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Liedanalyse von Winterreise von Franz Schubert - Referat
Franz Schubert- Die Winterreise
Franz Schubert - „Die Winterreise"
Schuberts „Winterreise" ist im Herbst 1827 vollendet worden, doch 12 der 24 Lieder wurden schon zuvor veröffentlicht. Schlußpunkt dieser 1. Zyklushälfte bildet das Lied „Einsamkeit". Es setzt somit auch eine Art vorläufiges Ende. Die „Winterreise" ist geprägt von Trauer, Lebensunlust und Sinnlosigkeit des Daseins. Daher resultieren auch die übermäßig vielen Lieder in Moll-Tonarten. In den ersten 12 Liedern sind lediglich zwei in Dur gehalten („Der Lindenbaum" und „Frühlingstraum"). Das Spiel in Moll war für Schubert ein Symbol seines eigenen Lebens. Es war ein Leben von Schwermut geprägt und von Krankheit gezeichnet. Schubert selbst hatte sein größtes Leid und vielleicht auch die größte Ehre seines Lebens erfahren, als er ein Jahr zuvor beim Tod Beethovens als Fackelträger dem Begräbnis beiwohnte. Der Tod seines Idols hatte ihn dabei schwer getroffen und ihm eine Last auferlegt, da er innerlich stets die Meinung vertrat, daß es niemanden geben könne, der Beethoven in kompositorischer Qualität überlegen sein würde. Er selbst fühlte sich jedoch mit diesem Erbe verbunden und sollte diesen Titel später auch in Anspruch nehmen. Zu diesem Schicksalsschlag kam hinzu, daß Schuberts Typhuserkrankung immer weiter fortschritt, und er somit vermehrt unter Schmerzen zu leiden hatte. Diese Qual des Lebens, zumal Schubert von seiner Art her nicht so herrschend und mächtig, wie ein Beethoven war, spiegelt sich in diesem Liederzyklus wider. Dem Abschluß der ersten Hälfte mit „Einsamkeit" geht ein Stück in A-Dur voraus: „Frühlingstraum". Die Tonart A-Dur verspricht dabei Hoffnung, die sich aber als Täuschung herausstellen soll. Dieses Lied über den Traum von einer Liebe, welche Schubert ebenfalls nie vergönnt war, bildet den Prolog zum finalen „Einsamkeit", welches die Grausamkeit der Realität und einen Aufschrei der schmerzenden Seele verkörpert. Der Text von Wilhelm Müller umfaßt dabei 3 Strophen, die insgesamt eine Steigerung vollziehen: In der ersten Strophe ist es die Ankündigung des Unheils durch eine „trübe Wolke" sowie ein „mattes Lüftchen". Dem schließt sich die zweite Strophe an, wo die Trägheit und Niedergeschlagenheit des Menschen deutlich wird, die durch die Einsamkeit hervorgerufen ist. Diese Einsamkeit kann dabei zweierlei ausgedeutet werden: Zunächst als Wunsch nach Liebe und Geborgenheit oder aber auch als Sinnbild der Einsamkeit, wenn sich das Leben von einem verabschiedet hat, z.B. durch eine unheilbare Krankheit. Beide Bezüge lassen sich auch mit Schubert in Verbindung bringen, da sowohl Liebe als auch Krankheit ihn zu einem einsamen Menschen haben werden lassen. Diese Einsamkeit des Menschen bricht dann in einem Schrei innerer Verzweiflung in der dritten Strophe heraus. Es ist die Unvereinbarkeit dieses Menschen mit dieser Welt und letztendlich der Wunsch nach Erlösung - dem Tod. Schubert versucht nun mit seiner Musik den Inhalt von Müllers Gedicht zu Unterstreichen. Zentrum der Musik ist dabei in den ersten 14 Takten die Darstellung der Einsamkeit. Dabei ist auffällig, daß es anscheinend zu einem Konkurrenzkampf zwischen rechter und linker Hand kommt. Die rechte Hand kann dabei als Sinnbild des fröhlichen, unbeschwerten Lebens dienen, während die linke die Tiefen und Abgründe darstellt. Im Vorspiel ist dabei zu beobachten, daß sich die rechte Hand der Linken annähert, was man als Sinnbild für die Wandlung des Lebens zum Schlechten deuten kann. Schubert realisiert dabei das Gefühl der Einsamkeit u.a. durch wenig Tonbewegungen in Melodie und Begleitung. Zumeist sind es nur Primen oder Sekunden, die verwendet werden. Dieses verleiht dem Ganzen das Gefühl einer gewissen Monotonie, zumal der Grundton (h, da h-Moll), stets im Baß erhalten bleibt. Die Monotonie wird noch durch die Verwendung des Vorspiels, in leicht abgeänderter Form, als Begleitung unterstützt, zumal die Wirkung der Bindebögen in der Begleitung durch die Akzentuierung jedes einzelnen Tones aufgehoben wird und somit jeder Ton für sich alleine steht, also „einsam" ist. Die kleinen Tonintervalle und der geringe Tonumfang der Melodiestimme von c´ bis c´´ verhindern auch das Erzeugen von Klängen, die durch große Spannung aus dieser Stimmung ausbrechen könnten. Dies alles wird durch das gesetzte pianissimo noch unterstützt. Der leise Beginn des Lieder trägt dadurch den Charakter einer Stimme aus der Ferne, von Vergangenheit und Abschied und in dieser Kette fortgesetzt, im Zusammenspiel mit allen anderen Komponenten, das Gefühl der Einsamkeit. Nachdem Schubert dem Hörer eine Strophenform während der ersten beiden Abschnitte (bis Takt 22) präsentiert, bricht er im dritten Teil aus und geht zur durchkomponierten Form über. Damit wird auch der Übergang im Text deutlich gemacht. Während in den ersten beiden Strophen die Themen Einsamkeit (durch die Motive „Mattheit", „Trübheit") und Mensch im Zusammenspiel mit Natur und Gesellschaft bedeutend waren ist es nun der Aufschrei der gescholtenen Seele. Dem schließen sich dabei auch die Arten der Rezitation an: zunächst herrscht ein Erzählcharakter vor, der dann in einen klagenden, aufgewühlten Ausbruch übergeht. Zudem ändert sich auch die Bedeutung der Klavierbegleitung: sie kommt in den Vordergrund. Es erscheint nun, daß der Text mehr die Begleitung unterstützt, als umgekehrt, was zuvor eher umgekehrt erschien. Die Begleitung der ersten beiden Strophen ist stark monoton und steht im Ziel, ein Motiv (Einsamkeit) bereits hier als leitendes Thema in den Vordergrund zu heben und unterstützt damit vorausgreifend die finale Aussage der zweiten Strophe. Es folgt dann ein Spannungsbogen, realisiert durch eine chromatische Tonleiter, der den Weg bis zum Ausbruch der Seele verbildlicht. Der dann darin geäußerte Schmerz wird von Schubert mit einem Wechsel zum forte und komplizierte Akkorde deutlich gemacht. Die innere Unruhe des Menschen wird durch Schichtakkorde und Triolen, sowie Tremolos deutlich gemacht. Insbesondere die Tremolos verdeutlichen die Sprunghaftigkeit und Zerrissenheit der Seele. Nach der dritten Strophe kommt es dann jedoch zum Bruch mit Müllers Textvorlage: Eigentlich wäre hier das Lied zu Ende, doch Schubert entschließt sich, die dritte Strophe noch einmal zu wiederholen. Dazu hat er den gesamten vorherigen Abschnitt um eine Sekunde nach unten transponiert. Dies kann man auch als Bild des nach unten (in die Erde - zum Tod) hingezogenen Lebens betrachten. Jedoch unterscheidet sich diese Wiederholung noch in einem entscheidenden Ton: In Takt 45 beginnt das Elend mit einem fis, statt dem erwarteten c. Dieser „Höchstton" im Stück markiert den finalen Spannungshöhepunkt - den Schrei in höchster Verzweiflung. Eventuell kann man hier auch schon das Todesereignis vermuten, da direkt nach dieser Phrase wieder ein Wechsel zum pianissimo stattfindet und das Lied mit einen kurzen Nachspiel (letztem Atemzug), welches dem Vorspiel ähnelt, endet. Zudem folgt diesem fis zugleich der tiefste Ton das Kontra-fis, daß alles in die tiefe reißt. Besondere Emphase ist in diesem Abschnitt auf die Unterstreichung der Wörter „Ruhe" und „Licht" gelegt worden. Dies sind die unerträglichen Dinge im Leben dieses Menschen. Dies ist es, was sein Herz schmerzen läßt und es ihm am Ende zerreißt. Die musikalische Umsetzung Schuberts ist dabei durch die Pause in der Begleitung nach „licht" bzw. auf die zweite Silbe von „Ruhe" geprägt. Dieses kurze Aussetzen jeglicher Musik erzeugt eine Ruhe, die im Hörer das Verlangen nach einer Fortführung weckt. Diese erfolgt dann auch, jedoch in einem Intervall von einer kleinen Sekunde, was ein sehr dissonanten Klang erweckt und den Schmerz dieser Worte verdeutlicht. Desweiteren wird diese zweite Zählzeit akzentuiert, um eine zusätzliche Verstärkung zu erzeugen. Insgesamt gesehen ist „Einsamkeit" die Verbildlichung Franz Schuberts und von seinem Leiden. Schuberts Einsamkeit, die Schmerzen seiner Krankheit, die schwere Last nach dem Tod Beethovens - all das läßt sich hier wiederfinden. Ebenso, wie die typischen Merkmale der Romantik. Der Bezug auf die geschichtlichen Ereignisse von 1789 und 1815 läßt sich in der dritten Strophe deutlich erkennen und die aufwendige Akkordstruktur in diesem Teil ist ebenfalls ein klares Merkmal der Romantik. Schubert hätte hier bereits den Schlußpunkt seines Liederzyklus setzen können, denn die Dramatik und der abfallende Schluß geben dazu durchaus die Vorlage. Doch wie in der gesamten Romantik, soll auch hier das gesamte Leid des Menschen und auch die zeitliche Länge von Schuberts Leid zum Ausdruck kommen, weshalb nach dem Schluß von „Einsamkeit" der Zyklus mit „Die Post" wieder aufgenommen wird. Dieses Lied in Dur greift noch einmal die vergangene Liebe auf; zeigt wieder Leben im Herz und hält somit den Zyklus am Leben und führt ihn weiter in weiteres Leid, wobei die Täuschungen sich häufen und der Mensch immer tiefer in seine Verzweiflung läuft. Diese Häufung von Liedern in Dur (6 von 12) kann ebenfalls auf Schubert übertragen werden, wenn man sie als die Tage interpretiert, an denen die Hoffnung in ihm keimt auf weniger Schmerzen oder Erlösung. Es sind vielleicht die falschen Hoffnungen, an die man sich klammert, wenn man dem Ende nahe ist. Die „Winterreise" klingt dann schließlich mit dem „Leiermann" aus - ein Symbol für das immer wiederkehrende Leid und das Wandern im Kreis mit nur einem Ziel: dem Tod. Bereits 1829 stirbt Schubert dann und findet damit vielleicht die Erlösung , die während des gesamten Zyklus herbeigesehnt wird.Müller, Wilhelm, genannt Griechen-Müller, (1794-1827), Schriftsteller. Er wurde am 7. Oktober 1794 als Sohn eines Schneiders in Dessau geboren und studierte zwischen 1812 und 1817 Philologie in Berlin. 1813 kämpfte er in den Befreiungskriegen gegen die Truppen Napoleons im preußischen Heer. Nach einer Italienreise als Begleiter wurde er zunächst Gymnasiallehrer, dann herzoglicher Bibliothekar in Dessau, wo er bis zu seinem frühen Tod durch Herzschlag am 1. Oktober 1827 lebte. Befreundet war er u. a. mit Ludwig Tieck, Johann Wolfgang von Goethe, Ludwig Uhland und Justinus Kerner.In seiner Zeit galt Müller vor allem als der Bedichter des griechischen Freiheitskampfes. Seine Gedichtbände Lieder der Griechen (1821) bzw. Neue Lieder der Griechen (1824) brachten die in ganz Europa vorhandene Sympathie für die Griechen (Philhellenismus) adäquat zum Ausdruck. 1824 kam auch Müllers philologische Studie Homerische Vorschule heraus. Noch heute populär sind manche seiner Lieder, so etwa Das Wandern ist des Müllers Lust und Am Brunnen vor dem Tore, aus den 1821 erschienenen Gedichtzyklen Die schöne Müllerin und Die Winterreise, nicht zuletzt aufgrund ihrer Vertonung durch Franz Schubert. Wie in der Lyrik Joseph von Eichendorffs, so ist auch bei Müller der teils heitere, teils düster-melancholische Volksliedton der Romantik vollkommen ausgeprägt. Des Weiteren war Müller als Beiträger der Zeitschriften Hermes, oder Leipziger kritisches Jahrbuch der Literatur und Literarisches Conversations-Blatt im Verlag F. A. Brockhaus. Zeitweise arbeitete er als Redakteur der Allgemeinen Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste von Samuel Ersch (1766-1828) und Johann Gottfried Gruber (1774-1851). Seine Vermischten Schriften wurden 1830 von Gustav Schwab herausgegeben.
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