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Tschernobyl - Referat
Tschernobyl
1. Das fatale Experiment
- am 25. April 1986 sollte im 4. Block ein Experiment stattfinden, bei dem überprüft werden sollte, ob die Turbinen bei einem kompletten Stromausfall im Kraftwerk noch genügend Strom liefern können, um die Notkühlung des Reaktors zu gewährleisten.
- Um das Experiment unter realistischen Bedingungen stattfinden zu lassen, wurde das Notprogramm "Havarieschutz" abgeschaltet, in dem alle wichtigen Sicherheitseinrichtungen wie die Notkühlung und das Einfahren der Bremsstäbe zusammengefasst sind.
- Der Beginn des Experiments wurde verschoben, so dass die unvorbereitete Nachtschicht des 26. April die Durchführung eines Experiments übernahm, dessen Versuchsanordnung den Reaktor praktisch schutzlos gemacht hatte.
2. Der Unfall
- Durch einen Bedienungsfehler des unerfahrenen Reaktoroperators Leonid Toptunow fiel kurz vor Beginn des Experiments die Reaktorleistung stark ab.
- Um sie wieder anzuheben, entfernten die Operatoren Bremsstäbe und unterschritten dabei die zulässige Minimalgrenze von 28 Stäben. Damit war der Reaktor in einem gefährlichen Sicherheitszustand.
- Dennoch befahl der Stellvertretende Chefingenieur des Kraftwerks, Anatolij Djatlow, den Beginn des Experiments. Dabei schalteten die Operatoren zu viele Kühlpumpen zu, so dass der mit wenig Leistung arbeitende Reaktor das ihn umfließende Wasser nicht mehr verdampfen konnte.
- Akimow, der Schichtleiter, und Toptunow wollten den Test abbrechen, doch Djatlow trieb sie weiter an: "Noch ein, zwei Minuten, und alles ist vorbei! Etwas beweglicher, meine Herren!"
- Als die Bedienungsmannschaft nun den Strom abschaltete und nur die Auslaufenergie der Turbine die Wasserpumpen antrieb, wurde wieder weniger Kühlwasser durch den Reaktorkern gepumpt. Das Wasser wurde heißer, erreichte aber nur die Siedetemperatur.
- Da der Reaktor nur bei verdampfendem Kühlwasser ausreichend gekühlt werden kann, begann seine Leistung anzusteigen. Spätestens an dieser Stelle wäre der Havarieschutz komplett angelaufen, aber er war ja abgeschaltet.
- Als Akimow den sprunghaften Leistungsanstieg im Reaktor bemerkte, löste er den Havarieschutz manuell aus. Sofort wurden alle Bremsstäbe eingefahren (über 200 Stück!).
- Doch genau an diesem Punkt entblößte der RBMK-Reaktor seinen gravierendsten Konstruktionsfehler: Die Einfahrgeschwindigkeit der Bemsstäbe ist viel zu niedrig. Außerdem befinden sich an der unteren Spitze der Bremsstäbe Graphitköpfe, welche die Kettenreaktion nur noch beschleunigen. Da die Graphitspitzen zuerst eingeführt wurden, erhöhte sich die Leistung für einen Moment sprungartig - der letzte Schub, der "Todesstoß" für den außer Kontrolle geratenen Reaktor
- Fatalerweise hatten sich durch die ungeheure Hitze im Reaktorkern auch noch die Kanäle der Bremsstäbe verformt, und die Bremsstäbe verklemmten sich unwiderruflich. Es waren beinahe nur die reaktionsbeschleunigenden Graphitköpfe im Reaktor. Die Katastrophe war nicht mehr zu verhindern.
- In der aktiven Zone begann eine chemische Reaktion zwischen dem Zirkonium, das die mittlerweile geborstenen Brennstoffkammern umhüllt, und dem Dampf. Es bildeten sich Wasserstoff und Sauerstoff - Knallgas! Um 23:58 Uhr zerriss eine mächtige Knallgasexplosion den Reaktor und alles, was ihn umgab. Ein großer Teil des radioaktiven Reaktorinhalts wurde nach draußen geschleudert. Nur der heldenhafte Einsatz von Feuerwehrleuten und Kraftwerksmitarbeitern verhinderte in dieser Nacht eine noch größere Katastrophe.
3. Ausbreitung der radioaktiven Wolke
- Erste Meldungen über einen Anstieg der Radioaktivität kamen am 28. April aus Schweden
- Aufgrund einer veränderten Wetter- und Strahlenlage driftete die radioaktive Wolke nach Polen ab und bewegte sich von dort am 29. April auf Deutschland zu, bis am 30. April ein Hochdruckgebiet die Luft aus der Ukraine nach Süddeutschland (vor allem auf Bayern) strömen ließ. In Südbayern wuschen dann heftige Gewitterregen nahezu die gesamte Radioaktivität aus der Luft in den Boden.
- Die Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung (GSF) ermittelte im Norden von München Werte um 200000 Becquerel pro m² Boden statt der sonst üblichen 300 Bq pro m². Der überwiegende Anteil der Strahlung stammte von sehr kurzlebigen und leicht-flüchtigen Radionukliden (z.B. Tellur, Edelgase). Etwa 20000 Bq stammten vom längerlebigen Cäsium-137.
4. Folgen des Unfalls
- Bei der Explosion wurden zwei Männer durch herabstürzende Trümmer erschlagen. In den Wochen nach der Katastrophe starben noch weitere 30 Menschen. Sie erlagen der gewaltigen Strahlung, der sie bei ihren Rettungsarbeiten ausgesetzt waren.
- 135000 Sowjetbürger, die in der Nachbarschaft von Tschernobyl wohnten, mussten größtenteils vorübergehend evakuiert werden. 18 % dieser Menschen waren einer gesundheitlich nicht mehr unbedenklichen Strahlung ausgesetzt.
- In der Bundesrepublik Deutschland war die Strahlenbelastung nach Tschernobyl je nach geographischer Lage recht unterschiedlich. Am stärksten betroffen war Südbayern, wo im Mai 1986 bis zu 45000 Bq/m² Cs-137 an der Bodenoberfläche registriert wurden.
5. Cäsium in der Umwelt
- Die hohe Cäsiumaktivität vieler Lebensmittel im 1. Jahr nach dem Reaktorunfall ist auf die direkte Aufnahme der Radionuklide durch die Blätter zurückzuführen, obwohl die radioaktive Wolke zu einer günstigen Jahreszeit über Deutschland trieb. Die Vegetation war noch weit zurück in ihrer Entwicklung. Das Getreide und die Kartoffeln standen noch nicht so hoch, dass sie nennenswerte Mengen an Radionukliden hätten aufnehmen können. Hingegen musste der Salat weitgehend vernichtet werden. Kühe wurden vorwiegend mit Winterfutter weiterversorgt.
- Wurde - entgegen der Warnungen von Radioökologen - die Heuernte nach Tschernobyl als Futter verwertet, waren gemäß der Vorhersagen erhöhte Werte in Milch und Milchprodukten sowie in Fleisch und Fleischprodukten messbar.
6. Zehn Jahre nach dem Unfall
- Am 9. April 1996 fand in Wien eine internationale Konferenz statt, die von der Internationalen Atomenergie- Organisation (IAEO), der Europäischen Kommission (EC) und der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) veranstaltet wurde.
- Folgende langfristige Schäden durch Tschernobyl wurden festgehalten:
- unmittelbare gesundheitliche Schäden
- Zunahme an insbesondere kindlichen Schilddrüsenkrebs, Immunschwäche und
Gastritis
- erhöhte Rate an Leukämieerkrankungen ist bisher jedoch nicht bestätigt worden
- Unterschätzt wurden bisher die psychischen und sozialen Folgen der Katastrophe
7. Schlussbemerkung
- Zu den Folgen von Tschernobyl können letztlich nicht nur die aufgezeigten biologischen, chemischen und medizinischen Aspekte gerechnet werden.
- Die öffentlichen Diskussionen in den Monaten danach haben deutlich gezeigt, dass die Bewertung der naturwissenschaftlichen Fakten - sofern diese überhaupt eindeutig nachweisbar sind - erheblich von politischen Interessen und ideologischen Konstellationen abhängig ist.
- Die Debatte um den "Ausstieg aus der Atomenergie" hat sich "nach Tschernobyl" zwar ausgeweitet und verschärft, doch welche Effekte dieses Streits sich in der politischen Praxis durchsetzen, bleibt abzuwarten.
Tschernobyl ist eine Katastrophe, die niemals endet
Quelle(n) für dieses Referat: - Internetseite
www.reyl.de/tschernobyl
www.google.de
- Bertelsmann Lexikon
- AG Ärzte gegen AKW (Hrsg.): Gesundheit oder Atomkraft. Nach Tschernobyl, 1986
Ulrich Beck: Der anthropologische Schock. Tschernobyl und die Konturen der Risikogesellschaft, 1988
Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.): Auswirkungen des Reaktorunfalls in Tschernobyl auf die Bundesrepublik Deutschland, 1987
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Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (Hrsg.): Der Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl. Teil 1:
Zusammenfassung und Bewertung vorliegender Informationen zur Anlage und zum Unfallablauf. Teil 2: Radiologische
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Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (Hrsg.): Neuere Erkenntnisse zum Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl.
Teil 1: Zusammenfassung und Bewertung der Informationen zum Unfallablauf.
Teil 2: Radiologische Auswirkungen in der Bundesrepublik Deutschland und im Ausland (GRS-Berichte 40), 1986
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Gerhard Hosemann, Eugen Wirth (Hrsg.): Natürliche und künstliche Strahlung in der Umwelt. Eine Bilanz vor und nach Tschernobyl (Erlanger Forschungs Reihe B 17), 1987
Alla Jaroschinskaja: Verschlusssache Tschernobyl. Die geheimen Dokumente aus dem Kreml, 1994
Volkhard Knigge: Fragen nach Tschernobyl. Eine Vortragsreihe der Universität Oldenburg, (Informationen zur wissenschaftlichen Weiterbildung 35), 1988
Grigori Medwedew: Verbrannte Seelen. Die nukleare Katastrophe von Tschernobyl, 1991
Zhores A. Medwedjew: Das Vermächtnis von Tschernobyl, 1991
K. Niklas u.a. (Hrsg.): Tschernobyl und die Folgen. Begutachtung von Strahlenschäden (Strahlenschutz in Forschung und Praxis 29), 1987
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