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Klassengesellschaft oder Mittelstandsgesellschaft in der BRD (Schelski - Abendroth) - Referat



Klassengesellschaft oder Mittelstandsgesellschaft

Helmut Schelski (1912-1984) war einer der führenden Vertreter der westdeutschen Soziologie der Nachkriegszeit. Mit seinen schichtungstheoretischen Arbeiten versuchte er, neue Entwicklungen in der modernen Industriegesellschaft zu erfassen und stellte sich damit kritisch gegen die marxistische Klassenanalyse.
Marx’ Theorie ist eingebettet in die Zeit der rapiden Industrialisierung des 19. Jahrhunderts, also einer Zeit größten Elends des Proletariats (Arbeiterklasse), in der die Soziale Frage die dringlichste war. Sein historisch-dialektischer Materialismus versucht eine Antwort auf die Arbeiterfrage zu geben und beinhaltet folgende wesentlichen Punkte:

• Der Klassenkampf ist die bewegende Kraft der Geschichte; schon immer habe es Klassenkämpfe gegeben
• Die Geschichte habe ganz bestimmte Gesellschaftsmodelle durchlaufen: eine klassenlose Urgesellschaft, die Sklavenhaltergesellschaft, die Feudalgesellschaft, die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft
• Daraus schließt Marx, dass der Kommunismus (Absterben des Staats als Organisationsform) das zwangsläufige Endziel der Geschichte darstellt, nachdem das Proletariat gegen den Kapitalismus revoltiert und eine kurze „Diktatur des Proletariats“ errichtet hat (Determinismus [Zwangsläufigkeit] und teleologischer [zielgerichtet] Historismus)
• Die Revolution (Synthese) durch die unterdrückte Klasse (Antithese) erfolge durch den Widerspruch zwischen Produktivkräften (v.a. Menschen) und Produktionsverhältnissen (Besitz und Nicht-Besitz an Produktionsmitteln) gemäß den Prinzipien der Hegelschen Dialektik; damit wird die unterdrückende Klasse (These) abgelöst
• Marx’ Verelendungs- und Krisentheorie geht davon aus, dass es zur Revolution kommt, wenn es zu Krisen des Systems kommt (z.B. Wirtschaftskrisen im Kapitalismus) und sich die Klassengegensätze verschärfen

Schelskis Modell der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ hingegen ist in einen anderen historischen Kontext eingebettet. In den 50er Jahren – die Entstehungszeit seiner Theorie – fand in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) dank European Recovery Programm (ERP oder auch Marshall-Plan) das Wirtschaftswunder statt. Merkmale dieser Zeit sind ein relativ hoher Lebensstandard und sie markiert den Anfang der deutschen Wohlstandsgesellschaft. Schelski geht daher davon aus, dass durch den Aufstieg der Industriearbeiterschaft und der Angestellten die große soziale Kluft zwischen Proletariat und Bourgeoisie im marxistischen Sinne nach 1945 geschlossen worden sei. Gleichzeitig sei ein Abstieg des ehemaligen Besitz- und Bildungsbürgertums zu verzeichnen. Diese beiden Prozesse, also sozialer Aufstieg und Abstieg, führen zu einer sozialen Nivellierung der Gesellschaft. Schelski geht außerdem davon aus, dass sich niemand dieser Nivellierung entziehen könne, da der Staat durch eine ausgedehnte Sozialpolitik einerseits und durch eine
verschärfte Steuerpolitik andererseits zu dieser Nivellierung maßgeblich beitrage. Hinzu komme eine weitgehende politische Einheitlichkeit, sprich keine Privilegien auf politischer Ebene (Grundrechte, demokratisches Wahlrecht, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung). Auch eine Uniformierung in Lebensstil und sozialen Bedürfnissen sei zu verzeichnen, da durch die Massenproduktion (infolge des Wirtschaftswunders) Luxusgüter nun allen zur Verfügung stehen.
Als Reaktion auf und Kritik an Schelskis Modell entwickelte Wolfgang Abendroth das Gesellschaftsmodell der „Antagonistischen Klassengesellschaft“. Abendroth war der bedeutendste Theoretiker der marxistischen Linken in der BRD. Er geht davon aus, dass es immer noch eine Klassengesellschaft im marxistischen Sinne gebe, denn die Mehrheit der Erwerbstätigen stehe immer noch den Eigentümern an Produktionsmitteln gegenüber, die „das Recht zur inhaltlichen Bestimmung des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses“ haben. Das Leben der Arbeiter wird nach Abendroth also immer noch von der Willkür der Eigentümer an Produktionsmitteln bestimmt. Abendroth sagt jedoch, dass diese Tatsache verschleiert werde durch das hohe Maß an Wohlstand. Daher würden die Klassengegensätze nicht mehr so krass zutage treten, obwohl sie existieren. Auch geht er davon aus, dass die Arbeiterschaft ihr Klassenbewusstsein eingebüßt habe, was zu der Verschleierung beitrage.

Quelle(n) für dieses Referat: keine Angaben



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