lässt sich eher darauf schließen, dass dessen Aussage dem Leser mittels des Unterbewusstseins Informationen über das lyrische Ich preisgibt. Er scheint ihn nämlich für dumm zu halten (vgl. V.16), da er innerhalb eines Tages in Rom sein möchte. Somit verkörpert der Hirte die Vernunft des lyrischen Ichs, die ihn von einer Italienreise zurückhält. Dies lässt einen interessanten Einblick in die Realität, beziehungsweise in das Leben außerhalb der Träume des lyrischen Ichs, zu, welches wohl nicht so erfüllend sein kann, wenn er sich nach der Ferne sehnt, um alles zurückzulassen.
Die benannte Winzerin verkörpert in diesem Fall die Liebe, die auf ihn wartet, oder die er sich zumindest ersehnt, da auch sie eine wichtige Rolle in seinem Traum spielt.
Entscheidend für seine Charakterisierung ist hier der letzte Vers, der dem Leser bestätigt, dass es ich lediglich um einen Traum handelt (vgl. V.20). Im Zusammenhang hierzu muss man allerdings auch den vorletzten Vers betrachten, da beide mit einem Gedankenstrich verbunden sind. Das lyrische Ich denkt: „Mir aber ging´s Herze über - / Es war ja alles nur ein Traum“, was wie eine Rechtfertigung oder Erlaubnis klingt, für die Winzerin zu schwärmen. Mit diesem Hintergrund kann man auch vermuten, dass eben diese für Italien stehen könnte, da man Wein bekanntlich auch mit diesem Land verbinden kann und dieser für Genuss und Versuchung steht.
Auch bei dem Gedicht „Mignon“ ist das Motiv der Liebe, neben Italien, ein zentrales Thema.
Mignon ist eine junge Frau/ Mädchen, die eine Figur des Romans „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ von Goethe ist und aus Italien stammt. Sie ist Mitglied eines Zirkusses, lernt den Protagonisten kennen und verliebt sich in ihn. Zugleich sieht sie aber auch aufgrund eines Vaterkomplexes eine Art Beschützer und Vaterfigur in ihm, was im Refrain des Volksliedes klar wird (vgl. V.6,13,20).
Eine Anspielung auf ihre leidvolle Vergangenheit, die in dem Roman beschrieben wird, ist auch hier vorhanden: In einer Art Perspektivwechsel springt das lyrische Ich von Mignon für einen Vers zu Goethe, der sich durch die Marmorstatuen an das Mädchen erinnert fühlt und sich fragt, was ihr angetan wurde (vgl. V.10). Danach „spricht“ wieder Mignon im Refrain.
Die Figur der jungen Frau steckt, wie auch das lyrische Ich des Gedichtes „Täuschung“ voller Sehnsucht, die hier besonders durch die Ausrufe und den sich wiederholenden Refrain deutlich wird. Es scheint ihr tiefster Wunsch zu sein, nach Italien zu reisen und zudem eine Art Erlösung von ihrem bisherigen Leben zu erfahren. Das Reisen ist somit ihre einzige Hoffnung, ja, vielleicht sogar Rettung.
Das Motiv des Reisens ist in beiden Gedichten äußerst prägnant und gehört zu der Sehnsucht nach Italien dazu.
Für Mignon ist es wie bereits oben beschrieben, das Einzige, was sie sich wünscht, neben einer gemeinsamen Zukunft mit Goethe.
Auf die Hintergründe dieses Verlangens lässt sich allerdings auch biografisch zurückschließen, da auch der Schriftsteller von Italien besessen war und häufig auf Reisen ging.
Bei „Täuschung“ sind die Hintergründe der gewünschten Reise jedoch keine Flucht, sondern lediglich das Sehnen nach dem schönen Land und was es zu bieten hat. Allerdings scheint dieser Wunsch dennoch für ihn wichtig und präsent zu sein, da er ihn sogar bis in seine Träume verfolgt.
Die Titel der beiden Gedichte sind jeweils passend und einfach gewählt: „Mignon“ ist schlichtweg das lyrische Ich und „Täuschung“ steht für den Traum und die Vortäuschung der Realität.
Zusammengefasst ähneln sich die Gedichte „Mignon“ und „Täuschung“ durch die Wahl der zentralen Motive und weniger Stilmittel zwar, allerdings weisen sie aber auch eine Vielzahl an Unterschieden auf.
Das jeweilige lyrische Ich hat sehr unterschiedliche Hintergründe für die Sehnsucht nach Italien, die Zentral über allem steht. Es wird bei beiden sehr idyllisch beschrieben und der Wunsch, die Reise zu starten, scheint übermächtig zu sein.
Doch trotz der angedeuteten Zukunftspläne scheint dennoch hindurch, dass sie wohl nie dort ankommen werden. Durch Goethes Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ ist bereits bekannt, dass Mignon an einem gebrochenen Herzen sterben wird, ohne ihr Ziel je erblickt zu haben. Außerdem lässt die Tatsache, dass das lyrische Ich von „Täuschung“ alles nur träumt, darauf schließen, dass er diese Reise vermutlich nie antreten wird.
Beide Charaktere sind nicht zufrieden mit ihrer jetzigen Situation und ihr Wunsch, dieser zu entfliehen, zeigt vermutlich nur, dass sie nicht in der Lage sind, sich dieser zu stellen oder andere Lösungsansätze zu finden, als das Land zu verlassen.
Die beiden Gedichte im Vergleich liefern uns, obwohl sie aus verschiedenen Epochen stammen, eine gute Einschätzung über die Motive des Reisens und der Liebe durch die Jahrzehnte hinweg, die wohl immer sehr präsent waren und sein werden.
„Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh´n (…)" sind die ersten Worte eines sehr bekannten Volksliedes von Johann Wolfgang von Goethe, erschienen im Jahre 1795. Aus der Sicht des lyrischen Ichs Mignon beschäftigt es sich mit dem Thema Reisen und auch mit der Liebe. Die Bekanntheit dieses Gedichtes stellt so manch andere in den Schatten, die sich ebenfalls mit diesen Motiven beschäftigen, wie „Täuschung“ von Joseph von Eichendorff, veröffentlicht im Jahre 1841.
Wie zu Beginn vermutet, sieht Mignon in der von ihr adressierten und geliebten Person drei verschiedene Funktionen, die des Geliebten, des Beschützers und letztendlich des Vaters.
Auch bei „Täuschung“ handelt es sich wie geahnt um eine Traum, der so in der Realität des lyrischen Ichs nicht stattfinden würde.
Folglich unterscheiden sich die lyrischen Ichs stark voneinander und bilden in einer gemeinsamen Betrachtung einen interessanten Kontrast im Rahmen der selben Themen.




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