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Lazarette im ersten Weltkrieg - Referat
Der Erste Weltkrieg zog viele Veränderungen mit sich. Neue Strategien in der Kriegsführung wie z.B. der Wechsel vom Bewegungskrieg zum Stellungskrieg und die Einführung von neuen Waffensystemen führten unweigerlich zu einer Umwandlung des gesamten Kriegsgeschehens. Wie es für einen Krieg üblich ist, zieht dieser neben viel Verwüstung, vielen Toten auch sehr viele verwundete Soldaten mit sich. Deswegen sind Lazarette also Militärkrankenhäuser schon seit je her eine unverzichtbare Einheit eines starken Militärs. Erst nach Anfang des Krieges haben die Führungen der einzelnen Kriegsakteure erkannt, dass die Industrialisierung eine viel größere Rolle spielen wird als erwartet. Unzählige neu erfundene, in Massen gefertigte und an der Front eingeführten Waffen, hatten eine noch nie da gewesene Zerstörungs-und Kampfkraft. Soldaten erlitten so, an mehr und auch neuartigere Verletzungen. Lazarette waren daraufhin gezwungen, ihre Behandlungstechniken und Ihren Alltag schnellstmöglich an diese neue Kriegsführung anzupassen und zu ändern. In diesem Aufsatz möchte ich mich genauer mit den Änderungen beschäftigen, die die Lazarette auf sich nehmen mussten, um sich der von der Industrialisierung veränderten und geprägten Kriegsführung des ersten Weltkriegs anzupassen. Der Erste Weltkrieg war einer der verlustreichsten Kriege für jedes einzelne beteiligte Land. Allein das “Deutsche Herr” hatte mehr als 2 Millionen Tote und 2,7 Millionen Kriegsversehrte. Durch die Tatsache, dass Soldaten in den Augen der Kriegsführung nahezu mit Geschützen und Munition als „einsetzbares Material “ gesehen wurde, wurden sie in den meisten Fällen ohne Rücksicht auf Verluste an die Front geschickt. Der Hauptgrund für diese hohen Verluste lag jedoch hauptsächlich an den neu entwickelten Waffen. Das Paradebeispiel ist wohl die Splitter-/ Handgranate, von welcher im ersten Weltkrieg etwa 850 Millionen Stück in den erst kürzlich in der Industrialisierung entstandenen Fabriken massengefertigt und daraufhin auch verschossen wurden. Diese Granatenwurden hauptsächlich von der Alliierten Artillerie und Grenadieren eingesetzt und waren im Stellungskrieg sehr effektiv. Meist mit Eisensplittern gefüllt, konnte man sie von der Hand aus werfen oder mit einem Mörser feuern, ohne dabei seinen eigenen Schützengraben verlassen zu müssen. Diese Granaten hatten das Ziel, die Fronten des Gegners zu zerschlagen. Sie zwangen gegnerischen Soldaten, ihre Schützengräben zu verlassen, um der Granate auszuweichen. Aus diesem Grund sind sie beim Einschlag selten tödlich, sondern führten zu schweren Verletzungen in einen großen Radius. Eine weitere Waffe, die in der Industrialisierung erfunden wurde, war das Maschinengewehr. Dieses wurde am Ende des 19. Jahrhunderts nach den Plänen von Hiram Maxims entwickelt. So konntedas erste deutsche Maschinengewehr, die MG-08, in der Waffenfabrik Loewe tausendfach produziert werden. Sie konnte im Gegensatz zu den damals gängigen Waffen automatisch Projektile hintereinander verschießen, und tat dies in einer Geschwindigkeit von 500 Projektilen in der Minute. Genutzt wurde sie, um einen großen Bereich zu verteidigen und konnte den Körper des gegnerischen Soldaten mit Projektilen des Kalibers 7,92 × 57 mm regelrecht durchlöchern. Bei der Schlacht zwischen Bixschoote und Langemark in Flandern im Jahr 1915, haben die deutschen Truppen eine erst kürzlich erfundene Waffe erstmals eingesetzt. Giftiges Chlorgas wurde in Form von Gaswolken in die französischen Schützengräben geleitet. Da keiner der Kriegsparteien zur damaligen Zeit richtigen Schutz gegen solche Angriffe besaß, war diese bis zur Einführung von Gasmasken relativ erfolgreich. In den ersten Monaten des Krieges waren die Lazarette nicht auf Verletzungen von diesen neuen Waffen vorbereitet. Die operative Tätigkeit in den Feldlazaretten erwies sich qualitativ und quantitativ als viel umfangreicher als zu Beginn des Krieges erwartet. Ursprünglich hatte man sich im Wesentlichen auf Verband und Ruhigstellung der verwundeten Glieder eingestellt. So wurden notgedrungen erfahrene Chirurgen als Beobachter in die Lazarette an die Front geschickt und Geschosstests mit den neuen Projektilen durchgeführt, um in schnellster Zeit Behandlungsmethoden zu entwickeln, die die Sanitäter und Ärzte an der Front einsetzen konnten. Im Gegensatz zu früheren Kriegen, waren große Wunden eine sehr häufige Verletzungsart. Ab 1917 resultierten mehr als 75 % aller Verwundungen aus Artilleriesprenggeschossen wie zum Beispiel der Splittergranate. Oft war es der Fall, dass ganze Gliedmaßen, Teile des Gesichts oder des Bauchraums von den fliegenden Splitter getroffen und somit abgerissen wurden. Ähnlich war es mit den Einschüssen des Maschinengewehrs. Durch die schnelle Feuerrate konnten Maschinengewehre neben Durchschüssen in den ungeschützten Körper auch ähnlich wie bei Splittergranaten entstandene flächendeckende Verletzungen verursachen. Diese großen offenen Wunden wurden in den meisten Fällen durch den Schmutz auf dem Schlachtfeld stark verunreinigt, was zu einer Blutvergiftung führen konnte. In den seltensten Fällen wurden Wunden mit Sublimat und chlorhaltige Lösungen desinfiziert. Diese Substanzen haben zwar die Wunde von den Bakterien, Pilzen und Parasiten entfernt und konnten bei den meisten angewendeten Fällen eine schwere Infektion verhindern, jedoch hatte sie eine nicht zu vernachlässigende Nebenwirkung. Die hohe Gewebetoxizität sorgte dafür, dass die Behandelten oft an lokalen Gewebeschäden und Vergiftungserscheinungen litten. Deswegen hat sich diese Methode kaum durchgesetzt. Laut dem Bonner Ordinarius für Chirurgie, Generalarzt Prof. Dr. Carl Garrè, sollten bei Verletzungen, die durch Splittergranaten oder Projektilen entstanden sind, zuallererst die Splitter und Projektile freigelegt und dann schnellstmöglich entfernt werden. Danach sollte die Wunde je nach Größe entweder genäht oder mit einem Druckverband stabilisiert werden und danach schnellstmöglich (innerhalb von 12 Stunden) in ein inländisches Krankenhaus transportiert werden. Es konnte auch vorkommen, dass Knochen von Splittern oder Projektilen getroffen wurden. Diese konnten vor allem im Oberschenkel zu schweren Muskelverletzung führen, was zur Folge hatte, dass dieser schon in den Feldlazaretten amputiert werden musste. Generell wurden viele Körperteile sei es Bein, Arm oder Hand an der Front amputiert. Dies lag aber häufig an den zuvor genannten Infektionen der Wunde, die sich sonst schnell in andere noch intakte Körperteile ausgedehnt und übertragen hätten. Ein großes Problem, welches vielen Soldaten das Leben gekostet hat, war die Tatsache, dass aufgrund der neuen Kriegsstrategie des Stellungskrieges, die Verwundeten nur nachts und auch da oft erst nach mehreren Nächten herausgeholt werden konnten, da sonst die Gefahr der schussbereiten gegnerischen Soldaten zu hoch sei. Nachdem die Erstbehandlung an der Front abgeschlossen war, mussten die Verwundeten so schnell wie möglich in ärztliche Behandlung gebracht werden. Dieser Transport wurde durch die Industrialisierung maßgeblich verändert beziehungsweise verbessert. Hierzu wurden in den meisten Fällen die Eisenbahn verwendet. Die sogenannten Lazarettwagen waren mit Betten ausgestattet und konnten jedes Mal hunderte Verwundete in die Heimat zurückbringen. Gezogen wurde der Zug von der Dampflokomotive, wohl das Sinnbild der Industrialisierung. Aufgrund des starken Ausbaus der Bahnstrecken während der Industrialisierung zum Transport von Gütern, existierte schon vor Kriegsbeginn ein sehr weitreichendes Schienensystem. Dies ermöglichte es, im Gegensatz zu früheren Kriegen, wo die Lazarette meist noch stark am Kriegsgeschehen beteiligt waren, die Verwundeten nahezu problemlos in weiter entfernten städtischen Krankenhäusern, freiwilligen Krankenstation (meist von der Kirche) und tief im Inland errichteten Lazaretten zu befördern. Generell kann man sagen, dass die Industrialisierung den ersten Weltkrieg massiv geprägt hat. Durch den „Erfinderwahn der Industriellen Revolution“, wurden viele neue Waffen erfunden, die das Kriegsgeschehen von einem Bewegungskrieg in einem trägen Stellungskrieg verwandelte. Dies hatte auch zur Folge, dass die medizinische Abteilung und dort vor allem die neuartigen Verletzungen dieser neuen Waffen vorbereitet war. Sie konnten erst nach Kriegsbeginn neue und angepassten Behandlungsmethoden entwickeln. Dieses Fehlen an Zeit, kostete vielen verwundeten Soldaten das Leben. Auch hat die Industrialisierung, durch die Erfindung der Eisenbahn und den Ausbau des Bahnnetzes, den Transport der Verwundeten revolutioniert. Sie konnten schnell in sichere Krankenhäuser tief im Inland gebracht werden und dort besser versorgt werden, als in den Feldlazaretten an der Front.
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