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Interview zum Thema DDR - Referat



Interview zur DDR


Ich hatte den Auftrag, für das Fach Sozialkunde ein Interview zum Thema „DDR“ zu führen. Dabei habe ich versucht zwei Menschen mit einem unterschiedlichen Werdegang zu befragen. Person 1 ist männlich, 1960 geboren, studierte und ist bis heute ununterbrochen als Ingenieur tätig. Person 2 ist ebenfalls männlich, 1945 geboren, war Lehrer, machte eine Ausbildung zum Pionierleiter und arbeitete viel mit Jugendlichen. Momentan ist er - wie so oft seit der Wende - arbeitslos.
Diese beiden wurden unabhängig voneinander befragt, um bessere Vergleiche anstellen zu können. Aufgenommen hab ich das Gespräch zunächst mit einem Diktiergerät um dann später alles auf dem Computer abtippen zu können.
Ich habe Fragen gewählt, die mich auch persönlich sehr interessieren und hoffe, dass ich so einige Einblicke mehr über die DDR erhalten kann und lerne sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.


Wie war die Schule in der DDR? Was fanden Sie besser als heute? Welche Ding waren schlechter?

Person 1: Generell hat mir die Schule Spaß gemacht, es war einige einigermaßen schöne Zeit. Was mich ein bisschen gestört hatte, war, dass alles sehr politisch ausgerichtet war, z.B. durch den Staatsbürgerunterricht und die ganze FDJ-Arbeit.
Was heute vielleicht ganz gut ist, ist, dass man samstags nicht zur Schule muss. Wir hatten damals jeden Samstag 4 bis 5 Stunden Unterricht.
Positiv finde ich, dass die Schule zu DDR-Zeiten doch etwas stärker auf die naturwissenschaftliche sowie die polytechnische Ausbildung ausgerichtet war. Das hat angefangen mit dem Werkunterricht, den es heute ja auch noch gibt. Ab der siebten Klasse hatten wir allerdings zwei weitere Fächer, die UTP und ESP hießen. UTP war ein Unterrichtstag in der Produktion um das Wirtschaftsgeschehen kennenzulernen. ESP, die Einführung in die sozialistische Produktion, war mehr ein theoretischer Unterricht.
Was mir noch einfällt, ist, dass es einen sehr politischen Druck in der Schule gab. Das hab ich so richtig erst ab der EOS gemerkt, wo es die sogenannten „Hans-Beimler-Wettkämpfe“ gab – eine Art vormilitärische Ausbildung. Außerdem wurde vorausgesetzt wurde, jeder männliche Absolvent der EOS mindestens 3 Jahre zur Armee geht (normal waren eineinhalb Jahre). Und 10 % mussten sich bereit erklären Offizier zu werden, das heißt 25 Jahre zur Nationalen Volksarmee zu gehen. Dieser Druck war enorm. Wer sich diesem Druck nicht gebeugt hatte, der hatte bei uns an der Schule keinen Studienplatz bekommen
Ich bin diese drei Jahre zur Armee gegangen. Man war finanziell besser gestellt. Wenn man studierte, gab es 100 Mark mehr Stipendium und das war eine Menge Geld. Normal waren 190 DDR Mark.
Was man dazu unbedingt machen musste, war, sich als Reserveoffizier bereit erklären, sonst wurde das Studium nicht gewährleistet.
Sehr positiv war allerdings, dass jeder, der das Abitur bestand, die Möglichkeit hatte zu studieren. Er konnte nicht immer das studieren, was er wollte, denn es wurde viel geplant. So zum Beispiel stellte man fest, dass es einen Mangel an Mathe- und Physiklehrern geben könnte und so hatte man vorgebeugt und versucht bestimmte Schüler davon zu überzeugen diese Richtung einzuschlagen. Ich gehörte dazu. Doch ich muss sagen, ich hab es nicht bereut damals „Nein“ zu sagen.

Person 2: Es gab das sozialistische Bildungssystem der DDR und alles war nach einem einheitlichen Erziehungsplan geregelt, an allen Schulen wurde das selbe unterrichtet und erzogen, denn Bildung und Erziehung sollen eine Einheit bilden. Dem war damals so.
Ich war früher eine Zeit lang Horterzieher an der Schule und ich bin der Ansicht, dieses geregelte Programm war gar nicht so verkehrt, ich zumindest habe kaum Nachteile darin gesehen.
Als weiteren Vorteile empfinde ich, dass die Kinder beaufsichtigt waren. Heutzutage sitzen viele Jugendliche auf der Straße und wissen nicht wohin.
Außer der Pionierarbeit und der FDJ gab es, wie schon erwähnt den Hort und verschiedene Arbeitsgemeinschaften, die sich jeder nach Interessen auswählen konnte. Wenn man heute behauptet, es war in der DDR Pflicht, dann stimmt das nicht, denn die Kinder sind gerne gekommen.

Gibt es etwas, das typisch für die Erziehung der Kinder in der DDR war?

Person 1: Typisch war, dass die Frauen gearbeitet haben. Das hieß, die Kinder waren von früh auf in der Krippe, dem Kindergarten.... Die Erziehung also nicht allein vom Elternhaus abhängig.
Ich selber bin allerdings nicht im Kindergarten gewesen, weil es wahrscheinlich zu meiner Zeit, Anfang der 60er Jahre, noch einige Probleme gab.

Person 2: Es gab damals die Pionier- und FDJ-Gesetze und nach diesen einheitlichen Plänen musste gehandelt werden. Jedes Jahr wurden auf einer Lehrerkonferenz verschiedene Ziele festgelegt, schulische als auch außerschulische Belange.
Die Eltern hatten oft einfach nicht die Zeit, da beide berufstätig waren. Insofern denke ich, waren diese ganzen organisierten Sachen wie der Hort etwas sehr Fortschrittliches und Positives.
Wir haben den Kindern dort zum Beispiel auch beigebracht richtig mit Messer und Gabel zu essen.
Ich hab diese Arbeit sehr gern gemacht, es war ein sehr kameradschaftliches und gutes Klima vorhanden.

Was gab es für Freizeitgestaltungsmöglichkeiten für Jugendliche in der DDR?

Person 1: Die FDJ (Freie Deutsche Jugend)-Arbeit hat für Jugendliche einen großen Teil eingenommen, für Kinder war es die Pionierarbeit. Innerhalb der FDJ wurden bestimmte Sachen organisiert.
Es gab viele Arbeitsgemeinschaften. Ich hatte eine AG gewählt, wo man kostenlos an einem Kurs über Amateurfunk teilnehmen konnte, was mir sehr viel Freude bereitete. Eigentlich hatten wir ein sehr breitgefächertes Angebot, von Sport über Handarbeiten fand jeder etwas, was ihn interessierte.

Person 2: Wie gesagt war viel durch FDJ und bestimmte Arbeitsgemeinschaften organisiert. Wer keine Lust dazu hatte, ist eben daheim geblieben.
Zu DDR gab es etwas sehr schönes: die Feriengestaltung. In unserem kleinen Ort hier hatten wir manchmal 70 oder 80 Schüler, die sich frühmorgens getroffen haben und mit denen wir eine Menge unternahmen. Der Preis für zwei Wochen lag bei einer Mark, nicht mehr. Dafür sind wir z.B. zur Wartburg gefahren, in die Sandsteinhöhle nach Walldorf oder mal ins Schwimmbad. Mit dem wenigen Geld war ein riesiges Programm möglich. Heutzutage müsste viel mehr für die Jugend getan werden.


Fällt Ihnen etwas ein, was typisch für das Fernsehen in der DDR war? An was für Programme und Sendung erinnern Sie sich noch?

Person 1: Unseren ersten Fernseher hatten wir 1963, mein Vater hatte ihn damals selbst gebaut. Zu meiner Schulzeit gehörte es dann dazu, dass fast jeder einen Fernseher besaß. Offizielle Programme waren nur das Erste und – für den der einen Konverter hatte- das Zweite DDR-Fernsehen. Wir in der Berliner Gegend hatten allerdings auch die Möglichkeit durch eine speziell ausgerichtete Antenne das West-Fernsehen zu empfangen. Offiziell war es - zumindest zur Anfangszeit - verboten. Man musste in der Schule sehr aufpassen, denn Lehrer hörten oft sehr geschickt ihre Schüler aus.
Von meinen Eltern weiß ich, dass es am Anfang sogar so weit ging, dass Antennen abgerissen wurden und man Strafen aufgebrummt bekam.
Später gab es damit keine Probleme mehr. Als ich bei der „Prüfung zum Abzeichen für gutes Wissen“ gesagt habe, dass ich zwar West-Fernsehen gucke, aber damit kein Problem habe, da ich mir meine eigene Meinung bilden kann, wurde das akzeptiert.

Soviel Auswahl an Programmen wie heute gab es natürlich nicht. Mit West-Fernsehen konnte man insgesamt 5 Sender empfangen.
Ich hab gern „Doktor Flimmerich“ sonntags um 3 Uhr geguckt. Das war eine Sendung, wo man lernen konnte, wie Filme gedreht werden. Anschließend wurde immer ein teilweise recht interessanter Kinderfilm gezeigt. Lustig war die Werbung, „Tausend Teletips“. Werbung war zwar unnötig, weil es keinen Konkurrenzkampf gab, man hat trotzdem versucht was an den Mann zu bringen.
Noch etwas typisches für das DDR-Fernsehen ist meiner Ansicht nach, dass es diese Gewalt, die heute so oft zu sehen ist, einfach nicht gab.

Person 2: Wir sind hier in der Lage gewesen, West-Fernsehen zu gucken, was man natürlich heimlich machen musste.
Von Sendungen fällt mir noch ein, dass es den „Jugendclub 99“ gab. Oder für die ganz Kleinen „Meister Nadelöhr“. Auch die russischen Märchen damals waren wunderbar, die hat man sich gern mal angesehen.
Es gab schon sehr gute Sendungen und – keine Gewalt.

Zu den Produkten in der DDR: Was war teuer? Was billig? Welche Produkte konnte man nur schwer erwerben?

Person 1: Besonders teuer waren sämtliche technischen Artikel. Unseren Fernseher haben wir kurz vor der Wende 1989 gekauft, er hatte 4300 DDR-Mark gekostet. Meine Schwiegereltern hatten einen etwas größeren mit einem Preis von 6300 Mark. Dazu muss man überlegen, was man verdient hatte. So im Durchschnitt waren es bei einem normalen Arbeiter so zwischen 700 und 900 Mark.
Autos waren zwar bezahlbar (ein Trabant hatte am Anfang 8000 Mark gekostet), interessant waren bloß die langen Wartezeiten, so dass man 10 bis 15 Jahre auf ein Auto warten musste. Daher war es Gang und Gebe, dass jeder der 18 wurde, sich für einen Wagen angemeldet hat. Selbst wenn man das Auto nicht brauchte, konnte man diese Anmeldung auf dem Schwarzmarkt für einige Tausender verkaufen.
Ganz schwierig war auch die Erwerbung von Baumaterialien. Man hat sich manchmal an Schlangen angestellt, ohne zu wissen was es gibt, nur um einfach ein kleines Erfolgserlebnis zu haben, das man etwas Besonderes bekommen hat. Über Kleinigkeiten, die heutzutage als gegeben vorausgesetzt werden, hatten wir uns sehr gefreut.
Lebensmittel und Sachen des täglichen Bedarfs waren dagegen sehr billig. Wir haben z.B. immer ein 93-Brot gekauft. Egal wo man war, das Brot kostete immer 93 Pfennig.
Sehr gestützt waren auch Mieten, meiner Meinung nach sogar zu sehr. Denn teilweise war es einigen Leuten gar nicht mehr bewusst, dass sie für 50 Mark Miete leben und sie wurden zu verschwenderisch.

Person 2: Die Grundnahrungsmittel waren spottbillig. Aber bestimmte Sachen wie Südfrüchte, gab es nur selten und man musste sich lange dafür anstellen. Man hat sich dann gefreut, wenn man mal Bananen gekriegt hat oder die erste grüne Gurke für 4 Mark.
Die technischen Geräte, wie Fernseher und Radios waren extrem teuer. Wenn die Omas nicht immer mal ein bisschen gesponsert hätten, hätten wir uns vieles nicht kaufen können. Ein Radio mit Kassette kostete zum Beispiel 1400 Mark.
In Meiningen hab ich mich einmal früh um 8 Uhr angestellt, an einem Geschäft, das erst um 13 Uhr geöffnet hat, weil sie dort 10 Farbfernseher bekommen hatten. Es hat sich gelohnt, ich habe einen gekriegt – für 4380 Mark. Diesen Robotron-Fernseher hab ich übrigens heute noch und er funktioniert noch wunderbar.
Oder auch an Möbel war schwer ranzukommen. Für eine Schrankwand bin ich Monate gelaufen, bis ich das hatte, was ich wollte.

Waren Sie Parteimitglied der SED?

Person 1: Nein. Man hat allerdings öfters versucht mich dazu zu überreden, es jedoch nicht geschafft. Ich wollte mir nicht irgendwelche Vorteile erhaschen, die man als Parteimitglied hat. Ich wollte mein ganz normales Leben in aller Ruhe leben, meine Arbeit haben und mir nicht hinterher sagen lassen, ich hab das alles nur durch den Beitritt zur SED geschafft.

Person 2: Ja. Da ich Pionierleiter studiert habe, wurde mir nahegelegt Parteimitglied zu werden. Ich habe dann gemeint, ich könnte dies auch ohne SED-Mitgliedschaft, doch das war nicht möglich. Also bin ich
1968 in die Partei eingetreten. Vorteile hatte ich aber persönlich nicht dadurch.
1988 bin ich dann aus der Partei ausgetreten, aus bestimmten persönlichen Dingen. Der Ausstieg war sehr schwer und es ist kein Geheimnis, dass ich dann zur Parteileitung zu einer Art Verhör musste. Ich bin standhaft geblieben und bin im November ausgetreten. Die SED-Grundorganisation hat das später anders ausgelegt und gesagt, ich werde Januar 1989 von der SED ausgeschlossen, gleichzeitig aus dem Schuldienst. Damit war meine berufliche Entwicklung erledigt. Das hab ich nun auszubaden - viel ABM und lange arbeitslos.

Hatten Sie irgendwann Kontakt mit der Stasi? Würden Sie sich heutzutage ihre Stasi-Akte ansehen oder haben Sie dies bereits getan?

Person 1: Die Akten habe ich nicht angefordert und ich habe auch kein großes Bedürfnis danach. In diesem oder jenem Fall würde es mich vielleicht schon interessieren, wer nun bei der Stasi und war und wer was zugetragen hat. Doch im Endeffekt würde es mir nichts helfen und ich hab kein großes Interesse daran.
Kontakt mit der Stasi hatte ich möglicherweise einmal unbeabsichtigt und zwar bin ich von Ilmenau mit der Bahn nach Benickenstein in den Harz gefahren. Auf dem Rückweg saß ich durch Zufall in dem verkehrten Zug. Als ich es gemerkt hatte, bin ich aus lauter Panik im nächsten Bahnhof ausgestiegen und war mir nicht bewusst, dass ich mich plötzlich im Sperrgebiet befand. Eine schnelle Möglichkeit wieder mit dem Zug zu fahren oder auch einen Bus zu nehmen gab es nicht, also wollte ich zurück nach Benickenstein gelaufen. Ein Polizist fragte mich, wo ich hin wollte und ob ich die entsprechenden Papiere besäße. Wahrheitsgemäß hab ich mit Nein geantwortet und mein Problem erklärt, also musste ich mit ihm ins Büro um ein Protokoll aufzunehmen. Eine andere Person, vermutlich von der Stasi, kam in den Raum und hat meinen gesamten Rücksack ausgeschüttet, darin herum gewühlt und in sämtlichen Büchern die Seiten umgeblättert. Nach ewig langem Telefonieren, ob irgendwas gegen mich vorliegt, durfte ich nach Bezahlen einer Ordnungsgebühr von 20 Mark gehen.

Person 2: Ich hatte diese Akte beantragt und das war gut so. Dadurch hab ich erfahren, wer die Leute sind, die mich beschnüffelt haben. Und es ist kein Geheimnis, dass es Leute aus meiner eigenen Verwandtschaft waren. Es ist schlimm, wenn man so etwas tut und die nächsten Menschen hintergeht, nur um sich selbst Vorteile zu verschaffen. Sie haben Berichte geschrieben, wie „Er hat ein Moped, aber keine Freundin“, also vollkommen belangloses Zeug, das einfach nur berichtet wurde um überhaupt etwas zu haben.
Diese Sachen, die in der Akte über mich drin standen, waren wirklich primitiv. 1989, als meine Tante in der BRD beerdigt wurde, wurde mir die Hinreise genehmigt. In meiner Stasi-Akte stand, dass das ganze Dorf darüber empört gewesen sei.

Was waren Ihrer Ansicht nach die größten Unterschiede von DDR und BRD?

Person 1: Die Unterschiede waren sehr systembedingt. Hier gab es den Sozialismus und in der BRD den Kapitalismus. Das hieß, in der DDR war keine Arbeitslosigkeit vorhanden.
Ich fand es sehr schade, dass man keine Reisefreiheit hatte. Ich bin sehr gern wandern gegangen und ein großer Wunsch war es einmal in die Alpen zu fahren. Wir sind nun nach Bulgarien und Rumänien um dort im Hochgebirge Wanderungen zu machen, dabei waren die Alpen wesentlich dichter an uns dran. Nur wenigen, die sich politisch engagieren, war es vergönnt, über FDJ-Reisen ins Ausland zu kommen. Das war eine kleine Ungerechtigkeit, einige hatten die Möglichkeit und andere nicht.
Doch nach der Wende haben wir erstmal so richtig kennengelernt, dass nicht nur die positive Reisefreiheit auf uns zugekommen ist, sondern man wurde plötzlich mit mehr Gewalt konfrontiert. Sachen wie Rauschgift gab es in der DDR so gut wie nicht. Man hatte insgesamt sicherer gelebt. Türen wurden hier auf dem Dorf nie abgeschlossen. Sowieso war das Verhältnis der Menschen untereinander besser. Man hat sich gegenseitig geholfen, wo man konnte. Heutzutage ist es so, dass man oft die eigenen Nachbarn nicht mehr kennt. Dieses Gemeinschaftsgefühl ist etwas aus der DDR, was mir sehr positiv in Erinnerung geblieben ist. Bei den Menschen gab es kaum Unterschiede, da hieß es eben „Einer für alle und alle für einen“. Das vermisse ich heutzutage in dieser „Ellenbogengesellschaft“.

Person 2: Viel hab ich ja schon gesagt. Außerdem hatte jeder in der DDR eine Arbeit, heute muss man um seinen Arbeitsplatz bangen.
In der DDR war, so wie ich das sehe, wesentlich bescheidener und viel zufriedener. Die Menschen freuten sich über Dinge, die heutzutage ganz banal sind.
Die Reisefreiheit, die wir nun haben, ist zwar gut und schön, nützt aber nicht viel, wenn man kaum das Geld dazu besitzt.

Was, denken Sie, war ausschlaggebend für den Mauerfall?

Person 1: Das war eine ganze Reihe an Gründen. Zum einen war es sicherlich die Unzufriedenheit der Bevölkerung und zum anderen die enorme wirtschaftliche Schwäche. Es gab keinen großen Anreiz für die Betriebe, für die Beschäftigten in den Betrieben. Man wurde für die Leistung nicht belohnt. Die Idee des Sozialismus finde ich sehr gut: Alle arbeiten und alles kommt in einen großen Topf. Das kommt allen wieder zugute. Aber die Firmen hatten marktwirtschaftlich gesehen kein Interesse daran, einen großen Gewinn zu erzielen. Ob man gute oder weniger gute Arbeit geleistet hat, war egal, der Lohn war derselbe.
Dadurch ist die DDR wirtschaftlich zugrunde gegangen.
Ein ganz wesentliches Problem ist auch, dass die Leute, die an den Stellen saßen, wo Entscheidungen getroffen werden mussten, SED - Mitglieder waren. Egal ob sie die fachliche Kompetenz hatten oder nicht, es wurde einfach aus parteipolitischen Gründen entschieden.

Person 2: Als ich, wie schon erwähnt, 1989 in Westberlin war, sagte mein Cousin: „Die Mauer fällt dieses Jahr noch, du kannst mich dieses Jahr noch besuchen“. Ich entgegnete nur „Du spinnst.“
Das war im Januar, im September ist die Mauer gefallen. Es konnte einfach nicht mehr weitergehen mit der DDR, man konnte sich nicht nur belügen und Asche auf das Haupt streuen. Die Wirtschaft war am Ende.

Wie haben Sie vom Fall der Mauer erfahren und wie haben Sie diesen Moment erlebt?

Person 1: Irgendwie war es schon ein bisschen in den Gedanken vorbestimmt. Man hatte ja in der Zeit davor intensiv mitbekommen, wie die Flüchtlinge über Ungarn oder die Tschechoslowakei ausgereist sind, man hat mit ihnen mitgefiebert, man hatte die Aufbruchsstimmung bemerkt.
Dass die Grenzen aufgemacht wurden, kam dennoch sehr sehr überraschend. Damit haben wahrscheinlich die wenigsten Leute gerechnet. Es war auch mehr Zufall gewesen, es war eigentlich gar nicht so gemeint. Die Grenzoffiziere konnten deshalb dem Ganzen kaum Stand halten.
Wir haben das alles im Fernsehen mitverfolgt, haben gesehen wie die Leute über die Grenze sind, wie fassungslos die Grenzoffiziere waren. Einige versuchten die Menge zurückzudrängen, andere gaben sofort nach.

Person 2: Ich hab grade frisiert, als auf einmal jemand sagte: „Die Mauer ist gefallen.“ Erstmal war Ungläubigkeit da. Dann haben wir den Fernseher angeschaltet und konnten alles live durchs Fernsehen miterleben. Das war nicht zunächst nicht zu begreifen.

Wann waren Sie zum ersten Mal in der BRD?

Person 1: Wir sind erst einige Tage später rübergegangen. Am 9.11. waren die Grenzen auf, doch wir sind am 11.11. erstmal nach Jena zum Fasching. In der Gegenrichtung waren sehr viele Leute, in unserer Richtung war der Zug so gut wie leer.
Am 12.9 durften wir uns an eine lange Schlange anstellen um die Papiere zum Ausreisen zu besorgen. Endlich stand unser erster Besuch in Gersfeld an, wo wir 100 DM Begrüßungsgeld hatten.

Person 2: Am 11.11. bin ich mit meinem Cousin in einem alten Skoda nach Paderborn zu unseren Verwandten gefahren. Keiner konnte begreifen, dass das nun wirklich funktioniert.

Wie war Ihr erster Eindruck der BRD?

Person 1: Für mich sehr beeindruckend war die Sauberkeit. Dann natürlich das Warenangebot, da war man das erste Mal richtig „erschlagen“.

Person 2: Es war alles da! Das kannten wir alles gar nicht, wir waren hell begeistert Als DDR-Bürger hab ich gefragt, ob das nicht auch alles mal leer werden muss. Als Antwort erhielt ich, dass die Regale immer wieder aufgefüllt werden - für mich unbegreiflich.
Das erste, was ich mir gekauft hatte, war ein Kofferradio für 79 DM. Ich hab das in der Bahn richtig fest in meinem Arm gehalten, dass es mir ja keiner wegnimmt.

Ab wann hatten Sie sich an das Leben in der BRD gewöhnt?

Person 1: Das kann ich nicht so eindeutig sagen. Ich denke mal, dadurch dass ich immer Arbeit hatte und dass wir uns dies und jenes plötzlich kaufen konnten, hatte ich mich relativ schnell daran gewöhnt.

Person 2: Man hat sich schnell an das Schöne gewohnt. Sobald wie möglich hatten wir uns ein Auto gekauft. Später sieht man natürlich, dass es eine alte Rostlaube war und nicht mal durch den TÜV gekommen ist. Trotzdem waren wir überglücklich, mal in etwas anderem als in einem Trabbi zu sitzen.

Würden Sie die DDR gerne wieder zurückhaben wollen?

Person 1: Jein. Die ganze Wirtschaft, das Reiseverbot und andere spezielle Dinge will ich nicht wieder haben. Aber einige Sachen, wie dieses Zwischenmenschliche, wären sehr schön.

Person 2: Nein, die DDR möchte ich nicht wiederhaben aber einige Dinge aus der ihr, wie die soziale Absicherung und die Betreuung der Kinder.

Gibt es noch immer Unterschiede zwischen West und Ost?

Person 1: Ja, selbstverständlich. Man muss sich nur die Löhne und Gehälter angucken. Die sind im Osten wesentlich niedriger. Dinge wie Wasser und Strom sind hier teuer als im Westen. Es herrscht eine große Ungerechtigkeit.

Person 2: Ich glaube, die „Ossis“ werden wir immer bleiben. Das Gehalt ist niedriger, doch die Ausgaben sind höher als im Westen, z.B. bei Strom und Wasser. Ich glaube, meine Generation wird es nicht mehr erleben, dass das alles so einheitlich wird, wie es eigentlich schon längst sein sollte.

Existiert die „Mauer noch immer in den Köpfen“?

Person 1: Ich denke mal schon, dass dies bei vielen der Fall ist. Solang die wirtschaftlichen Unterschiede nicht aufgehoben sind, wird die Mauer noch weiterhin in den Köpfen stecken.

Person 2: Ja, nicht in allen aber doch in einigen. Ich kenne zum Beispiel auch den Ausspruch einiger Westdeutscher: „Würde es wieder eine Mauer geben, wir würden sie noch höher machen“.


Für mich persönlich waren diese Interviews sehr interessant. Einige Dinge, die mir erzählt wurden, wusste ich bereits, von anderen hatte ich noch nie gehört und war sehr erstaunt. Toll fand ich auch, dass die Befragten einige persönliche Beispiele aus ihrem Leben genannt haben.
In den Meinungen der beiden Personen gab es wesentliche Gemeinsamkeiten, nur in einigen Bereichen wurden Unterschiede deutlich oder man merkte, dass sie auf verschiedene Sachen mehr Wert legten.


Quelle(n) für dieses Referat: keine Angaben



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