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Sturm und Drang - 10.Version - Referat
Sturm und Drang (ca. 1765 - 1785)
1. Theorie:
Als Sturm und Drang (auch Geniezeit, Genieperiode) wird eine rein literarische Gegenbewegung zur Aufklärung bezeichnet. Während es in der Aufklärung vor allem um die Betonung des Rationalen ging, war der zentrale Wert im Sturm und Drang die Empfindung, Phantasie, Spontaneität und das Freiheitsstreben des Individuums. Die Epoche wurde nach dem gleichnamigen Drama von Friedrich Maximilian Klinger benannt und wurde stark durch den französischen Philosophen Rousseau geprägt.
2. Historischer Hintergrund:
- absolutistische Herrscher in ganz Europa
- Zahlreiche Kleinstaaten innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nach dreißigjährigen Krieg
-> konfessionelle Unterschiede zwischen den Kleinstaaten
- Vor allem die jungen Bürger (20-30 jährige) kritisierten den Absolutismus, die gesellschaftlichen Vorurteile, die Standesschranken (Adel ↔ Bürger ↔ Bauern) und die religiöse Intoleranz
- Protestbewegung gegen die Denk- und Lebensformen der Aufklärung: Gründung des Sturm und Drangs
- Epoche war politisch völlig bedeutungslos → rein literarische Bewegung
3. Motive und Merkmale des Sturm und Drangs
a) Motive:
- Selbstverwirklichung eines Genies (→ Mensch/ Dichter , der als Schöpfer die Welt um sich erschafft) → Einheit von Seele, Leib und Geist
- Vergöttlichung der Natur → Pantheismus
- Konflikt zwischen Moralkodex und Leidenschaft
- Protest gegen ständische Schranken und/oder die Korruption des Herrschenden
b) Merkmale:
Halbsätze; Verwendung von Kraftausdrücken, Umgangssprache und volkstümlichen Ausdrücken; Ausrufe; sehr emotional
4. Bevorzugte Formen:
a) Drama: wichtigste Gattung im Sturm und Drang; Bruch mit der traditionellen Einheit von Ort, Zeit und Handlung (= offenes Drama) → Vorbild Shakespeare
→ Unterform: Bürgerliches Trauerspiel(z.B.: „Kabale und Liebe“, F. Schiller; „Die Soldaten“, J.M.R. Lenz)
b) Lyrik: vor allem Liebes-/Naturlyrik bzw. Erlebnislyrik und politische Gedichte („Der Bauer an seinen durchlauchtigen Tyrannen“, G.A. Bürger) mit freier Rhythmik
→ Balladen, Oden, Hymnen und Volkslieder
c) Epik : Briefroman („Die Leiden des jungen Werthers“, J.W.v. Goethe)
5. Autoren und Werke:
- Gottfried August Bürger (1747-1794):
Leonore (1773)
Der Bauer an seinen durchlauchigen Tyrannen (1774)
- Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832):
Willkomm und Abschied (1771)
Prometheus (1772 – 1774)
Götz von Berlichingen (1773)
Die Leiden des jungen Werther (1774)
- Johann Gottfried von Herder (1744-1803):
Fragmente über die neuere deutsche Literatur (1767/68)
Volkslieder (1778/79)
- Friedrich Maximilian Klinger (1752-1831):
Sturm und Drang (1776)
- Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792):
Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung (1774)
Die Soldaten (1776)
- Friedrich Schiller (1759-1805):
Die Räuber (1781)
Kabale und Liebe (1784)
6. Beispiele aus Texten:
Auszug aus „Die Leiden des jungen Werther“ von J.W.v. Goethe: Brief vom 10. Mai:
„Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenommen, gleich den süßen Frühlingsmorgen, die ich mit ganzem Herzen genieße. Ich bin allein und freue mich meines Lebens in dieser Gegend, die für solche Seelen geschaffen ist wie die meine. Ich bin so glücklich, mein Bester, so ganz in dem Gefühle von ruhigem Dasein versunken, daß meine Kunst darunter leidet. Ich könnte jetzt nicht zeichnen, nicht einen Strich, und bin nie ein größerer Maler gewesen als in diesen Augenblicken. Wenn das liebe Tal um mich dampft, und die hohe Sonne an der Oberfläche der undurchdringlichen Finsternis meines Waldes ruht, und nur einzelne Strahlen sich in das innere Heiligtum stehlen, ich dann im hohen Grase am fallenden Bache liege, und näher an der Erde tausend mannigfaltige Gräschen mir merkwürdig werden; wenn ich das Wimmeln der kleinen Welt zwischen Halmen, die unzähligen, unergründlichen Gestalten der Würmchen, der Mückchen näher an meinem Herzen fühle, und fühle die Gegenwart des Allmächtigen, der uns nach seinem Bilde schuf, das Wehen des Allliebenden, der uns in ewiger Wonne schwebend trägt und erhält; [...]“
Typisch für Sturm und Drang:
→ Zentrale Begriffe: Herz, Seele, Gefühl
→ Gefühl ist wichtiger als Kunst
→ Bewunderung der Natur
→ Natur ist Ort Gottes/ „Des Allmächtigen“ (Gott als Urgefühl/-instanz → Pantheismus)
Auszug aus „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller, Akt 2 – Szene 3:
„Lady: Diese traurige Periode hatte einer noch traurigern Platz gemacht. Hof und Serail wimmelten jetzt von Italiens Auswurf. Flatterhafte Pariserinnen tändelten mit dem furchtbaren Scepter, und das Volk blutete unter ihren Launen“
Typisch für Sturm und Drang:
→ Kritik an der Politik (Unterdrückung des Volkes)
→ Kritik an der verdorbenen Kunstwelt des Adels
Quellen: Materialien aus der 10. Jahrgangsstufe; Stark Abi Skript Deutsch; School-Scout Kernmerkmale des Sturm und Drang / Das Drama der Aufklärung und das Drama des Sturm und Drang / Die literarische Epoche des Sturm und Drang; www.wortwuchs.net/literaturepochen/sturm-und-drang; Schiller, Friedrich, Kabale und Liebe; J.W., Goethe von, Die Leiden des jungen Werthers; Hille, Markus, Deutsch auf einen Blick!
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