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Max Frisch - "Homo Faber" - Schwangerschaftsunterbrechung - Referat
„Homo Faber“: S.105-107 Interpretation
Walter Faber der eingefleischte Techniker, Rationalist und Hauptprotagonist des Buches „Homo Faber“ von Max Frisch, welches 1977 erschien erlebt im Verlaufe des Buches eine Wesenswandlung vom rationalistischen Amerikaner zum naturinteressierten und irrationalen Menschen. Diese Wandlung wird primär durch die Konfrontation mit seiner Vergangenheit und der daraus resultierenden Liebesbeziehung mit seiner Tochter ausgelöst.
Mit dieser trifft er sich nach einer Begegnung mit dem krebskranken Professor O. in der Pariser Oper, welche den Anfang der Beziehung der beiden bedeutet und beginnt nun, da er über die Vergangenheit berichtet und die Auswirkungen der Beziehung mit seiner Tochter kennt, die Vorteile der Schwangerschaftsunterbrechung aufzuzählen.
Desweiteren schneidet er hierbei die Wichtigkeit der Technik an.
In der Textstelle von S.105-107 fängt Faber rückblickend an über die Schwangerschaftsunterbrechung nachzudenken, da durch die Unterlassung dieser von Hanna erst die Umstände geschaffen wurden, dass er eine inzestuöse Beziehung mit seiner Tochter eingeht.
Zuerst stellt er die These auf, dass Schwangerschaftsunterbrechung gerechtfertigt ist und führt dies mit einer langen Argumentation aus, welche vor allem die drohende Überbevölkerung der Erde als Hauptgrund für seine Befürwortung und führt außerdem die zahlreichen Errungenschaft der modernen Wissenschaft an, welche dazu führen dass der Mensch die Fortpflanzung der Menschen bestimmen kann und dies nach Faber auch muss.
Daher beleidigt er Gegner dieser Praxis als Romantiker und deshalb als irrational, denn Die Schwangerschaftsunterbrechung ist für ihn ein Resultat aus der sich weiterentwickelten Kultur.
Desweiteren behauptet er, dass einige keine Kinder wollen und deshalb das Recht hätten diese auch abzutreiben und das bekommen eines Kinde reiner Zufall ist und nicht zwingend notwendig.
Abschließend führt er noch einmal an, dass die Technik nicht mehr wegzudenken und alle Gegner sich eingestehen müssen, dass ohne die Technik kein normales Leben möglich wäre.
An dem Aufbau und der Argumentationsweise lassen sich Fabers rationale und technisch bezogene Ideologien und seine Bemühung persönliche Konflikte zu verallgemeinern und in einen sachlichen Zusammenhang zu bringen, erkennen.
Der Text ist ein Monolog Fabers und wie die vorherigen Passagen im einem berichtähnlichen Stil verfasst. Dieser dient im Nachhinein als Rechtfertigung für die Beziehung mit Sabeth, welche ohne die Unterlassene Abtreibung nicht zustande gekommen wäre und ist daher argumentativ aufgebaut.
Insgesamt dient die Textstelle für Faber als emotionale Selbstschutz.
Dies lässt sich schon am Anfang des Textes erkennen als Faber einführt, dass er nachdem „er weiß, wie alles gekommen ist“ (Z.5) und dass das „junge Mädchen“ (Z.6) mit dem er sich verabredet hat, dasjenige ist, welches „sie nicht hatten wollen“ (Z.10) die inzestuöse Beziehung bereut und er diese deshalb als Folge der unterlassenen „Schwangerschaftsunterbrechung“ (Z.11) sieht und sich damit ein Grundgerüst für seine sachliche Argumentation, welche von „verschiedenartigen Leuten“ (Z.10) geteilt wird und zur Ablenkung der Schuld auf die „Romantik(er)“ (Z.47) wie Hanna dient.
Sein Monolog ist daher wie ein gut strukturierte Erörterung aufgebaut und lässt sich in mehrere Teile aufgliedern.
Zuallererst stellt er die These auf, dass „Schwangerschaftsunterbrechung (…) heutzutage eine Selbstverständlichkeit“ (Z.14) sei.
Dies begründet er mit dem „Fortschritt in Medizin und Technik“ (Z.16), welche „verantwortungsbewusste Menschen“ (S.17) dazu zwingen würden diese Maßnahme zu vollführen. Diese Ansicht zeigt abermals deutlich, dass Faber mit seinen technokratischen Weltbild Hanna als unverantwortungsvollen Menschen darzustellen, welcher durch falsche Ideale die Unterbrechung verhinderte und somit der Grund für seinen dramatischen Fehler sei.
Weiterhin beruft sich Faber auf Statistiken, wie den „Erfolg der Prophylaxe“ bei „Tuberkulose“, welche von „30%“ auf „8 %“ (Z.40-41) sank. Diese nutzt er, um sein positives Bild des Fortschritts untermauern und die „Romantik(er)“ (Z.47) als absurd darzustellen und somit seine Sichtwiese auf die Welt und seine Handlungen zu rechtfertigen.. Die Argumentation im Detail ist hierbei unwichtig, jedoch zieht er daraus eine weitere Schlussfolgerung, die besagt, dass „Schwangerschaftsunterbrechung eine Konsequenz der Kultur“ (Z.60) sei und „Moralisten“ (Z.59) die Schuld daran tragen, dass diese noch nicht zur Normalität gehört. Hierbei versucht er wieder die Schuld von sich auf andere Abzulenken und somit die eigene Gefühlslast zu mindern.
Außerdem spielt er abermals den Schicksalsgedanken herunter und stuft das Kinder bekommen auf einen „ mechanisch-psychologischen Zufall“ (Z.72)zurück. Dies wird von Faber dazu genutzt die Macht des Schicksals über ihn abzuwerten, da er selbst ein schicksalhaftes Muster in seinem Leben erkennt, welches sein vorherrechenbares Denken bedroht und daher durch logische Schlussfolgerungen ausgeschlossen werden muss.
Schlussendlich weißt er noch einmal daraufhin, dass er „Was Wir ablehnen:“ (Z.77), wieder eine Verallgemeinerung zur Bestärkung seines Standpunktes, wobei offen bleibt, wer wir ist, „Natur als Götze“ (Z.77f). Er erbaut sich im Schluss seine Argumentation wie immer eine Bergründungskette, um aufzuzeigen, dass der Mensch auf die Technik angewiesen ist und „Schicksal“ (Z.70) und „Natur“ (Z.77) keine Relevanz für den Homo Faber haben.
Abschließen lässt sich erkennen, dass die Textstelle dem Muster der Verhaltensweise Fabers in der ersten Station fast gleicht und er wieder versucht Schuld und Zweifel wegzuschieben, indem er sein Weltbild bekräftigt und andere indirekt schuldig spricht für die negativen Geschehnisse, um sich vor emotionalen Momenten zu schützen, die sein Selbstbild und ihn zu diesem Zeitpunkt zerstören würden.
Eingeordnet im Kontext der Geschichte, zwischen der Begegnung mit Professor O. und der bevorstehenden Liebesbeziehung mit seiner Tochter Sabeth und dem daraus resultierenden Wandel hat die Textstelle die Funktion dem Leser noch einmal Fabers eingefahrenes Denkmuster und seine Vorgehensweise zur Vertuschung aufzuzeigen und dient weiterhin als Zeichen für den Wendepunkt in Fabers Lebender daraus resultiert.
Außerdem stehen die Begegnung mit O. und Sabeth im Kontrast: O. symbolisiert den Tod und Sabeth die Jugend und Lebensfreude, folglich ist die Abtreibung ein Symbol für die Wahl zwischen Leben und Tod, welches der Scheidepunkt ins Fabers Leben ist.
Daher kann man zusammenfassend schlussfolgern, dass die Textstelle und ihre beiden benachbarten Stellen eine sehr wichtige Funktion für das Gesamte Buch erfüllen und daher äußerst wichtig für das weitere Verständnis des Romans sind.
Deshalb ist diese Passage meiner Meinung nach für den Leser eine gute Zusammenfassung Fabers Weltbildes und lässt daher seine spätere Wandlung noch extremer erscheinen.
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