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Hartmann von Aue, Der arme Heinrich - Referat



HARTMANN VON AUE, DER ARME HEINRICH

Leben des Dichters

Über das Leben von Hartmann von Aue ist bislang nur sehr wenig bekannt. Da keine Urkunde wirklich die Existenz des Dichters nachweist, beruht auch das Wenige, was man weiß, auf seinen eigenen Werken und der einiger Zeitgenossen z.B. Gottfried von Straßburg.
Hartmann von Aue wurde um 1160 im alemannischen Raum, wahrscheinlich im heu-tigen Eglisau bei Schaffhausen (Schweiz), geboren. Er hebt in seinem Werk „Der arme Heinrich“ vor allem seinen Bildungsgrad hervor. Er konnte Lesen und Schrei-ben, das heißt, er muss in einer Klosterschule, vielleicht in der von Reichenau, eine geistliche Erziehung genossen haben. Er wurde Ministeriale des Herren von Aue der ihn später auch zum Ritter erhob. Nach dem Tod seines Dienstherren (um 1180) nahm er an einem der zwei Kreuzzüge, entweder dem von Barbarossa (1189-91) oder von Heinrich VI. teil. Er starb um 1220.


Werke nach Gattungen geordnet

Minnesang:
Ø Die Klage (ca.1185)
Legenden:
Ø Gregorius (1190)
Novellen:
Ø Der arme Heinrich (ca. 1195)
Epen:
Ø Erec (1190)
Ø Iwein (1205)

18 Minnelieder


Charakterisierung des Dichters im Allgemeinen

Der Dichter Hartmann von Aue ist ein Beispiel für einen Autor, der unter dem Einfluss der Zeitgeschichte steht. Seine zahlreichen Kreuzzugslieder und Minnelieder bringen dies zur Geltung. Des Weiteren ist anzunehmen, dass ihm sein Herr, der Herr von Aue, sehr am Herzen lag, denn dessen Tod wurde zum Schlüsselerlebnis für Hart-mann. Er schrieb ihm zu Ehren als Requiem das Buch „Der arme Heinrich“.

Entstehung des Werkes

„Der arme Heinrich“ ist das am schlechtesten überlieferte Werk Hartmanns von Aue, da es teilweise beim Brand von Straßburg (1870) verbrannte. Es wurden drei kom-plette Handschriften und zwei Bruchstücke gefunden.
Die Datierungsfrage ist sehr schwierig, denn sie hängt von der Interpretation eines Satzes ab:

und lebt mîn herre Salatîn und al sîn her
dienbraehten mich von Vranken niemer einer fouz
Und lebte mein Herr – Salatîn und sein ganzes Heer
Brächten mich keinen Fußbreit aus dem Frankenreich fort.
(Des Minnesangs Frühling 218 13-20)

Hier wird davon ausgegangen, dass Salatîn (gestorben 1193) bereits tot ist. Das heißt, es kann nur der Kreuzzug von Heinrich VI. (1197-98) gemeint sein. Der Kon-junktiv irrealis bezieht sich hier auf ‚Monsieur’ Salatîn.
In der Interpretation von Hermann Paul jedoch heißt es:
Lebte mein Herr noch dann könnten mich Salatîn und sein Herr nicht bewegen.
Da bezieht sich der Konjunktiv irrealis nicht auf ‚Monsieur’ Salatîn, sondern auf den Herren von Aue. Das würde heißen, Salatîn würde noch leben. Da käme nur der Barbarossakreuzzug (1986-91) in Frage, da Salatîn 1193 starb.
Man geht davon aus, dass die zweite Interpretation richtig ist. Das heißt, der „Arme Heinrich“ wurde nach dem Barbarossakreuzzug um 1195 geschrieben.
Die Quellenfrage ist bislang ungelöst. Literaturforscher vermuten aber, dass eine la-teinische Legendensammlung die Vorlage ist, denn diese war im Besitz der Herren von Aue.
Aus Seelennot schrieb Hartmann von Aue diese kurze Legende als Requiem seines Herrn.


Inhalt

Der angesehene und gebildete Lehnsmann Hartmann von der Aue genoss das Leben in vollen Zügen. Das war der Grund für Gottes Verschmähung und er wurde krank. Die Menschen wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben, so befragte er einen Meister nach einer Heilungsmethode. Die einzige Möglichkeit, ihn von seinem Leiden zu befreien, war eine Jungfrau, die ihn so liebte, um für ihn zu sterben. Er verschenkte seinen ganzen Besitz und zog sich zu einem seiner untertänigen Bauern zurück. Der Bauer und seine Familie pflegten ihn sehr gut, die achtjährige Tochter wich ihm nicht mehr von der Seite. Nach drei langen Jahren scheint Heinrichs Ende gekommen zu sein und das Mädchen beschließt nach langen Überlegungen für ihn zu sterben.
Schließlich willigen alle ein, worüber das Mädchen von Herzen froh ist. Der arme
Heinrich und das Mädchen fahren zu dem besagten Meister. Nach langer Befragung des Mädchens willigt schließlich auch der Meister ein. Als das Mädchen bereits nackt am Tisch gefesselt liegt, kann der arme Heinrich das Geräusch der Vorbereitungen nicht länger ertragen und stoppt den Vorgang. Darüber wird das Mädchen sehr wütend und weint. Durch beider Selbstlosigkeit haben sie nun aber Gottes Probe be-standen und werden von ihrem Leiden geheilt. Das Mädchen behandelt der arme Heinrich wie seine Braut und die Weisen raten ihm, sie zu heiraten, was er schließlich auch tut. Nach ihrem Tod lebten sie in Gottes Reich weiter.


Personencharakteristik

Die Meierstochter:
Die Jungfrau, die den armen Heinrich von seinem Aussatz befreien kann, ist die achtjährige Tochter des Bauern, zu dem sich der arme Heinrich zurückgezogen hat. Obwohl alle anderen Bewohner des Dorfes versuchen, Heinrich auszuweichen, folgt sie ihrem Herrn, was immer er auch tut. Sie entscheidet sich selbst, für ihren gelieb-ten Herrn zu sterben und sieht ihre Tat als Märtyrertat. Das namenlose Mädchen wird auch als sehr treu beschrieben, auch aber als liebenswürdig, willensstark und gläubig. Sie fühlt sich innig mit ihrem Herrn verbunden und fühlt sich von Gott aufge-rufen, sich des armen Heinrichs zu erbarmen. Die Beweggründe dafür, dass sie sich für ihren Herrn opfern will, sind einerseits eben diese starke Verbundenheit zu Heinrich, andererseits das Wohl ihrer Familie, deren Leben ohne die Unterstützung eines so großzügigen Herrn wohl sehr viel schwerer wäre, und außerdem ihr eigenes See-lenheil. Sie steht zu ihrer Entscheidung, auch als ihr Herr sich darin noch unsicher ist. Ihre starke Überzeugung, für Heinrich sterben zu wollen, sieht man an ihrer Re-aktion nach der Reise nach Salerno. Sie ist zutiefst betrübt weil sie nicht für ihren Herrn sterben konnte. Ihr Denken und Handeln könnte „in jeder Vita einer heiligen Jungfrau stehen.“ Nur die Gründe, die sie zu ihrer Tat veranlassen, sind nicht die einer Heiligen. „Die Mitleidstaten der Heiligen gelten nie der Person, sondern dem Typus: dem Armen, dem Kranken, dem Besessenen“. Die Tat der Meierstochter ist aber auf die enge Verbundenheit mit einem Individuum zurückzuführen.


Der arme Heinrich:
Hartmann stellt Heinrich, einer der beiden Hauptcharaktere in „Der arme Heinrich“, gleich zu Beginn als eine typischen höfischen Ritter dar. Ein ritterlich-höfischer Mensch musste einige Voraussetzungen erfüllen. Diese Merkmale treffen auf Hein-rich sehr genau zu. Zum einen musste ein Ritter in der höfischen Kultur von adeliger Herkunft sein, Besitz (‚richheit’) haben und auch äußerlichen Ansprüchen genügen. Alle diese äußerlichen Merkmale treffen auf Heinrich zu, auch wenn von seiner Schönheit am Anfang nichts wörtlich erwähnt wird. Liest man allerdings den Schluss, so wird des Ritters Schönheit bei der Heilung wiederhergestellt, was darauf schließen lässt, dass Heinrich auch schon vor seiner Krankheit mit gutem Aussehen be-schenkt war. Außer den äußeren Bedingungen musste ein Ritter auch noch innere Qualitäten aufweisen können, so zum Beispiel Treue, Güte, Zucht und Feinheit, worauf Hartmann in den ersten Seiten eingeht.
Heinrich führt also ein edles Leben, bis er vom Aussatz befallen wird. Er glaubt, Gottes Gnade zu bekommen, indem er all seinen Besitz verschenkte und sich zu einem seiner Pächter zurückzöge. Er lebt ein sparsames Leben und hofft auf seine Heilung. Den eigentlichen Grund für seine Krankheit hat Heinrich zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht verstanden. Erst, als er das Mädchen als seine Retterin
nackt an einem Tisch gefesselt sieht, wird ihm klar, dass es nicht seine Aufgabe ist, Opfer für sein Überleben anzunehmen, sondern sein Herz für Gott opfern sollte und so, nur durch das Vertrauen auf Gottes Gnade, die Heilung von seiner Krankheit erlangen kann.


Interpretationsversuch

Die Novelle vom Armen Heinrich wurde von dem mittelalterlichen Autor Hartmann von Aue verfasst. Im Vergleich zu Hartmanns anderen Werken ist „der arme Hein-rich“ mit knapp 1500 Versen mit Abstand das kürzeste. Meiner Meinung nach möchte der Autor mit dieser Novelle erstens seine sehr große Verbundenheit zu seinem Herren, dessen Tode zum Schlüsselerlebnis Hartmanns wurde, zur Geltung bringen. Eigenen Angaben zur Folge schrieb er dieses Werk auch als Requiem für seinen damals bereits toten Herren.
Außerdem glaube ich war Hartmann von Aue überzeugt davon, dass Gottes Gnade auch rein durch den Willen guten Handelns zu erlangen ist.
Die Sätze sind eher länger, jedoch gut verständlich und nicht verworren. Die Wortwahl gestaltet der Autor ebenfalls eher einfach und durchaus gut zu verstehen. Das Werk im Allgemeinen sagt mir sehr zu. Es war für mich gut verständlich und kurzweilig.


Stil, Sprache

Stil:

"Ahi, wie der diu maere beid uzen unde innen mit worten und mit sinnen durchverwet und durchziert! wie er mit rede figieret der aventiure meine! wie luter und wie reine siniu cristallien wortelin
beidiu sint und iemer müezen sin! si koment den man mit siten an, si tuont sich nahen zuo dem man Und liebent rehtem muote."

(Gottfried von Straßburg: Tristan)


"Ja, wie der seine Geschichten sowohl formal wie inhaltlich mit Worten und Gedanken völlig ausschmückt und ver-ziert! Wie er mit seiner Sprache den Sinn der Erzählung ausformt! Wie klar und wie durchsichtig rein seine kristal-lenen Worte sind und immer sein wer-den! Mit edlem Anstand nahen sie dem Leser und gefallen allen, die rechten Geistes sind."

Diese Verse werden von der Forschung häufig zitiert, sie gelten weithin als Beschreibung von Hartmanns Stil. Um seine Art zu verstehen sollte man vor allem aber auchdie Geschmeidigkeit seiner Sprache, die überlegte und gleichvoll sparsame Einsetzung rhetorischer Schmuckfiguren und die Klarheit der Darstellung in seinen Werken erwähnen.

Sprache:
„Der arme Heinrich“ ist wie beinahe jede epische Dichtung des Mittelalters eine Versdichtung und ist ähnlich wie der höfische Roman in vierhebigen Reimpaarversen geschrieben. Ein Beispiel wäre dafür Vers zwei:
dáz er án den búochen lás
Ausnahmen gibt es vor allem am Anfang und am Schluss. Natürlich kann man den Reimpaarvers nur noch in der mittelhochdeutschen Originalfassung nachvollziehen, da jegliche Übersetzung der Reimpaarverse ins Neuhochdeutsche auf Grund unse-res heute anderem ästhetischen Empfindens unmöglich ist.
Was die Wortwahl angeht, befinden sich im armen Heinrich sehr viele abstrakte Begriffe, was sich aus seiner religiösen Thematik erklären lässt. Im Vergleich zu Gottfrieds Melodie in der Sprache und Wolframs komplizierten Wortprägungen jedoch wirkt Hartmanns Sprache eher klar, ausgewogen, einfach und objektiv.


Gattung

„Der arme Heinrich“ wird heute oft als Legende eingestuft. Legenden geben aber ur-sprünglich („legenda“) „wichtige Stellen aus dem Leben eines Heiligen“ wieder, also Erzählungen aus dem Leben von Christus, Maria, den Aposteln und den Märtyrern. Hartmann hat aber – auch wenn man den Begriff „Märtyrer“ auf alle Heiligen erweitert - nur eine Legende verfasst, nämlich die des ‚Gregorius’. Der Schluss von „Der arme Heinrich“ gestaltet sich außerdem märchenhaft: Das gute Mädchen wird für ihre gu-ten Taten belohnt und sowohl sie als auch Heinrich werden von ihren Qualen befreit. Trotzdem treffen die Kennzeichen einer Novelle am besten zu. Zunächst ist die geringe Anzahl an Handlungspersonen typisch für die Novelle. Außerdem ändern sich die Personen nicht wesentlich (die einzige Änderung ist am Anfang der Novelle gegeben, ausgelöst durch die Krankheit Heinrichs, die aber im Grunde nur zum eigentlichen Geschehen hinleitet). Das markanteste Merkmal ist aber der so genannte „Falke“. Ihn stellt im „Armen Heinrich" der unvorhersehbare Wendepunkt dar. Das Mäd-chen muss sich nicht opfern, trotzdem werden beide Hauptcharaktere geheilt.


Wirkung

Auf den Leser:
Das ganze Buch hindurch hatte ich das Gefühl, mich an einem Leitfaden durch die verschiedenen Phasen des Buches zu bewegen. Den Leitfaden stellt Heinrichs
Krankheit dar, ihre Entstehung, Entwicklung und Heilung. Die erste Phase ist dieHeinrichs. Die zweite der Gewissenskampf der Tochter, in dem Heinrich eher in den Hintergrund rückt. Die letzte Phase ist schließlich die Heilung der Krankheit. Die Wirkung der Meierstochter war durch ihre starke Überzeugung und Willenskraft eine sehr beeindruckende. Durch die Bindung zu ihrem Herrn war die Entscheidung des Mädchens für mich jedoch vorherzusehen. Auf die heutige Welt übertragen währe ein solches Handeln oder Denken aber wahrscheinlich unrealistisch.

Auf die Mit- und Nachwelt:
Schon an der Zahl der Überlieferungen wird sichtbar, dass die Nachwelt – nicht so wie die Mitwelt – Hartmann von Aues Werk liebt wie keine andere deutsche Dichtung der höfischen Spielart des Mittelalters: Adalbert von Chamisso schrieb eine Ballade, Longfellow bezog den „Armen Heinrich“ mit in ein in seine „Golden Legend“, Hans Pfitzner gestaltete eine Oper mit Hartmanns Stoff und Gerhart Hauptmann verarbeitete das Buch zu einem Drama.


Epochencharakterisierung

Im Hochmittelalter allgemein spielte Gott und die Kirche eine große Rolle für die erzählende Literatur. Auch im „Armen Heinrich“ geht alles von Gott aus. Das Aussatz-motiv stellt beispielsweise dar, dass Heinrich sein Leben nicht Gott und der Kirche widmete.

Ungewöhnlich ist, dass man in „Der arme Heinrich“ vom Äußeren Heinrichs und des Mädchens nichts erfährt, außer dass sie „schön“ sind beziehungsweise waren. Auch Beschreibungen des Gewandes oder anderer Menschen fehlen völlig, obwohl Be-schreibungen eine große und wichtige Rolle in der höfischen Dichtung spielten.

Querverbindungen

Das Aussatzmotiv, das Leben, welches nicht auf Gott ausgerichtet war, sondern auf weltliche Ebene, regt zu einem Vergleich mit Konrad Würzburgs „Engelhard“ an. Ein offensichtlicher Unterschied ist jedoch, dass Heinrich allein aus Gewissensgründen das Opfer ablehnt und dadurch gerettet wird.

Quellen

Ø WALZ, Herbert: Die deutsche Literatur im Mittelalter. Geschichte und Doku-mentation, München: Kindler, 1976
Ø KRELL, Leo und FIEDLER, Leonhard: Deutsche Literaturgeschichte. Bam-berg: Buchners, 15. Aufl. 1973
Ø SCHEERER, Dietrich: Mittelalter. Literatur und Epoche, Freiburg: Herder, 1983

23 WAPNEWSKI, Peter: Hartmann von Aue. Realien zur Literatur, Bd. 17, Stuttgart, J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 6. Aufl.1962/1976, S. 102
24 Vgl. KÖNNEER, Barbara: Hartmann von Aue, S.59
25 Vgl. SCHEERER, Dietrich: Mittelalter

Ø KILLY, Walther: Deutsche Autoren. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Nr.2, München: Bertelsmann Lexikon, 1994
Ø STOPP, H.: Hartmann von Aue. Armer Heinrich, Bange, 2.Aufl. KE 290
Ø WAPNEWSKI, Peter: Hartmann von Aue. Realien zur Literatur, Bd. 17, Stutt-gart, J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 6. Aufl., 1962/1976
Ø KÖNNEER, Barbara: Hartmann von Aue. Der arme Heinrich, Grundlagen
und Gedanken zum Verständnis erzählender Literatur, Frankfurt am Main: Diesterweg, 1987


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