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Werthers Scheitern - Referat
Im Folgenden werde ich mich mit der Frage auseinander setzen warum und woran Werther scheitert. Dabei werde ich besonders auf seine Persönlichkeit eingehen, seine unglückliche Liebe zu Lotte, sein Versagen als Künstler und schließlich sein Scheitern an der Gesellschaft.
Grundlegend für Werthers Scheitern ist seine instabile Persönlichkeit. Er ist ein sehr sensibler und emotionaler Mensch, der anfällig für starke Stimmungsschwankungen ist. Auch Lotte ahnt schon früh, dass seine Emotionalität ihn zugrunde richten wird (Brief vom 1. Juli). Werther ist nicht in der Lage seine unkontrollierte Leidenschaft zu beherrschen und ihr eine konstruktive Richtung zu geben. Deswegen wird sie schließlich zu einer selbstzerstörerischen Kraft, die sich gegen ihn selbst richtet. Schuld an W. Scheitern ist vor allem das fehlende Gleichgewicht zwischen Vernunft und Gefühl. Das wird z.B. daran deutlich, dass er trotz der herrlichen Natur um ihn herum, nicht zeichnen kann, denn ihm fehlt der nötige Abstand um seine Gefühle künstlerisch umsetzen zu können (Brief vom 24. Juli). Werther scheitert also sogar an der Kunst, die er mehr und mehr vernachlässigt. Die Kunst war die einzige produktive Beschäftigung, die ihm sinnvoll erschien und der regelmäßig nachging und so zeigen sich auch hier schon Anzeichen für seinen Untergang. Problematisch ist auch seine egozentrische Persönlichkeit, denn durch seine Ich-Bezogenheit verliert er leicht den Bezug zur Realität und verliert sich im Selbstmitleid. Lotte soll Werthers Selbstwertgefühl aufwerten. Es scheint fast so als sei W. mehr in seine eigenen Gefühle verliebt, als in Lotte. Trotz der Versuche sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, merkt man schnell, dass sich Werther gehen lässt und die Verantwortung für sich selbst abgibt. Das wird beispielsweise daran deutlich, dass er den Selbstmord nicht als persönliches Scheitern ansieht, sondern als Krankheit zum Tode von der er (außer durch Lotte) nicht geheilt werden kann. Zudem steigert sich W. in seine Verzweiflung hinein und weidet sich an seinem Elend, so dass ihm niemand mehr helfen kann (S.119). Werther, der wie schon beschrieben sehr egozentrisch ist, sieht die Welt um ihn herum nicht und so konzentriert er sich auf sein persönliches Unglück. Werther der zwar erkennt, dass sein Leiden aus ihm selbst kommt (Brief vom 3. November), schafft es nicht seine Situation aus eigener Kraft zu ändern. Das liegt wohl vor allem auch an seiner Bereitschaft zum Leiden. Er scheint im Leid gewissermaßen eine Leidenschaft zu sehen. Werther dessen Lebensmittelpunkt die Leidenschaft ist, scheint es nicht so sehr darauf anzukommen, ob diese glücklich ist. Es geht generell um das Gefühl, um das Herz. Deswegen leidet er aus vollem Herzen und will von niemanden hören, dass er seine Gefühle durch Vernunft ersetzen soll, die ihn vielleicht retten könnte.
Ein weiterer Grund für Werthers Scheitern ist seine Flucht vor der Realität. Er träumt sich in seine eigene, idyllische Welt hinein und wenn diese zusammenzubrechen droht, flüchtet er sich sich in die Literatur (15.März). So idealisiert W. vor allem das Leben der einfachen Leute (Brief vom 27. Mai) als ursprünglich und unbeschwert und übersieht dabei völlig, das diese ein hartes, unromantisches Dasein fristen. Vor allem der Bauernbursche ist für ihn der Inbegriff des reinen, unverfälschten Gefühls (Brief vom 30. Mai). Dieses idyllische Bild sollte doch spätestens ins Wanken geraten, als der Bauernbursche sich der Witwe, die er so liebt mit Gewalt bemächtigen will und den neuen Knecht ermordet. Es fehlt W. vor allem der Bezug zur Realität, wenn er verdrängt, dass Lotte an Albert versprochen ist und das Gefühl hat es würde ewig so unbeschwert weitergehen. Oft wirkt Werther wie ein Kind, das sich dem Ernst des Lebens nicht stellen will. Als diese Illusionen jedoch immer mehr zerstört werden (30. Juli; 4. August 72; 20. Februar; 3. November: „mit der ich welten um mich schuf“) bricht seine heile Welt zusammen und er geht mit ihr zugrunde.
Die Grundlage für Werthers Scheitern bildet vor allen Dingen seine Lebenssituation. Er übt weder einen Beruf aus, noch ist er als Künstler erfolgreich. Er fängt vieles an, bringt aber nichts wirklich zu Ende. Auch ist er nicht fähig stabile Bindungen einzugehen, er kommt zwar schnell mit anderen Menschen ins Gespräch und hat viele Bekanntschaften, doch sein starker Freiheitsdrang hindert ihn daran dauerhafte Freundschaften zu knüpfen. Die Einsamkeit ist der Preis, den er für seine Unabhängigkeit zahlt (1. Brief „Die Einsamkeit in meinem Herzen..“). Zudem kann Werther nirgendwo lange verweilen. Ständig ist er auf der Flucht, wie auch gleich zu Beginn des Romans deutlich wird („Ich bin froh, dass ich weg bin!“), als er vor seinen Problemen mit Eleonore und deren Schwester flieht. Auch nach Alberts Ankunft ist seine erster Gedanke, zu gehen (Brief vom 30. Juli). Ähnlich reagiert er auch nachdem er aus der Adelsgesellschaft verwiesen wird („Ich musste nun einmal fort“ 24. März). Die Unfähigkeit sich den Problemen des Lebens zu stellen ist also auch ein entscheidender Grund für Werthers Scheitern.
Interessant ist außerdem der Brief vom 21. Juni, in dem er von einem Wanderer schreibt, der umherzieht und sich schließlich doch wieder nach Hause zu seiner Familie und seiner Hütte sehnt. Auch Werther ist ein Wanderer, der ohne festes Ziel umherschweift und in den Tag hineinlebt. Er findet trotz seiner Wanderschaft nicht was er sucht und sehnt sich schließlich danach heimzukehren. Werther, der jedoch keinen Rückzugsort hat, hofft in Lotte seinen Bezugspunkt zu finden, und will nicht wahrhaben, dass diese, mit ihren acht Geschwistern und Albert, bereits eine Familie hat. Werther sehnt sich nach dieser Idylle und Geborgenheit, muss jedoch schmerzhaft feststellen, dass sie für ihn nicht greifbar ist. Da er frei und ungebunden ist und für Niemanden Verantwortung übernehmen muss, kann er sich voll und ganz auf Lotte konzentrieren, denn außer ihr gibt es nicht viel in seinem Leben. Werther, der hofft in Lotte den Halt und die Geborgenheit zu finden, die ihm fehlt, will nicht wahrhaben, dass Lotte sich ihm nicht hingeben wird. Sie soll die Lücke in Werthers Leben ausfüllen (19. Oktober), was sie jedoch nicht kann. Zum einen, weil Lotte bereits mit Albert verlobt ist und zum anderen weil sie Werther nicht von seinem Leiden heilen kann, der wie Goethe selbst sagt „schon von vornherein von einem tödlichen Wurm gestochen“ war. Werther flüchtet sich gewissermaßen in die Liebe zu Lotte, weil er in ihr eine Möglichkeit sieht seinem Leben einen Sinn, eine Richtung zu geben. Sie füllt seine Tage, seine Gedanken und die Lücke in seinem Herzen aus und lässt ihn zunächst seine Selbstmordgedanken und die Sinnlosigkeit des Lebens (22. Mai) vergessen. Doch dieser Zustand dauert nicht lange an. Als Werther merkt, dass seine Liebe unerfüllt bleiben wird Er erhofft sich von Lotte Heilung (6. Juli; 1. Juli), doch seine Liebe zu ihr richtet ihn zugrunde. Interessant ist, dass er sie mit einem Magnetberg vergleicht, der Schiffe zerschellen lässt (26. Juli 71).
Ein wichtiger Grund für Werthers Scheitern ist außerdem sein Leiden an der Gesellschaft. Mit seinem Freiheits- und Selbstverwirklichungsdrang eckt er zwangsläufig überall an. Die Grenzen die ihm von der Gesellschaft gesetzt werden, hindern ihn daran, so zu leben wie sein „Herz“ es ihm sagt. Für Werther, der vom Stand her eigentlich dem Bürgertum angehört, kommt ein gewöhnliches bürgerliches Leben nicht in Frage. Er verabscheut deren „Rangsucht“, mit der sie sich das Leben gegenseitig schwer machen. Dem „einfachen Volk“, wie er es nennt, scheint W. dagegen sehr zugetan zu sein. Dies liegt jedoch mehr daran, dass er ihr einfaches, ursprüngliches Leben romantisiert. Dennoch ist Werther nicht grundsätzlich gegen die Standesunterschiede, da er weiß, dass sie ihm selbst auch Vorteile verschaffen. So ist er selbst auch bestrebt in die adelige Gesellschaft aufgenommen zu werden. Als er sich dann aber über die Standesgrenzen hinwegsetzten will, erfährt aber eine harte Zurückweisung als der Graf von C. ihn aus der adeligen Gesellschaft verweist. Als Werther merkt, dass er aus dem Adeligen Kreis ausgegrenzt wird und selbst an die Standesgrenzen stößt, ist er zutiefst gekränkt. Problematisch ist hierbei, dass W. einerseits seine Freiheit und Unabhängigkeit über alles stellt und sich, der ihm verhassten Zivilisation, mit ihren Regeln nicht anpassen will. Auf der anderen Seite jedoch möchte er vom Adelstand angenommen werden, da er sich ihnen durch seine wirtschaftliche Unabhängigkeit und die Beschäftigung mit Literatur und Kunst, ebenbürtig fühlt. Dadurch, dass Werther keinen Platz in der Gesellschaft findet, fühlt er sich missverstanden und stürzt sich nur noch mehr in seine (unglückliche) Liebe zu Lotte. Das wird unter anderem auch daran deutlich, dass er sofort beschließt zu ihr zurückzukehren als die Probleme mit dem Gesandten und der Adelsgesellschaft auftreten.
Werther scheitert also nur vordergründig an seiner Liebe zu Lotte. Es ist vor allem seine Bereitschaft zum Leiden, seine starke Emotionalität und die Angewohnheit vor Problemen zu flüchten. Die Angst davor sich in ein gesellschaftliches System einzuordnen, führt dazu, dass er überall aneckt und sich Künstler oder Intellektueller nicht verwirklichen kann. Werther scheitert letzendlich in jedem Lebensbereich, in der Gesellschaft, in der Kunst, in der Liebe an sich selbst.
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