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Hermann Hesse - Der Steppenwolf - Referat
Inwieweit kann Seelenverwandtschaft so kontrovers sein, dass man behaupten mag, in einer Person jeweils ein Gegenstück gefunden und dennoch das Gefühl zu haben, durch sie einen Spiegel vorgehalten zu bekommen?
Eine der Thematiken in Hermann Hesses „Steppenwolf“ befasst sich eben mit dieser Materie und Hesse lässt seinen Protagonisten Harry Haller auf solch eine Person treffen.
Im Werk leidet Harry unter der scheinbaren Zweispaltung seiner Seele in einen wilden, freidenkenden Wolf und einem bürgerlichen Menschen. Jenes Schicksal, welches mit dem eines Steppenwolfes metaphorisiert wird, vermag er nicht zu überwinden, verstrickt sich in komplexe Suizidgedanken und verliert seine Lebenslust. Im Verlauf des Werkes werden Harry Haller jedoch z.B. durch das Lesen des Traktats des Steppenwolfes Wege aufgezeigt, die ihm aus dieser Misere retten können. So werden Humor, Lust, Genuss und Leidenschaft zu Motiven für Haller, sich aus seiner Lethargie zu befreien.
Eine wichtige Station in seinem Leben ist die Bekanntschaft mit der Prostituierten Hermine, die ihm den Genuss des Lebens auf unkonventionelle Art lehrt.
Das Verhältnis zwischen Hermine und Harry zeugt von großer Gegensätzlichkeit. So erwähnt Hermine im Gespräch, „dass [sie] [ihm] darum gefalle und für [ihn] wichtig [ist], weil [sie] wie eine Art Spiegel für [ihn] [ist], weil in [ihr] etwas ist, was [ihm] Antwort gibt und [ihn] versteht“ (vgl. S.140). Im Gegenzug konstatiert Harry: „…doch bist du so ganz und gar anders als ich! Du bist ja mein Gegenteil; du hast alles, was mir fehlt.“ (S.141) Die Aussagen beider lassen sich unter verschiedenen Aspekten belegen.
Sowohl Harry Haller als auch Hermine leiden am Leben an sich. Bei Harry lässt sich dies mit seiner Seelenspaltung und dem Ekel vor allem Bürgerlichen und Einfachen begründen, Hermines Einsamkeit zeigt sich in dem Verkauf des eigenen Körpers. Im Folgenden wird dem Leser auch klar, dass nicht nur Harry dem Leben durch Selbstmord entfliehen will, sondern auch Hermine mit den zu Haller gewandtem Befehl „Du wirst mich töten!“ (S.144) ihrem Dasein ein Ende bereiten will.
Eine Vielzahl im Buch geschilderter gleicher Gedankengänge weisen des weiteren auf die Ähnlichkeit der beiden hin. So empfindet Harry tatsächlich eine „Antwort und Verwandtschaft“ (S.141) durch die Person, die seine „Einsamkeit durchbrochen [hat], [und ihn] gerade vor dem Tor der Hölle aufgefangen und wieder geweckt [hat].“ (S. 143). Auch Hermine zeigt diesen Zusammenhang auf: „…so, wie es dir mit mir geht, dass mein Gesicht dir Antwort gibt, dass etwas in mir dir entgegenkommt und dir Vertrauen macht – ebenso geht es mir auch mit dir“, und fungiert somit als Seelenführerin des herumirrenden Steppenwolfes.
Ein weiterer Beweis für die Ähnlichkeit eröffnet sich Harry, als ihm der Hermaphroditismus durch den Hinweis Hermines „Ist dir noch nicht aufgefallen, dass ich manchmal ein Knabengesicht habe?“ (S.139) deutlich wird. Nicht nur, dass Hermine ihn an „seine eigene Knabenzeit“ (S.139) erinnert, sie weist auch eine gewisse Analogie mit „[s]einem damaligen Freund…Hermann“ (S.139/140) auf.
Im Folgenden möchte ich den Aspekt Harrys, der die Gegensätzlichkeit Hermines konstatiert, erörtern.
Ein erster und bezeichnender Blickpunkt ist, dass Harry sich von der Gesellschaft aus genannten Gründen isolierte, Hermine jedoch auf jene schon durch ihren Beruf angewiesen ist und folglich ihn ihr lebt. Harry wird im Werk als Intellektueller charakterisiert, ein Philosoph, dem Hermine in Bezug auf seine „Beziehungen zur Musik, zu Goethe, zu Novalis oder Baudelaire…möglicherweise nicht zu folgen [vermag]“ (vgl. S.146)
Auch die Polarität des Steppenwolfes zeichnet sich in Hermine in keiner Weise ab. Dafür liebt sie das Tanzen und motiviert Harry durch ihre Dominanz stets, sich gleiche Passionen anzueignen, so auch zu für Harry primitiven, oberflächlichen Formen der Musik, z.B. des Stils Jazz.
„Du brauchst mich, um tanzen zu lernen, lachen zu lernen, leben zu lernen.“ (S.143), bemerkt Hermine im Werk und verweist auf die Leitgedanken Lebenslust, Humor und Leidenschaft. Das Motiv der Leidenschaft spiegelt sich auch im Arrangieren des Mädchens Maria für Harry wider, die ihm unter Hermines Anleitung die Sinnlichkeit und Sexualität lehren soll.
Auffallend ist des weiteren die unterschiedliche Ausdrucksweise von Harry und Hermine. Er, als ruhiger Steppenwolf, niemals ein unüberlegtes Wort aussprechend und jederzeit seine Launen durchdenkend bildet einen Gegensatz zur spontanen, kecken Hermine, die Harry durch ihre Launenhaftigkeit fasziniert.
„Immerhin konnte ich nicht mit derselben seiltänzerischen Leichtigkeit wie Hermine den Sprung ins Wahrscheinliche und Wirkliche zurück tun.“, sieht Harry im Werk ein, unterstreicht den Kontrast beider Protagonisten erneut und bestätigt mich auch in meiner Ansicht, dass obwohl der zahlreichen Gemeinsamkeiten zwischen Harry und Hermine, sie sich doch eher ergänzender Gegensatz als reflektierender Spiegel sind.
Dieses Referat wurde eingesandt vom User: Susann
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