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Werther und die Gesellschaft - Referat
Interpretation
Werther und die Gesellschaft
Natur steht der Stadt diametral gegenüber. Stadt bedeutet Zivilisation und Gesellschaft, gleichzeitig aber auch Vorherrschen von Konventionen und Gesetzen, wodurch Werther sich in seiner freien Entfaltung gehindert fühlt.
Werther und sein Menschenbild
Die Gesellschaft wurde im 18. Jahrhundert vor allem durch die dominierende Rolle des Adels geprägt. Das Bürgertum hatte keinen Einfluss auf die politische Situation zu dieser Zeit, wodurch die Standesunterschiede deutlich wurden.
Auch Werthers Menschenbild wird durch diese Zeit geprägt, was an seiner Einstellung zu den verschiedenen Ständen gezeigt wird. Werther ist kein Befürworter einer Abschaffung der Standesgrenzen, er weiß um die Vorteile die sie ihm verschaffen. Seine Kritik richtet sich nicht generell an den Adel als parasitäre Oberschicht, sondern vielmehr an diejenigen, die ihm demonstrativ den Zutritt zu ihrem sozialen Nivea verweigern.
Werther und das Bürgertum
Bürgertum: Menschen, die nicht zum Adel und nicht zu den Bauern gehören.
Werthers Abneigung gegenüber dem Bürgertum wird an seiner Kritik gegenüber Albert, seinem Gegenspieler im Bezug auf Lotte, deutlich. Albert, der eine Anstellung am Hofe findet, ist ein erfolgreicher sowie fleißiger Bürger mit geregelter Tätigkeit um die ihn Werther teilweise beneidet aber auch davor zurückschreckt so zu leben wie er. Dies wird an dem Gespräch zwischen Werther und Albert deutlich. Die beiden führen ein Streitgespräch über den Selbstmord, wobei Werther ziemlich erregt ist und seine Kritik an Alberts Lebensweise deutlich zeigt (S.39, Z.28-38). Auf eine folgende Kritik Alberts (S.40, Z.2-3) droht Werther das Gespräch abzubrechen. Er bekommt sich jedoch wieder in den Griff und führt das Streitgespräch weiter.
Werther hinterfragt jedoch auch die Lebensweise des gesamten Bürgertums. Er kritisiert immer wieder bürgerliche Tugenden (Verstand, Nüchternheit, Oberflächlichkeit) von der Erziehung bis zum täglichen Leben., wobei er das "Dorfgetratsche" in ein schlechtes Licht rückt. Er spricht sich über die übereilte Verbreitung von Gerüchten aus, ohne deren Hintergründe zu hinterfragen (S.38, Z.31-35).
Er findet jedoch auch Gefallen an der bürgerlichen Lebensweise mit deren einfachen Strukturen, in denen trotzdem jeder sein Glück findet und Arbeit mit Freude und Munterkeit verrichtet (S.37, Z.30-34). Außerdem schätzt Werther die Hilfsbereitschaft der Menschen füreinander, ihre Menschlichkeit (S.12, Z.15-23) sowie die Genügsamkeit ihrer kleinen Schätze, wie zum Beispiel ein häuslicher Garten (S.11, Z.8-16)+(S.62, Z.18-23). Er hält das Bürgertum für stark und widerstandsfähig (S.40, Z.11-21), was er mit der Unterdrückung begründet, der sie ständig ausgesetzt sind.
Nach anfänglicher, positiver Einstellung dem Bürgertum gegenüber vollzieht sich Werthers Menschenbild (des Bürgertums) jedoch einem Wandel und geht ins Negative über. -
-Albert ist ein Repräsentant des Bürgertums
-Das Bürgertum erscheint Werther völlig beschränkt (Regeln, Sparsamkeit, Zuverlässigkeit im Dienst, keinerlei Ausschweifungen)
-Das Bürgertum hat außer der Arbeit keine Ziele, es fürchtet sich vor der Freiheit.
-Natur ist für das Bürgertum lediglich Objekt menschlicher Arbeit.Es lebt nicht aus tiefstem Herzen.
-Das Bürgertum stellt keinerlei Ansprüche an die Ausbildung und Verwirklichung aller Fähigkeiten, sondern geht in einem System der Arbeitsteilung seinen ökonomischen Interessen nach.
-Arbeit bedeutet für Werther das Vorherrschen von bürgerlichen Verhaltensweisen, sodass eine Arbeit für ihn nicht in Frage kommt. Er fühlt sich in der Entfaltung all seiner Fähigkeiten durch bürgerliche Arbeit behindert. Er vergleicht sich mit einer Marionette!
-gegenüber dem „einfachen Volke“ steht Werther positiv gegenüber, da es für Unverdorbenheit, Unschuld und Naturhaftigkeit steht. Selbst wenn gesellschaftliche Unterschiede als etwas Naturgegebenes hingenommen werden, können Werthers Wünsche nach freier Kommunikation realisiert werden.
Beziehung zu den Ständen
Werther differenziert sich nicht wie andere vom einfachen Volk, obgleich er weiß " wie wichtig die Unterschiede zwischen den Ständen sind ( S.8/22 )." Lediglich dem einfachen Volk steht er positiv gegenüber. Werther ist gern in dieser Gesellschaft und zieht es sogar dem Adel vor. Genau wie Werther an der Natur die Einfachheit liebt, bewundert er die Einfachheit des einfachen Volkes, das nur in den Tag hineinlebt, ohne sich Gedanken über etwas zu machen und dass die Standesunterschiede als etwas Naturgegebenes ansieht.
-Werther versteht sich – ganz in der Manier der Stürmer und Dränger – als autonomes Subjekt, das sich selbst verwirklichen will, dabei kommt der eigenen Leidenschaft, dem Gefühl und der Empfindsamkeit ein sehr hoher Stellenwert zu.
-Dieser Lebensentwurf steht im Widerspruch zu der ständisch gegliederten Gesellschaft. Der Adel stand an der Spitze der Hierarchie, das Bürgertum, inzwischen mächtiger geworden, hatte sich ihm aber noch unterzuordnen.
-Werther gehört zu den bürgerlichen Personen im 18. Jahrhundert, die, mehr oder weniger unabhängig von den höfischen und klerikalen Institutionen, trotzdem um eine sehr eigenwillige Identität kämpfen.
-Werther ist betrübt, wenn er daran denkt, dass der Mensch arbeiten muss, um sich am Dasein zu erhalten. (S.12)
-In der Bürgerwelt kann und will sich Werther niemals einordnen. Auch die Welt des Adels bleibt ihm verschlossen. Als er beim Gesandten, als Sekretär arbeitet, scheitert der Integrationsversuch radikal, er kündigt seinen Dienst nach wenigen Monaten auf.
-Werther stellt die Hierarchie der Gesellschaft nicht in Frage, er kritisiert sie lediglich dann, wenn sie seinem Freiheitsdrang im Weg steht: „Zwar weiß ich so gut als einer ,wie nötig der Unterschied der Stände ist wie viel Vorteile er mir selbst verschafft (…).“
-Es macht keinen Unterschied, ob Werther die Bürger oder die Adeligen kritisiert, denn er leidet grundsätzlich an der Gesellschaft.
-Aus dieser antizivilisatorischen Ablehnung heraus, die man auf der Philosophie Jean-Jacques Rosseaus zurückführen kann, lässt sich verstehen, warum Werther die Welt der Kinder und der einfachen Leute so hoch schätzt. Kinder sind für ihn „unverdorben“ , noch nicht von den gesellschaftlichen Konventionen verformt; aus diesem Grund sucht er immer wieder ihre Nähe.
-Statt sich den Anforderungen des Erwachsenseins zu stellen, flüchtet sich Werther – regressiv – und die kindliche Lebenswelt.
-Die Gesellschaft trocknet seine „Sinne“ aus, auch deshalb ist er nicht der Lage, sich zu integrieren. Hier ist deshalb kein Platz für sein mit innigsten Gefühle überbordetes Stürmer und Dränger – Herz. So hält er es wegen der Geringschätzung seiner emotionalen Bedürfnisse auch auf dem Jagdschloss des Fürsten nicht lange aus. (S.89)
-Die Distanz zur Gesellschaft wird im Brief vom 20. Januar 1772 besonders deutlich.
-Nur mit Widerwillen richtet er seine Existenz nach den Regeln des Hofes aus. Aber schon an gleicher Stelle bringt er die unaufhebbare Kluft zwischen sich und der Gesellschaft auf den Punkt. (S.76-78)
-Der Konflikt Werthers mit der Gesellschaft bleibt nicht nur auf das berufliche Leben begrenzt; auch im privaten Bereich stößt er immer wieder auf Antipathien. So wird er zum Beispiel während eines höfischen Gesellschaftstreffens von den Gästen ausgeschlossen, da er nach ihrer Meinung nicht in das Bild der Versammlung hineinpasse.
-Eine besondere Demütigung und Enttäuschung ist für ihn, dass er ausgerechnet vom Grafen C., zu dem er bisher ein so gutes und freundschaftliches Verhältnis hatte, gebeten wird, die Versammlung zu verlassen. In dieser Situation steigen Werthers Aversionen gegen die höfische Welt noch weiter.
-Nach diesem Ereignis tief gekränkt, gibt Werther schließlich seine Stellung am Hof auf und nimmt die Einladung eines Grafen an. Allerdings ist er auch hier nicht glücklich, da der Graf nach Werthers Verständnis mit wirklicher Kunst nichts anfangen kann.
Die Missstände der Gesellschaft als Legitimation für einen Selbstmord
-Er schwärmt von Individualität und klagt die Gesellschaft ihrer strengen Normen an. Gleichzeitig ist er aber nicht in der Lage, die Individualität anderer Menschen zu akzeptieren. Hier bestätigt sich nun die These, dass die Gesellschaftsmissstände nur als Vorwand für seinen Selbstmord verwendet werden.
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