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Der Einfluss von Musik auf die Stimmung der Rezipient_innen
Eine empirische Untersuchung anhand der Mood-Management-Theorie
Bachelorarbeit zur Erlangung des Grades Bachelor of Arts (B.A.) an der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg
Betreuer_in:
Frau Cornelia Schnell
Frau Laura Pietrasch
Augsburg, 11.07.2016
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
- DL1= Diskrepanzlied 1
- DL2= Diskrepanzlied 2
- M = Mittelwert
- SD = Standardabweichung
1 Einleitung
„Es gibt nichts, worin Zorn und Sanftmut, worin Tapferkeit, Mäßigung und alle anderen moralischen Eigenschaften, nebst ihren Gegensätzen sich so deutlich und ähnlich abbildeten, als in der Musik. Die Erfahrung beweist es. Die ganze Stimmung des Gemüts ändert sich, wenn man verschiedene Arten von Musik hört.“ – Aristoteles
Schon Aristoteles wusste um die Eigenschaften und den damit verbundenen Einfluss von Musik auf die Menschen und ihre Stimmungslage. Nicht nur damals, sondern auch in der heutigen Zeit wird der Musik ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt (Bundesverband Musikindustrie e.V., 2016a, o. S.). Zudem ist sie für die Mehrheit der Bevölkerung ein alltäglicher Begleiter, allein 62% der Deutschen geben an regelmäßig Musik zu hören (Statista, 2026, o. S.). Dies kann entweder gezielt passieren, beispielsweise beim Tanzen oder in der Früh zum Aufwachen unter der Dusche. Doch auch unbewusst sind wir ständig Musik ausgesetzt: in Supermärkten, auf der Straße oder in der Werbung. Die Nutzungsmotive für das Rezipieren sowie der Umgang jedes Menschen mit Musik sind dabei sehr unterschiedlich (Schramm, 2005, S. 10). Aber nicht nur Aristoteles deutet an, dass sie „die Stimmung des Gemüts“ ändern kann, sondern auch in einer Studie von Lonsdale und North (2011) zeigt sich die Relevanz der Stimmungsregulation als Nutzungsmotiv für Musik sehr deutlich (S. 108). Stimmungen, Gefühle und Medien, insbesondere auch Musik, hängen miteinander zusammen. Medien besitzen ein starkes „emotionales Potential“ (Bartsch, Eder & Fahlenbrach, 2007, S. 8) und können daher in einem Wirkungszusammenhang mit Gefühlen und Stimmungen stehen. Dieser Zusammenhang wurde im Rahmen der Mood-Management-Theorie nach Zillmann untersucht und die Vorarbeiten Zillmanns dienen in vielen Studien als Grundlage. Die Mood-Management-Theorie geht davon aus, dass der Mensch generell hedonistisch veranlagt ist und somit stets nach einem inneren Gleichgewicht strebt, welches durch angenehme, positive Gefühle dominiert wird (Knobloch-Westerwick, 2006, S. 240 & Festinger, 1989, S. 204). Demnach können Rezipient_innen durch Medienselektion und das Filtern bestimmter Medieninhalte ihre Stimmung regulieren (Cotton, 2008, S.11-12). Zunächst wurde die Mood-Management-Theorie bezüglich Fernsehen untersucht, später ansatzweise auch für Musik. Als Vorreiter der Übertragung des Ansatzes von Fernsehen auf Musik und besonders nennenswert sind hier wohl die Arbeiten von Schramm, welcher in drei unterschiedlichen Studien die Stimmungsregulierung durch Musik untersuchte (vgl. Schramm, 2005). Außerdem stellte auch Knobloch-Westerwick (2002), zusammen mit Zillmann, in ihrem Experiment fest, dass es Unterschiede bei der Wahl von Musik in verschiedenen Stimmungen, hinsichtlich positiv und negativ, gibt. Auf Grund des noch relativ kleinen Forschungstandes im Bereich des Mood-Managements durch Musik, ist es außerdem sinnvoll, sich auch Kenntnisse aus anderen Bereichen, wie etwa der Musiktherapie zu Nutze zu machen. Vor allem das Iso- sowie das Kompensationsprinzip, also Musikwahl kongruent zur Stimmung oder gegensätzlich, zur Kompensation der Stimmung, lassen sich damit gut vereinen (Schramm, 2005, S. 77). Deshalb gründet auch die erste Hypothese sowohl auf dem Mood-Management-Ansatz als auch auf dem Isoprinzip:
H1: Positiv gestimmte Rezipient_innen, würden eher positiv stimmende Musik nach dem Isoprinzip hören, um ihre momentane Stimmungslage beizubehalten.
Daran anknüpfend lautet die zweite Hypothese entsprechend:
H2: Negativ gestimmte Rezipient_innen, würden eher positiv stimmende Musik nach dem Kompensationsprinzip hören, um ihre momentane Stimmungslage zu verbessern.
Erweiternd zur Mood-Management-Theorie wird im Mood-Repair-Ansatz davon ausgegangen, dass bei negativ gestimmten Personen auch die Grundmotivation höher ist, als bei positiv gestimmten Personen (Brandtstädter, 2015, S. 109-110. Daher lautet die dritte Hypothese dieser Arbeit:
H3: Negativ gestimmte Rezipient_innen würden eindeutiger positive Musik hören, als positiv gestimmte Rezipient_innen
Doch es gibt auch Musik, welche nicht kongruent ist, also nicht eindeutig negativ oder positiv. Zum Beispiel Lieder bei denen die Melodie eine gegensätzliche Stimmung zu dem Inhalt bzw. Text des Liedes transportiert. Es entsteht also eine Diskrepanz zwischen positiv und negativ bezüglich Melodie und Text. In diesem Zusammenhang wurde noch sehr wenig untersucht. Daraus ergibt sich zusätzlich die Frage, was bei sowohl positiv als auch negativ gestimmten Personen bei der Auswahl von solchen Diskrepanzliedern eine größere Rolle spielt – Text oder Melodie? Und es stellt sich die Frage:
Würden Rezipient_innen Diskrepanzlieder eher auf Grund des Textes oder der Melodie hören?
Diesen Hypothese und Fragen soll in der hier vorliegenden Arbeit anhand einer Befragung nachgegangen werden. Zunächst werden die für die Arbeit relevanten Begriffe bezüglich Stimmung und Musik erklärt und definiert. Anschließend wird der theoretische Hintergrund dargestellt und die verschiedenen Theorien und Erweiterungen erläutert. Schwerpunkt liegt vor allem auf der Herleitung, den Kernthesen und Prämissen des Mood-Management-Ansatzes und den Erweiterungen durch den Mood-Repair und Mood-Adjustement-Ansatz sowie dem Iso- und Kompensationsprinzip. Anschließend wird die methodische Vorgehensweise dargestellt. Die Ergebnisse der Studie werden in einer Interpretation und Diskussion verarbeitet. Abschließend erfolgt ein zusammenfassendes Fazit mit zukünftigen Ausblicken.
2 Stimmungen und Emotionen
Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit sind Stimmungen. Da die Hypothesen mit verschiedenen Stimmungen aufgestellt sind und diese auch Ausgangspunkt der hier zugrunde liegenden Theorie sind, werden zunächst Begriffsdefinitionen diesbezüglich unternommen. Außerdem wird versucht, die Dimensionen und das Zusammenspiel von Stimmungen und Medien zu erläutern.
2.1 Definition und Abgrenzung der beiden Begriffe Stimmung und Emotion
Die Psyche des Menschen hat verschiedene Funktionen: Denken (Kognition), Verhalten (Konation) und Fühlen (Affekt). Stimmungen und Emotionen sind dem Bereich der Affekte zuzuordnen (Bonfandelli & Friemel, 2015, S. 126). Der Begriff ‚Affekt‘ ist dabei allerdings nicht nur als kurzes, heftiges Gefühl (z.B. ‚im Affekt handeln‘), welches unkontrolliertes Verhalten und starkes Erleben hervorrufen kann, zu fassen, sondern in diesem Kontext viel breiter zu verstehen (Schramm, 2005, S. 19-20). Darunter fallen generelle Zustände von verschiedenen Stimmungen, wie Langeweile oder Freude, aber auch kurzweilige Gefühle oder Schmerzen (Otto, Euler & Mandl, 2000, S. 3). Sie sind mit den anderen beiden Bereichen, Kognition und Konation, durchaus verknüpft und laufen auf mehreren Dimensionen ab (Bartsch et al., 2007, S. 11). So kann sich Angst beispielsweise im Ausdruck (z.B. erschrockener, ängstlicher Gesichtsausdruck), im Körpervorgang (z.B. Anspannen der Muskeln) und im Verhalten (z.B. Erstarren oder Wegrennen) widerspiegeln. „Affekte haben demnach von Beginn des Lebens an einen zentralen Stellenwert und sind die uranfänglichen Bausteine des psychischen Lebens“ (Spektrum der Wissenschaft, 2000, o. S.).
Im Bereich der Emotionspsychologie und der Emotionsforschung haben sich sogenannte Primäraffekte herausgebildet (vgl. Ekman, 1999). Diese sind als Grund-Affekte zu verstehen, welche in verschiedenen Kulturen auftreten und aus evolutionärer Sicht gesichert sind (Strasser, 2003, S. 39). Hierbei haben sich vor allem Trauer, Freude, Interesse, Wut, Angst, Verzweiflung, Ekel und Verachtung als Primäraffekt bewiesen. Im Laufe der Zeit wurden diese noch ergänzt durch Überraschung, Schuld und Scham (Spektrum der Wissenschaft, 2000, o.S). Doch diese Primäraffekte sollten auf keinen Fall als zwingendes und starres Gerüst betrachtet werden. Vielmehr als Grundlage, welche ständig erweitert oder gekürzt werden kann (Strasser, 2003, S. 39-40; Ekman, 1999, S.45). An diesem Punkt sei schon mal festzuhalten, dass für die hier vorliegende Studie der Schwerpunkt auf die Gegensatzpaare Freude und Trauer gelegt ist.
Emotionen und Stimmungen sind also den Affekten untergeordnet. Weiterhin ist es auch sinnvoll diese beiden Begriffe voneinander abzugrenzen und dadurch zu definieren. Stimmung und Emotion sind zwei komplexe und nicht klar differenzierbare Begriffe. Kleinginna & Kleinginna (1981, S. 355) legten 92 übergeordnete Definitionen für Stimmung fest. Diese Sammlung an Definitionen sortierten und analysierten sie, bis sie eine zusammenfassende Definition herausgebildet hatten. Sie definieren Stimmung als
a complex set of interactions among subjective and objective factors, mediated by neural~hormonal systems, which can (a) give rise to affective experiences such as feelings of arousal, pleasure/displeasure; (b) generate cognitive processes such as emotionally relevant perceptual effects, appraisals, labeling processes; (c) activate widespread physiological adjustments to the arousing conditions; and (d) lead to behavior that is often, but not always, expressive, goaldirected, and adaptive (1981, S. 355).
Hier wird die Komplexität des Stimmungsbegriffs deutlich. In diesem Ansatz lassen sich bereits Hinweise darauf erkennen, dass es sich bei Stimmung um ein mehrdimensionales Konstrukt handelt: Erregungslevel („feelings of arousal“) und Lust bzw. Unlust („pleasure/displeasure“). Zudem wird die Verknüpfung mit kognitiven Prozessen und dem Verhalten bzw. Ausdruck deutlich. Allerdings lassen sich in dieser Definition auch Aspekte, wie ausdrucksvoll und zielgerichtet, erkennen, die ebenso den Begriff ‚Emotion betreffen‘. Deshalb ist eine Definition am besten anhand ihrer Unterschiede in bestimmten Merkmalen vorzunehmen. Zusammenfassend aus Ekman (1992, S.174-176.) sowie Scherer (2000, S. 157) und Hartmann (1998, S. 215-219) ergeben sich sechs Ebenen anhand derer sich Emotion und Stimmung recht eindeutig voneinander unterscheiden lassen (Tabelle 1):
Tabelle 1
Übersicht über die Ebenen von Stimmungen und Emotionen
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Stimmung |
Emotion |
Auftreten/Zeitmuster |
Graduelles Einsetzen,
gewisse Kontinuität,
langfristig
|
Schnelles Einsetzen,
oft in Phasen,
kurzfristig
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Ursache |
Keine spezifische Ursache |
Spezifisches Ereignis/Erlebnis |
Intensität |
Low-level, schwach |
High-level, stark |
Bezug |
Keinen Bezugsgegenstand, ungerichtet |
Konkreten Bezugsgegenstand, gerichtet |
Anmerkung.Tabelle erstellt durch Verfasserin
Stimmungen sind im Gegensatz zu Emotionen also länger andauernd (können Wochen oder Monate sein), eher weniger intensiv (low-level), werden nicht durch ein bestimmtes Ereignis ausgelöst und sind nicht auf einen speziellen Bezugsgegenstand gerichtet.
Freude kann beispielsweise als Emotion auftreten, wenn jemand eine gute Note auf eine Arbeit erhalten hat. Über einen relativ kurzen Zeitraum stellt sich ein zufriedenes, fröhliches Gefühl ein, welches sehr intensiv sein kann. Als Stimmung kann Freude aber auch erlebt werden, wenn eine Person zum Beispiel generell zufrieden und glücklich ist mit ihrer Lebenssituation. Dies ist sie dann langfristig, dafür drückt sich hier Freude als Stimmung weniger intensiv aus.
Zusammenfassend lässt sich demnach sagen, dass Stimmung und Emotion sich in vielen Hinsichten unterschieden, aber auch einige Gemeinsamkeiten aufweisen. Wie in dem dargestellten Beispiel kann Freude wie Trauer sowohl als Emotion als auch in Form einer Stimmung auftreten. Beides sind Affektzustände und stehen in direkter Interaktion zueinander. Eine Emotion kann zudem eine Ursache für eine bestimmte Stimmung sein (Schramm, 2005, S. 21-22). In dieser Arbeit wird sich auf Stimmungen bezogen. In welchen Dimensionen diese auftreten können wird im Folgenden kurz dargestellt.
2.2 Dimensionen von Stimmungen
Stimmungen werden meist in Dimensionen aufgeteilt. Bereits 1896 machte Wundt durch Selbstbeobachtung einen der ersten Versuche, geeignete Dimensionen zu bestimmen (Lonsdale & North, 2011, S. 113). Er legte drei verschiedene Dimensionen fest:
- Lust/Unlust bzw. angenehm/unangenehm
- Spannung/Lösung bzw. Anspannung/Entspannung
- Erregung/Beruhigung
Auch Zillmann orientierte sich daran. Er differenzierte allerdings nur zwischen zwei Dimensionen: 1) Bewertung (angenehm vs. Unangenehm) und 2) Erregung (über- vs. unterstimuliert) (Schweiger, 2007, S. 114). Thayer hingegen unterteilt die Dimensionen nach dem Erregungslevel und der Aktiviertheit: low tension, high tension, low energy und high energy (Thayer, Newman & McClain, 1994, S. 911-912). Allerdings lässt sich dieses Modell auch wieder auf die Dimension Valenz (Lust/Unlust) übertragen. So wird der Zustand calm-energy und calm-tiredness (z.B. Freude und Entspannung) positiv und tense-energy sowie tense-tiredness (z.B. Stress und Trauer) negativ bewertet (Schramm, 2005, S. 26-27).
Darauf basierend wird in der hier vorliegenden Arbeit der Fokus auf die Dimensionen Erregung und Valenz gelegt. Für die Wahl der Stimmungen für diese Studie dienen diese beiden Dimensionen und die in Kapitel 2.1 erwähnten Primäraffekte. Daraus ergeben sich für jede Dimension zwei Stimmung, also acht Stimmungen insgesamt, welche wie in Tabelle 2 veranschaulicht ist, den Dimensionen zugeordnet werden können.
Tabelle 2
Veranschaulichung der Dimensionen der Stimmungen: Erregungslevel und Valenz
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Valenz |
Erregungslevel |
positiv |
negativ |
überstimuliert |
fröhlich, mitgerissen |
gestresst, wütend |
unterstimuliert |
entspannt, versöhnlich |
traurig, gelangweilt |
Anmerkung. Tabelle erstellt durch Verfasserin
Um den Fragebogen allerdings nicht unnötig in die Länge zu ziehen und die Proband_innen nicht zu überfordern oder gar einen Abbruch des Fragebogens zu riskieren, kam die Verfasserin zu dem Entschluss sich nur auf zwei Stimmungen zu fokussieren: Freude und Trauer. Wie in Tabelle 2 deutlich wird, unterscheiden sich diese beiden Stimmungen eindeutig bezüglich ihrer Valenz und ihres Erregungslevels. Sie sind sehr konträr und es gibt keine Überschneidungen in ihrer Bewertung oder in ihrem Verständnis. So kann zwischen gelangweilt und entspannt beispielsweise oft nicht eindeutig genug differenziert werden (Scherer, 2000, S. 153-154). Deshalb erscheint die Wahl dieser beiden Stimmung als plausibel und sinnvoll.
Für diese Arbeit wird Freude dabei als Wohlergehen, welches durch ein positives Erleben, schöne Erinnerungen oder Erlebnisse ausgelöst werden kann, verstanden. Freude steht im Zusammenhang mit Glück, Fröhlichkeit, Zufriedenheit und führt meist zu Reaktionen, wie lächeln und einer offenen, fröhlichen Mimik und Gestik. Emotionale sowie seelische Bedürfnisse sind befriedigt (Ekman, 1994, S.56-58).
Trauer hingegen ist ein schmerzliches Empfinden, welches oft mit Niedergeschlagenheit, Gram, Kummer und Melancholie verbunden ist. Ausgelöst wird Trauer durch schicksalhafte Ereignisse. Reaktionen wie abwenden, weinen und eine betroffene, manchmal starre Mimik und Gestik können hervorgerufen werden. Emotionale und seelische Bedürfnisse sind hier meist nicht erfüllt (Strasser, 2003, S. 39).
Trauer als negative, unterstimulierte und Freude als positive, überstimulierte Stimmung sind beides Stimmungen, mit denen der Mensch umgehen muss und die er versucht zu regulieren sowie an bestimmte Situationen anzupassen. Hierfür hat er verschiedene Strategien zur allgemeinen Stimmungsregulation entwickelt, welche im nächsten Kapitel kurz vorgestellt werden.
2.3 Stimmungsregulation
Stimmungsregulation lässt sich als „process of initiating, maintaining, modulating, or changing the occurrence, intensity, or duration of internal feeling states” (Eisenberg, Fabes, Guthrie, & Reiser, 2000, S. 138) definieren. Dieser Prozess kann sowohl bewusst als auch unbewusst passieren. Oft hängen diese automatischen und kontrollierten Vorgänge aber zusammen (Schramm, 2005, S. 27-28). Unbewusst geschieht die Stimmungsregulation häufig durch Zufall. Der Mensch hat vorher nicht die Absicht mit seiner Handlung seine Stimmung zu regulieren oder zu ändern. Beispielsweise kann das Aufräumen eines Zimmers die Handlung sein, dies geschieht bewusst, aber ohne das Ziel seine Stimmung zu verbessern. Wird dabei aber zum Beispiel etwas Verlorengeglaubtes wieder gefunden, entsteht ein Glücksgefühl. Ist dieses Gefühl nun sehr intensiv kann es, wenn es lange andauert, auch die Stimmung positiv beeinflussen ohne aber, dass das die ursprüngliche Intention war.
Für eine bewusste Stimmungsregulation muss sich der Mensch über seine Stimmungslage im Klaren sein und diese bewerten können. Er wird nach einer Erklärung für diese Stimmung und gegebenenfalls nach einer Lösung zur Besserung dieser suchen (Niven, Totterdell & Holman, 2000, S. 500-501). Betroffene wissen (reflexiv) oder fühlen (unreflexiv), dass sie in einer bestimmten Stimmung sind (Schramm, 2005, S. 27). Ist jemand depressiv, so wird er, um seine negative Stimmung zu regulieren und wieder in eine angenehme Stimmung zu kommen, zum Beispiel psychologische Hilfe aufsuchen.
In den Arbeiten von Niven et al. (2000) und in Ansätzen bei Van Goethem & Sloboda (2011) wurden einige Strategien zur Stimmungsregulation untersucht. Diese verschiedenen Strategien werden hier nur kurz vorgestellt, da sie sehr psychologisch sind und im Rahmen dieser Arbeit nur für das Grundverständnis sowie der Herleitung der verwendetet Theorie dienen sollen.
Die Strategien zur Stimmungsregulation sind sehr vielfältig. Dennoch zeichnet sich eine erkennbare Einteilung in zwei Kategorien ab: kognitive Strategien und Verhaltensstrategien (Niven et al., 2000, S. 500). Als kognitive Strategie sei als Beispiel ‚Positives Denken‘ genannt: Das Glas ist halbvoll und nicht halb leer. Verhaltensstrategien können Ablenkung oder sportliche Aktivität sein (Schramm, 2005, S. 30). Diese Strategien zur Stimmungsregulation lassen sich auch auf die in Kapitel 2.2 dargestellten Dimensionen anwenden. Durch ‚Positives Denken‘ oder Ermutigung lässt sich eine positive Valenz herstellen, ein angenehmes Gefühl entsteht. Gleichzeitig lässt sich durch beispielsweise sportliche Aktivität das innere Erregungslevel senken und Anspannung kann sich in Entspannung auflösen. Durch die Anwendung solcher Strategien, sei es bewusst oder unbewusst, kann der Mensch lernen, welche Methode in welcher Stimmung für ihn am geeignetsten ist (Westen 1994, in Schramm, 2005, S. 31). Dieser Aspekt ist für die hier verwendete Theorie des Mood-Managements unter dem Begriff operante Konditionierung von Bedeutung. Die Mood-Management-Theorie kann im weitesten Sinne als eine spezifische Strategie zur Stimmungsregulation gesehen werden (Schweiger, 2007, S. 113-114).
3 Die Mood-Management-Theorie
Da dieses Konstrukt für die vorliegende Arbeit als Grundlage dient, soll sie im folgenden Kapitel kurz dargestellt und erklärt werden. Zunächst wird kurz auf ihre Geschichte eingegangen, dann werden die Kernthesen und Präsmissen sowie hintergründige Ansätze und Prozesse erläutert. Abschließend werden für diese Arbeit relevante Erweiterungen der Theorie umrissen.
3.1 Ursprung/Anfänge
Die Absichten bei Selektionsentscheidungen des Menschen zielen meist darauf ab, positive, angenehme Affekte zu erhalten oder zu verstärken und negative, unangenehme Affekte zu verringern oder zu kompensieren (Schweiger, 2007, S. 114). Die Mood-Management-Theorie nach Zillmann (1988) versucht das genauer zu erklären: Menschen nutzen Medien, um ihre Stimmung zu regulieren. Obwohl der Mood-Management-Ansatz einen motivationspsychologischen Hintergrund aufweist, so lässt er sich aber auch als Wirkungstheorie verstehen (Schramm, 2005, S. 31-32). Er versucht zu erklären, warum sich Menschen in speziellen Stimmungen bestimmten Medieninhalten zuwenden. Diese Zuwendung beruht auf bereits im Vorhinein gemachte Erlebnisse und Erfahrungen. Zudem wird davon ausgegangen, dass jeder Medieninhalt eine andere Wirkung hat (Zillmann, 2004, S. 118-121). Dies gilt es bei der Auswahl von Medienstimuli für Studien zu beachten und anhand eines Pretests diese unterschiedlichen Wirkungen aufzudecken.
Bereits Mitte der 1980er Jahre konnte Dolf Zillmann dies im Rahmen seiner medienpsychologischen Forschungen bestätigen. In einem Experiment wurden Versuchspersonen bezüglich ihrer Erregungslevels unterschiedlich stark stimuliert. Er konnte zeigen, dass überstimulierte, also gestresste oder angespannte Proband_innen bei der anschließenden Fernsehsendungswahl eher entspannende Sendungen bevorzugten. Wohingegen unterstimulierte, also gelangweilte oder entspannte Versuchspersonen vermehrt aktivierende Sendungen wählten (vgl. Knobloch-Westerwick & Zillmann, 2002).
Auch wenn Zillmann und Kollegen die Mood-Management-Theorie zu Beginn nur auf das Medium Fernseher beschränkten, sind bereits in einigen früheren Studien erste Anzeichen für einen Einfluss durch Musik zu erkennen. So bezieht sich Schramm (2005, S. 38) dabei auf die Tagebuchstudien von Förster, Jarmus & Wünsch (1998), in denen erstmals auch Musik miteinbezogen wird. Holger Schramm (2005) und seine Forschungen zur Übertragung von Mood-Management auf Musik sowie Knobloch-Westerwick (2003) mit ihren experimentellen Untersuchungen zur Präferenz von stimulierender und weniger stimulierender Musik in Stimmungen mit positiver oder negativer Valenz, sind grundlegende Arbeiten, welche hier anzuführen sind. Es wird durchaus deutlich, dass die Übertragung der Mood-Management-Theorie von Fernsehen auf Musik sinnvoll und relevant ist. Zunächst soll die Mood-Management-Theorie als Begründung für Medienselektionsprozesse noch genauer beleuchtet werden.
3.2 Kernthesen und Prämissen im Mood Management Ansatz
Übergeordnet wird Medienselektion hierbei als „Handlung . . . begriffen . . . , die mit einer bestimmten Intention und bestimmten Zielen ausgeführt [wird]“ (Bilandzic, Schramm & Matthes, 2015, S. 197). Festzuhalten ist, dass die Stimmungsregulation durch Selbstselektion und die Zuwendung zu Medieninhalten rezipienten-orientiert stattfindet (Bonfadelli & Friemel, 2015, S. 132-133). Vereinfacht heißt das: Ich wähle einen Medieninhalt aus oder vermeide einen Medieninhalt, um meine Stimmung zu regulieren. Regulieren meint in diesem Fall, die Stimmung aufrechtzuerhalten, zu verbessern, zu verringern oder zu kompensieren.
Grundannahme Zillmanns (Zillmann, 1988, zit. nach Schramm, 2005, S. 33) ist dabei die hedonistische Sicht auf den Menschen, der im Allgemeinen nur nach Lust/Freude strebt. Es ergeben sich zwei Annahmen:
- Der Mensch strebt danach, negative bzw. unangenehme Stimmungen zu vermeiden, zu beenden oder zumindest zu verringern.
- Gleichzeitig ist er stets bemüht, positive bzw. angenehme Stimmungen zu erhalten oder sogar zu verstärken.
Dabei bezieht sich die Stimmung nicht nur auf die Valenz, positiv oder negativ, sondern kann sich auch in deren Erregungszustand auf eine angenehme oder unangenehme Weise ausdrücken (Bonfadelli&Friemel, 2015, S. 133). Hieraus ergeben sich für die Theorie des Mood-Managements nach Zillmann drei Kernaussagen.
(1) Die Theorie postuliert, dass Menschen, nach der hedonistischen Grundannahme, motiviert sind, unerwünschte Reizsituationen jeglicher Art zu beenden und die Intensität dieser zu jeder Zeit zu verringern (Zillmann, 1988, zit. nach Wirth & Schramm, 2006, S. 61).
(2) Und im Gegensatz dazu aber motivierter sind, angenehme Erregungszustände zu speichern und die Intensität dieser Zustände zu steigern (Schramm, 2005. S. 33).
(3) Weiterhin geht Zillmann geht außerdem davon aus, dass Menschen vor allem externe Stimuli ständig arrangieren können, um die Steigerung angenehmer Stimmungen und die Verringerung unangenehmer Stimmungen zu erreichen. Wenn diese externen Stimuli nun auf Unterhaltungsangebote beschränkt sind, setzen sich Menschen verstärkt diesen Angeboten aus. Allerdings so, dass sie positive, erwünschte Stimmungen maximieren und negative, unerwünschte Stimmungen minimieren. Dies geschieht im Hinblick auf deren Dauer sowie deren Intensität (Bilandzic et al., 2015, S. 102).
Dabei gilt: je weniger interne Reize zur Verfügung stehen, um die Stimmung selbst zu regulieren, desto relevanter werden externe Reize, welche diese Regulation dann übernehmen können (Schweiger, 2007, S.114-115). Vor allem Medien spielen hierbei eben eine wichtige Rolle. Medieninhalte sind dabei als eine Art künstliche Umgebung zu sehen, welche besonders im Hinblick auf die Stimmungsregulation nach dem Mood-Management-Ansatz, relativ leicht kontrolliert und manipuliert werden können (Bente & Feist, 2000, S. 124-127).
Es lässt sich zusammenfassen: Die Mood-Management-Theorie basiert also auf dem Grundgedanken der Kognitiven Dissonanz, dem Streben nach emotionalem Gleichgewicht sowie dem Selective Exposure Ansatz, dem gezielten Auswählen von Medieninhalten (Schweiger, 2007, S. 114).
3.3 Kognitive Dissonanz
Die Mood-Management-Theorie ist stark geprägt durch Leon Festinger’s Theorie der Kognitiven Dissonanz (vgl. Festinger, 1989). Festinger nimmt an, dass der Mensch stets danach strebt ein inneres Gleichgewicht herzustellen. Seine Einstellungen, sein Glauben, seine Meinung sowie seine Gefühle sollen miteinander übereinstimmen. Auch Stimmungen und Emotionen können ein inneres Ungleichgewicht erzeugen (Wirth & Schramm, 2006, S. 59). Dieses Ungleichgewicht ist die Motivation für die Wiederherstellung der inneren Konsonanz (Festinger, 1989, S. 205-206). Wenn verknüpfte Kognitionen nicht miteinander korrelieren, entsteht eine innere Dissonanz, ein Widerspruch. Dieser wird als unangenehm empfunden und Bedarf nach Wiederherstellung eines inneren Konsens. Dies gilt auch für das innere Erregungslevel: ein neutrales Niveau, welches weder zu hoch noch zu niedrig ist, gilt als ideal und ausgeglichen (Knobloch-Westerwick, 2007, S. 51-52). Das Bedürfnis der Menschen liegt also in der Konsonanzsuche und der Dissonanzvermeidung (Cotton, 2008, S. 11-12). Dabei kann es durchaus zu einer Änderung oder Rechtfertigung des eigenen Verhaltens oder sogar der Einstellung und der Kognitionen kommen, um die ambivalenten Gefühle wieder zu einem Konsens zu bringen. Dies geschieht, wenn die entstandene Dissonanz sehr groß ist (Festinger, 1989, S. 214-216). Hierfür findet der sogenannte ‚Selective Exposure‘ Prozess statt.
3.4 Selective Exposure
Um diese Dissonanz zu vermeiden, selektieren, interpretieren und vermeiden Menschen im alltäglichen Leben verschiedene Informationen und Inhalte, denen sie ausgesetzt sind, um die eigene Meinung, Einstellung oder Gefühle zu unterstützen bzw. zu festigen oder widersprechende Inhalte werden zu umgehen (Knobloch-Westerwick, 2006, S.239-240). Donsbach (1991) beschreibt einen solchen Selektionsvorgang als einen „Prozeß [sic!], in dem Individuen aus den ihnen in ihrer Umwelt potentiell zur Verfügung stehenden Signalen mit Bedeutungsgehalt aufgrund von deren physischen oder inhaltlichen Merkmalen bestimmte Signale bewußt oder unbewußt auswählen oder vermeiden“ (S. 28; Hervorhebungen im Original). ‚Selective Exposure‘ findet also statt. Hierbei geht es um das gezielte Auswählen oder Aussetzen von erwünschten, angenehmen Inhalten – im Sinne der Aufrechterhaltung der inneren Konsonanz (Kapitel 3.2.1) (Cotton, 2008, S. 11-12). Zillmann und Bryant (1985b) beschreiben Selective Exposure als ein Verhalten, „that is deliberately performed to attain and sustain perceptual control of particular stimulus events.” (S. 2; Hervorhebungen im Original). Selective Exposure dient also dem Erhalt und der Bestärkung der eigenen Wahrnehmungskontrolle.
Die von Zillmann erwähnten ‚particular stimulus events‘ können Medieninhalte sein. Das Angebot an Medieninhalten, wie auch Musik ist längst allgegenwärtig und beinahe unendlich vielfältig (Schramm, 2005, S. 46). Wie bereits ausgeführt, wählen Menschen Medieninhalte aus, von denen sie erwarten, dass sie ihre Stimmung verbessern (Knobloch-Westerwick, 2006, S. 239-240; Zillmann & Bryant, 1985b, S. 1-2). Die Medienselektion erfolgt also durch die Rezipient_innen und ist stimmungsabhängig.
Aber woher weiß der Mensch, welche Medieninhalte welche Wirkung haben können? Diese Frage wird im nachfolgenden Kapitel anhand des dem Mood-Management-Ansatzes zugrundliegendem, ablaufendem Prozess erklärt.
3.5 Prozess: Operante Konditionierung
Rezipient_innen wissen meist, welcher Stimulus ihre Stimmung auf welche Art und Weise beeinfluss kann, da sie dessen Funktion im Laufe ihres Lebens erlernt haben. Es handelt sich hierbei um einen unbewussten Prozess – der operanten Konditionierung (Schweiger, 2007, S. 114-115). Bei der operanten Konditionierung erlernt der Mensch durch ein bestimmtes Verhaltensmuster, welches sich zufällig in einer Situation einmal bewährt hat, welche Strategien und Verhaltensweisen zum Erfolg und zur Befriedigung seiner Bedürfnisse führen. Gleichzeitig kann er durch Misserfolg oder Irrtum andere Verhaltensmuster ausschließen. Durch Wiederholungen dieses Verhaltens in der gleichen Situation wird der Mensch daraufhin konditioniert. Die Reize, die zu diesem Verhalten führen sind dabei meist nicht bekannt, das heißt es handelt sich eben um einen unbewussten Vorgang (Hartmann, 1998, S. 55-57). Damit kann auch das Wissen der Menschen über die Wirkung und Funktion verschiedener Medieninhalte begründet werden.
Im Rahmen der Mood-Management-Theorie wird ebenfalls in Bezug auf die Wirkung von Medieninhalten auf die Stimmung der Rezipient_innen eine Art „memory trace“ (Schramm, 2005, S. 33), also ein Erinnerungsstrang, gelegt. In verschiedenen Stimmungen wählen Individuen zufällig spezielle Medienangebote aus. Sie nehmen dann unbewusst wahr, wie sich diese Auswahl auf ihre Stimmung auswirkt. Entweder zur Aufrechterhaltung oder Verstärkung einer positiven Stimmungslage oder zur Reduzierung bzw. Abschaffung einer negativen Stimmungslage (Zillmann & Bryant, 1985b, S. 7-9). Bei Erfolg und Befriedigung des jeweiligen Bedürfnisses, werden Rezipient_innen in gleichen oder ähnlichen Stimmungslagen selbige, erfolgversprechende Medieninhalte nutzen (Schramm, 2005, S. 34-35). Je öfter dieser Prozess bei der Stimmungsregulation erfolgreich durchlaufen wird, desto stärker wird die ‚memory trace‘ und die Abspeicherung des Erfolgserlebnisses, bis hin zum automatischen Prozess (Konditionierung). Dadurch können Menschen bezüglich der Regulation ihrer Stimmung durch entsprechende Medieninhalte stetig besser werden (Schweiger, 2007, S. 115). Dabei gibt es durchaus verschiedene Faktoren, welche bestimmen, wie gut unterschiedliche Medienstimuli zur Regulierung der Stimmung geeignet sind.
3.6 Einfluss durch Medienstimuli: Faktoren
Im Zusammenhang mit seiner Mood-Management-Theorie lassen sich hier vier wesentliche Einflussfaktoren herausstellen (Zillmann, 1988, zit. nach Wirth & Schramm, 2006, S. 60 – 65)
1) Das Exzitatorische Potenzial oder Erregungspotenzial bezieht sich auf die in Kapitel 2.2 erwähnte Dimension des inneren Erregungslevels. Hat ein Medieninhalt ein hohes Erregungspotenzial, wird dieses eher von Menschen genutzt, die selbst ein niedriges, inneres Erregungslevel haben, also unterstimuliert sind. Bei einem hohen Erregungslevel wählen diese Personen eher Medieninhalte mit einem niedrigen Erregungspotenzial (Oliver, 2003, S. 87). Da die Stimmung sich aber ändern kann, müssen Menschen sich mit ihren Reizen ständig neu arrangieren, um auf ein optimales Erregungsniveau zu kommen. So würden gestresste Personen, die dann überstimuliert sind, demnach eher ruhige und entspannende Musik mit niedrigem Erregungspotenzial, wählen. Sinkt dann das Erregungslevel aber zu sehr und es entsteht Langweile durch Unterstimulation, wird eine verstärkte Zuwendung zu stimulierender Musik, welche wieder ein hohes Erregungspotenzial aufweist, stattfinden (Schramm, 2005, S. 35). Auf der Dimension der Über- und Unterstimulation kann Medieninhalt mit stark ausgeprägten Erregungspotenzialen am besten wirken (Bilandzic et al., 2015, S. 102-103).
Mehr auf der Dimension der Valenz (Kapitel 2.2) und der Regulation der Stimmung im Rahmen des Mood-Managements wirken dagegen die drei weiteren Faktoren:
2) Semantische Affinität beschreibt die Nähe zwischen dem Ursprung oder dem Auslöser für eine Stimmung und dem Inhalt des Medienstimulus. Nach Zillmanns Theorie vermeiden negativ gestimmte Menschen Medieninhalte, die eine starke Ähnlichkeit zu der Ursache dieser Stimmung haben. Positiv gestimmte Personen hingegen wenden sich eher Medieninhalten zu, welche auch eine semantische Affinität zu dem Ursprung der positiven Stimmung aufweisen, um diese noch zu verstärken (Knobloch-Westerwick, 2006, S. 240-241).
3) Das Absorptionspotenzial ist hingegen bei Medieninhalten, welchen negativ gestimmte Personen wählen, deutlich höher als bei positiv Gestimmten. Menschen in negativer Stimmung bevorzugen eher fesselnde Medienstimuli, um sich abzulenken und nicht mehr über die unerwünschte Stimmungslage nachdenken zu müssen. Bei sehr einnehmenden Medieninhalten kann von einer Art ‚Flow‘ gesprochen werden und die Rezipierenden können so ihrer negativen Stimmung entkommen (Schweiger, 2007, S. 114-115).
4) Direkt die Dimension der Valenz betreffend wirkt die hedonistische Valenz eines Medienstimulus. Personen, die schlecht gelaunt sind, also negative Valenz empfinden, wenden sich eher Medieninhalten mit positiver Valenz zu, um ihre Stimmung zu regulieren (Schramm, 2005, S. 35).
Auf die hedonistische Valenz und das Erregungspotenzial wird in der hier vorliegenden Arbeit der Schwerpunkt besonders gelegt. Diese beiden Eigenschaften eigenen sich auf Grund ihrer eindeutigen Abgrenzung besonders gut, um Unterschiede bezüglich der Regulation verschiedener Stimmungen deutlich zu machen (Schramm, 2005, S. 35). Allerdings gibt es mit der Mood-Repair- und der Mood-Adjustment-Theorie, sowie mit dem Iso- und Kompensationsprinzip diverse weiterführende Ansätze, welche näher erläutert werden.
3.7 Erweiterungen durch Mood-Repair und Mood-Adjustement
Im Hinblick auf diese Arbeit bieten der Mood-Repair-Ansatz und der Mood-Adjustement-Ansatz sinnvolle Erweiterungen zu der Mood-Management-Theorie. Wie bereits erwähnt sind Stimmungen sehr komplex (Kapitel 2), weshalb ein Ansatz oft nicht ganz ausreicht.
3.7.1 Mood-Repair
Bei der Regulation der Stimmung nach dem Mood-Management-Ansatz spielt die Motivation der Individuen eine wichtige Rolle. Vor allem negative Stimmungen motivieren den Menschen diesen Zustand zu ändern beziehungsweise zu verbessern (Bowman & Tamborini, 2012, S. 1339-1341). Dies wird im ‚Mood-Repair-Ansatz‘ aufgegriffen. Grundannahme ist hier, dass in positiver Stimmung positive Kognitionen leichter abrufbar sind und in negativer Stimmung negative Kognitionen einfacher verfügbar sind (Schwarz, 1988, S. 149; Guenther, 1988, S. 74-75). Allerdings haben Menschen, die in einer schlechten Stimmung sind, meist nicht das Bedürfnis nach weiteren negativen Kognitionen. Daher werden sie sich eher an positive Inhalte erinnern, welche ihre Stimmung verbessern und sie sogar in eine positive Stimmung bringen können. Die negativen Kognitionen werden dann durch die positiven ersetzt, es kommt also zum sogenannten ‚Mood-Repair‘ (Krohne et al., 2002, S. 219-221). Die Grundmotivation ihre Stimmungslage zu ändern ist demnach wesentlich stärker als bei positiv Gestimmten (Brandtstädter, 2015, S. 109-110; Knobloch-Westerwick, 2002, S. 352-354). In einem Experiment zu Mood-Repair bei Computer-Spielen bei gelangweilten und gestressten Personen konnten Bowman und Tamborini (2012) dies teilweise bestärken und zeigen, dass vor allem Tätigkeiten, die mit schwierigeren kognitiven Prozessen verbunden sind, sich positiv auf Mood-Repair auswirken können.
Der Mood-Repair-Ansatz beachtet also eher den Einfluss von Kognitionen auf Stimmungen und wie diese wiederum auf Stimmungen rückwirken können (Krohne et al., 2002, S. 217). Aber auch hier liegt eine hedonistische Sichtweise zugrunde, wobei das Aufrechterhalten bzw. Wiederherstellen einer positiven Stimmung oder das Kompensieren einer negativen Stimmung stets das Ziel ist (Kapitel 3.5).
3.7.2 Mood Adjustement
In anknüpfenden Forschungen zur Mood-Management-Theorie wurden allerdings empirische Hinweise gefunden, dass Menschen nicht immer zwangsläufig versuchen ihre Stimmung zu verbessern bzw. die Stimmungsregulation des Öfteren im Konflikt mit anderen, teils wichtigeren Tätigkeiten steht (vgl. Knobloch-Westerwick, 2003). Es spielen also durchaus auch andere, nicht triebgesteuerte Bedürfnisse eine Rolle, die die Stimmungsregulation im Sinne der Mood-Management-Theorie nach Zilmann beeinflussen können (Schramm, 2005, S. 41; Schweiger, 2007, S. 117). Dann müssen Individuen ihre Stimmung im Hinblick auf bevorstehende Aktivitäten im Sinne des Mood-Adjustement-Ansatzes entsprechend anpassen und arrangieren. Steht einer Person beispielsweise eine schwere Prüfung bevor, wird sie versuchen ihre Stimmung daraufhin anzupassen. Es ist dann wichtiger, sich in eine ruhige Stimmung zu bringen und nicht in die der hedonistischen Sicht entsprechenden stets angestrebten positiven Stimmung. Betreffende Person würde dann beispielsweise nicht ein fröhliches, stimulierendes Lied hören, um sich in einen angenehmen Zustand zu bringen. Trotz der Präferenz der dadurch beigeführten Stimmung, würde sie das von der Prüfung nämlich ablenken. Die bevorstehende Prüfung ist dann eine wichtigere, übergeordnete Notwendigkeit, auf die es dann die Stimmung hin auszurichten gilt. Der Stimmungsregulations-Trieb wird dann unterlassen (Knobloch-Westerwick, 2003, S. 235-236; Schweiger, 2007, S. 117-118). Eine neutrale Stimmung bzw. ein neutrales Erregungslevel gilt dann am idealsten. In einer neutralen Stimmung können Menschen am ehesten auf neue und teils wenig vertraute Situationen reagieren (Brandtstädter, 2015, S. 109-110).
Auch soziale Gegebenheiten können zum Justieren der Stimmung führen (Schramm, 2005, S. 41). Hat ein/e Freund_in zum Beispiel Liebeskummer und ist traurig, wird die eigene fröhliche Stimmung unterdrückt werden. Die positive Stimmung wird versucht zu einer neutralen Stimmung, als ‚Ausgangspunkt‘, zu justieren (Knobloch-Westerwick, 2003, S. 235-236). Der Mood-Adjustement-Ansatz als eine Form eines begrenzten Mood-Managements (Schweiger, 2007, S.117), kann also bei der Forschung im Rahmen der Mood-Management-Theorie berücksichtigt werden, um zum Beispiel Einschränkungen zu erklären.
Zudem wird in der hier vorliegenden Arbeit im Zusammenhang mit Musik gearbeitet. Daher ist es sinnvoll zusätzlich das im anschließenden Kapitel erklärte Iso- sowie Kompensationsprinzip in die Überlegungen mit einzubeziehen.
4 Iso- und Kompensationsprinzip
Vor allem bei der Musikauswahl spielen das Iso- als auch das Kompensationsprinzip eine wichtige Rolle. Da im Mood-Management-Ansatz zu Beginn mehr mit dem Medium TV geforscht wurde und die Erfahrungen und der Forschungsstand in Bezug auf die Musikauswahl im Sinne des Mood-Management-Ansatzes noch recht gering sind, ist es dienlich sich auf Erfahrungswerte aus damit vertrauten Bereichen, wie der Musiktherapie, zu stützen. Dabei ist die Veranschaulichung anhand dieser beiden Prinzipien hilfreich (Vorderer & Schramm, 2004, S. 91).
Das Isoprinzip geht unteranderem auf Schwabe (1978) zurück und wurde eigentlich für die Musiktherapie entwickelt, dann jedoch auf verschiedene Bereiche übertragen (Schramm, 2005, S. 77). Bei dieser Methode wird Patient_innen ein Stimulus angeboten, welcher kongruent, also ‚gleich‘ mit ihrem eigenen Empfinden und ihrer psychischen Ausgangslage ist. Dadurch soll zunächst ein Gleichgewicht geschaffen werden und die Patient_innen in ihrem Zustand ‚abgeholt‘ werden, um sie dann zu gegebenenfalls anderen Zielen hinzuführen (Pöppel, 2015, S. 67; Schramm, 2005, S. 77-78). Die Beschaffenheit sowie die Charakteristika von Musikstücken sollten passend zu dem psychischen Zustand der Rezipient_innen sein. Übertragen auf den Mood-Management-Ansatz, welcher bei positiv Gestimmten eine Aufrechterhaltung oder Verstärkung des Zustandes als Ziel postuliert, ergibt sich daraus für positiv gestimmte Personen, welche in dieser Arbeit durch das Induzieren einer fröhlichen Stimmung abgebildet werden, folgende Hypothese:
H1: Positiv gestimmte Rezipient_innen würden eher positiv stimmende Musik nach dem Isoprinzip hören, um ihre momentane Stimmung zu beizubehalten oder zu verstärken.
Gegenteiliges Prinzip, das Kompensationsprinzip, wird weniger thematisiert und ist noch nicht tiefgehend untersucht. Dennoch erscheint es sinnvoll, das Kompensationsprinzip als Gegenstrategie zum Isoprinzip zu berücksichtigen. Dabei wird gleich zu Beginn mit stimmungskonträrer Musik gearbeitet. Den Rezipient_innen wird ein Stimulus dargeboten, welcher entgegengesetzt zu ihrem psychischen Zustand und ihrem Befinden ist, um möglichst schnell eine Stimmungsänderung hervorzurufen (Hemming, 2016, S. 348-349; Schramm, 2005, S. 78). Wird nun davon ausgegangen, dass im Sinne der Mood-Management-Theorie, der Mensch eine Beendigung einer negativen Stimmung, welche hier durch das Induziere einer traurigen Stimmung dargestellt wird, anstrebt, heißt das für die Wahl der Musik nach dem Kompensationsprinzip und somit für die zweite Hypothese:
H2: Negativ gestimmte Rezipient_innen würden eher positiv stimmende Musik nach dem Kompensationsprinzip hören, um ihr momentane Stimmung zu verbessern oder zu beenden.
Aber Rezipient_innen wollen ihre Stimmung nicht immer verbessern. In einer fröhlichen, glücklichen Stimmungslage wird das Bedürfnis nach einer Stimmungsregulation eher gering sein. Entscheiden ist hierbei der Faktor Zufriedenheit (Knobloch-Westerwick, 2002, S. 353). Erste Hinweise dazu lieferte Behne (1948), der in einer Studie zum Isoprinzip erstmals den Grad der Zufriedenheit mit der aktuellen Stimmung berücksichtigte (vgl. Behne, 1948, S. 7-21). Es konnte bestätigt werden, dass Menschen, die zufrieden mit ihrer aktuellen Stimmung sind – dies trifft besonders auf positiv gestimmte Menschen zu – nicht nach dem Kompensationsprinzip wählen, sondern eher nach dem Isoprinzip. Eine Unzufriedenheit des momentanen Zustandes – vor allem bei negativ gestimmten Personen – führt eher zu dem Bedürfnis diese Stimmung kompensieren zu wollen (Gembris, 2006, S. 118). Daraus und aus der in Kapitel 3.7.1 erwähnten größeren Grundmotivation zur Stimmungsänderung bei negativ gestimmter Personen, ergibt sich die dritte Annahme:
H3: Negativ gestimmte Personen würden eindeutiger positive Musik hören, als positiv gestimmte Personen.
Obwohl Iso- und Kompensationsprinzip ursprünglich aus der Musiktherapie stammen und zunächst andere Ziele damit verfolgt wurden, lassen sich diese beiden Prinzipien dennoch auf die Grundgedanken der Mood-Management-Theorie übertragen. So können Rezipient_innen ihre Musikauswahl zum Zwecke des Mood-Managements entweder im Sinne des Isoprinzips oder des Kompensationsprinzips treffen. Sie wählen dann entsprechend Musik, von der sie sich erhoffen, dass sie ihre aktuelle Stimmung unterstützt oder verstärkt oder ihre momentane Stimmung verbessert und kompensiert (Schramm, 2004, S. 448).
Da in der durchgeführten Studie der Fokus auf den Einfluss von Musik auf die Stimmung der Rezipient_innen liegt, wird weiter auf die Eignung von Musik für den emotionalen Ausdruck und die Transportation von Stimmung dargestellt.
5 Stimmungen, Emotionen und Musik
„Die Musik hat von allen Künsten den tiefsten Einfluß auf das Gemüt. Ein Gesetzgeber sollte die deshalb am meisten unterstützen.“- Napoleon I.
Schon Napoleon war sich über die Bedeutung der Musik im Klaren. Bei der Betrachtung der Nutzungsmotive für Musikhören wird schnell deutlich, dass Stimmungsregulation eine wichtige Rolle spielt (Schramm, 2005, S. 10). Lonsdale und North (2011) konnten dies in einer Studie bestätigen (S. 108-109) und auch Thayer et al. (1994) identifizierten in einer Untersuchung zu Aktivitäten, zur Verbesserung der Stimmungslage, Musik als eine dominante, immer wieder genannte Kategorie (S. 910-920). Van Goethem und Sloboda (2011) untersuchten Musikstücke auf den Einfluss auf Affekte. Mehr als 77 % der Musikstücke wirkten sich direkt auf die Stimmungen und Emotionen der Rezipient_innen aus und Musik stellte sich als eine der wichtigsten Strategien zur Stimmungsregulation heraus (S. 214). Vor allem im Zusammenhang mit den in Kapitel 2.1 genannten Primäraffekten, wie Freude, Wut, Trauer und Stress, wirkt Musik besonders regulierend (Van Goethem & Sloboda, 2011, S. 214-215; Krumhansl, 1997, S. 336-337). Es gibt demnach einige Studien, die bestätigen, dass sich Musik besonders gut eignet, um stimmungsregulierende Prozesse zu aktivieren. Nicht umsonst werden in der Werbung und in Filmen emotionale Szenen mit Musik untermalt. Das Erzeugen einer Stimmung und der emotionale Ausdruck durch Musik entsteht dabei vor allem durch die Grundbausteine, Rhythmus, Harmonie und Melodie (Schramm, 2005, S. 50). Zudem durch die gesamten musikalische Umsetzung und Anordnung sowie bestimmten Genrespezifikas und dem Inhalt des Musikstücks (van Goethem & Sloboda, 2011, S. 216). Dabei zeigte sich immer wieder, dass gerade die für die hier vorliegende Arbeit relevanten Stimmungen Freude und Trauer stark ausgeprägt sind und sich sehr gut über Musik transportieren lassen. Durch die intensive Auseinandersetzung mit Stimmung, Musik und deren Eigenschaften und Charakteristika, besonders in Kombination beider, stellt sich aber die Frage, welcher Baustein in Musikstücken bei der Stimmungsregulation nach der Mood-Management-Theorie Zillmanns eine größere Rolle spielt. Während Tempo, Lautstärke und Rhythmus meist recht stimmig sind, gibt es oft Unterschiede in Melodie und Text bezüglich der transportierten Stimmung. So gibt es einige Lieder, die eine durchaus fröhliche Melodie haben, aber der Text traurig ist und umgekehrt, eine traurige Melodie, aber einen fröhlichen Text. Folgend werden diese Lieder als ‚Diskrepanzlieder‘ bezeichnet und im Zuge dessen soll anhand der hier vorliegenden Studie untersucht werden, was bei sowohl positiv als auch negativ gestimmten Personen im Zuge des Mood-Management-Ansatzes eine größere Rolle spielt, Text oder Melodie. Würden positiv gestimmte Proband_innen Diskrepanzlieder eher auf Grund eines positiven, also stimmungskongruenten Textes oder einer stimmungskongruenten Melodie zur Stimmungsregulation hören? Und negativ gestimmte Personen, eher auf Grund eines positiven, aber stimmungskonträren Textes oder einer stimmungsonträren Melodie?
Es muss unterschieden werden, ob Musik als Mittel zum Ausdruck gesehen wird und zur Abbildung von Emotionen und Stimmungen (kognitive Sicht) oder ob Musik Stimmungen und Emotionen erzeugen kann (emotionale Sicht). Da auch beides zutreffen kann (Scherer & Zentner, 2001, S. 361-363), werden in der durchgeführten Untersuchung beide Sichtweisen miteinbezogen, die emotionale Sicht steht jedoch, bedingt durch die Mood-Management-Theorie (Kapitel 3) im Vordergrund.
Weiterhin ist die Mehrheit der Menschen mit Musik vertraut, mit ihr aufgewachsen und sie ist schon lange Bestandteil des Alltags (Schramm, 2005, S. 46 & S. 62). Musik ist also allgegenwärtig und musikalische Reize werden oftmals automatisch aufgenommen. Es entsteht wieder eine gewisse Passivität und unbewusste Vorgänge, wie sie auch beim Mood-Management-Ansatz durch die operante Konditionierung entstehen, können in Gang gesetzt werden (Kapitel 3).
Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass Stimmungen in zwei Dimensionen (Valenz und Erregungslevel) auftreten können, welche in einer Beziehung zu Musik stehen können. Es wurde bereits mehrfach bestätigt, dass Musik als wichtige Strategie zur Stimmungsregulation dient und sich besonders gut als Stimulus eignet, da sie leicht manipuliert und kontrolliert werden kann (Krumhansl, 1997, S. 336-337). Trotzdem sind nicht alle Musikstücke gleich gut als Stimulus geeignet. Wie und anhand welcher Kriterien die Auswahl der Lieder erfolgte, ist im nächsten Kapitel dargestellt.
6 Musikauswahl
In der hier vorliegenden Arbeit wurde zunächst ein Pretest gemacht, um die Lieder zu ermitteln, welche die eindeutigste Ausdrucksstimmung haben. Diese Vorab-Bewertung verschiedener Lieder wurde für alle acht verschiedenen Ausdrucksstimmungen erhoben. Da diese aus bereits genannten Gründen auf zwei gekürzt wurden (fröhlich und traurig), wird sich im Folgenden, sowohl bei der Klassifizierung als auch bei der Auswertung des Pretests, auf diese beiden Stimmungen beschränkt.
6.1 Klassifizierungsversuch und Charakteristika
Musik wird über das Ohr wahrgenommen, worüber eine Stimmung und bestimmte Gefühle transportiert werden (Probst, 1994, S. 218). Wie bereits in Kapitel 5 erwähnt, geschieht das durch die Bausteine aus denen Musik besteht: Melodie, Rhythmus, Harmonie sowie die Faktoren Lautstärke, Tonhöhe und Tonart. Dabei ist zu beachten, dass sich für jedes Gefühl oder Stimmung diese Bausteine entsprechend ihrer Stärke unterscheiden. Da für diese Arbeit besonders traurige und fröhliche Lieder verwendet werden sollen, ist es deshalb wichtig sich über die Charakteristika fröhlicher und trauriger Musik bewusst zu werden und auf Grundlage dieser eine Vorauswahl zu treffen.
Fröhliche Musik zeichnet sich insbesondere durch eine Dur-Tonart, ein schnelleres Tempo mit großer Lautstärke und einem fließenden Rhythmus aus. Außerdem kommen vermehrt hohe Töne vor und die Harmonien sind recht einfach gehalten (Flecker, 2014, S. 29-33).
Traurige Musik hingegen ist geprägt von einer Moll-Tonalität, einem langsameren Tempo mit geringer Lautstärke und Tonhöhe. Die Harmonien sind eher komplexer und der Rhythmus kräftig (Probst, 1994, S. 238-239).
An diesen Charakteristika lässt sich erneut die eindeutige Unterscheidung auch zwischen fröhlicher und trauriger Ausdrucksstimmung in der Musik erkennen. Dennoch gilt es zu beachten, dass die Charakteristika und diese mögliche Klassifizierung nach fröhlich und traurig nicht immer so starr einsetzbar sind und sich nicht auf jedes Lied konsequent aufzwingen lassen. Im Laufe der Zeit sind immer mehr Mischformen aus verschiedenen Charakteristika entstanden und vor allem elektronisch geprägte Musik hat stark zugenommen (Bundesverband Musikindustrie, 2016b, S. 38).). Hier kann diese Klassifizierung nach fröhlich und traurig nicht immer greifen. Trotzdem sind die Grundelemente Tonalität, Tempo, Lautstärke, Tonhöhe und Rhythmus sowie Harmonie in Liedern meist gut erkennbar und haben sich lange zur Beurteilung der Ausdrucksstimmung eines Liedes bewährt (Scherer & Zentner, 2001, S. 362-364). Deshalb wurde sich bei der Auswahl an möglichen Liedern für die Vorab-Bewertung auch zunächst nach diesen Grundelementen gerichtet. Allerdings ist anzumerken, dass bei den Charakteristika auf eine Bewertung bezüglich der Harmonie und der Tonalität des Liedes verzichtet wurde. Diese beiden Merkmale sind für Personen ohne großes musikalisches Hintergrundwissen nicht sehr leicht zu erkennen und zu beurteilen (Becker, 2009, S. 7-8).
Bei den Diskrepanzliedern werden diese Charakteristika auf die Melodie angewendet und der Text eigenständig betrachtet. Bei der Auswahl dieser Lieder muss besonderes Augenmerk auf eine eindeutig fröhliche oder traurige Melodie und einen nicht kongruenten, sondern gegenteiligen Text bzw. Inhalt dazu, gelegt werden. Die Auswahl und die Auswertung der Vorab-Untersuchung der Lieder werden im anknüpfenden Kapitel zusammengefasst.
6.2 Pretest: Bestimmung der Musikstücke
Anhand der beschriebenen Kriterien wurden für die Vorab-Bewertung aus den TOP 100 Charts von April 2016 (MTV, 2016, o.S.) jeweils drei Lieder für jede Stimmung ausgewählt, da die ausgewählten Lieder den Befragten bekannt sein sollten, um die Befragung durch langes Anhören nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Die Diskrepanzlieder wurden teilweise aus älteren Chart-Platzierungen ausgesucht, da sich hierfür nicht unbedingt alle Lieder aus den TOP 100 Charts von April 2016 geeignet haben. Dennoch wurde auch hier die hohe Bekanntheit der Lieder durch eine hohe Position in einer Chartliste sichergestellt. Dabei achtete die Verfasserin darauf, dass die Lieder möglichst gut die in Kapitel 6.1 dargestellten Charakteristika erfüllen und eine fröhliche oder traurige Stimmung eindeutig transportieren. Jedes Lied wurde anhand eines fünfstufigen Semantischen Differentials der Charakteristika Tempo, Lautstärke, Rhythmus und Tonhöhe sowie der Ausdrucksstimmung (hierfür relevant: fröhlich und traurig) bewertet (siehe Anhang A, Abbildung 1).
Anschließend sollte zuerst nur die Melodie beurteilt werden und dann nur der Text. Für die Bewertung des Textes wurde den Befragten für ein besseres Verständnis zusätzlich ein repräsentativer Ausschnitt dargereicht. Melodie und Text wurden wieder nach der Ausdrucksstimmung abgefragt. Im Anschluss wurden die Stimmigkeit von Text und Melodie sowie die Stimmung des Liedes bewertet. Mit Hilfe einer fünfstufigen Likert-Skala, 0= „stimme gar nicht zu“ und 4= „stimme voll und ganz zu“, und einer extra Antwortmöglichkeit, 5= „kann ich nicht beurteilen“, sollten die Teilnehmenden angeben, wie gut für sie jeweils Text, Melodie und transportierte Stimmung zusammenpassen. Dies geschah bei jedem Lied, also auch bei den stimmungskongruenten Liedern, um später einen Vergleich ziehen zu können.
Die Bewertung dauerte zwei Wochen und es nahmen insgesamt 36 Personen daran teil, wovon allerdings nur 20 Personen den Pretest vollständig ausfüllten. Dies lag an dem Umfang der Befragung. Dennoch konnten für traurige und fröhliche Lieder sowie für die Diskrepanzlieder relativ eindeutige Ergebnisse gewonnen werden, welche als Grundlage für die Auswahl der Lieder für die eigentliche Studie dienten. Bei der Betrachtung der Mittelwerte der Polaritätenprofile (fröhlich= 1 und traurig= 5) bezüglich der Bewertung der Ausdrucksstimmung ‚traurig‘, weist der Titel ‚Don’t let me down‘ von den Chainsmokers den höchsten Wert auf (M= 4.1, SD= .97). Dieses Lied als trauriges Musikstück einzusetzen wird außerdem durch die Bewertung der Charakteristika als Kontrolle bestätigt: durchschnittlich wird es eher leiser (M= 2.95, SD= 1.19), mit langsamen Tempo (M = 2.65, SD= .93) bewertet. Rhythmus und Tonhöhe liegen eher im mittleren Bereich (M= 2.85, SD= .93; M= 3.0, SD= 1.17).
Die Wahl des Liedes, welches eine fröhliche Ausdrucksstimmung am besten widergibt, fiel nach der Auswertung auf ‚Cake by the Ocean‘ von DNCE (M= 1.55, SD= .60). Dieses Lied wird tendenziell auch eher als lauter (M= 3.75, SD= .64), schneller (M= 3.6, SD= .82) mit hohen Tönen (M= 2.15, SD= .75) wahrgenommen. Der Rhythmus liegt wieder recht nah am Mittelbereich, tendiert aber etwas zu einem kräftigerem Rhythmus (M= 3.3, SD= 1.08).
Dass die Mittelwerte von Rhythmus und Tonhöhe bei beiden Liedern meist im mittleren Bereich liegen oder teils etwas von den entsprechenden Charakteristika abweichen, liegt zum einen daran, dass zu vermuten ist, dass die Bewertung den Proband_innen hierbei schwerer gefallen ist. Zum anderen sind die Charts sehr stark geprägt von elektronischer Musik oder Mischformen, bei denen Tonhöhe und Rhythmus oft sehr ähnlich sind (Bundesverband Musikindustire e.V., 2016b, S. 38). Daher wird der Schwerpunkt nicht auf diese beiden Ausprägungen gelegt und geringe Abweichungen hingenommen.
Die Diskrepanzlieder wurden anhand der Mittelwerte für die Melodie- und die Textbewertung (Polaritätsprofil mit traurig= 1; fröhlich= 5) ermittelt. Zusätzlich wurde es durch die Variable der Stimmigkeit zwischen diesen beiden sowie der transportierten Stimmung bestätigt. Diskrepanzlied 1 ist ‚Pumped up kicks‘ von Foster the People, welches die signifikanteste Differenz zwischen Melodie (eher in Richtung fröhlich) und Text (eher in Richtung traurig) aufweist (M= 2.0, SD= .79; M= 3.8, SD= 1.01). Bezüglich der Stimmigkeit zwischen Text, Melodie und Stimmung (Stimmigkeit gegeben: „trifft überhaupt nicht zu“= 1; „trifft voll und ganz zu“= 5) können die Ergebnisse dieses Bild tendenziell bestärken (M= 2.75, SD= 1.33 M= 3.2, SD= 1.15). Diskrepanzlied 2 ist ‘Love me like you do’ von Ellie Goulding. Auch hier wird die traurige Melodie wieder eindeutiger bewertet als der fröhliche Text (M= 3.95, SD= 0.83; M= 2.5, SD= .69). Die Bewertung bezüglich der Stimmigkeit können die Diskrepanz zwischen Stimmung, Text und Melodie bestätigen (M= 2.7, SD= .86; M= 3.7, SD= 1.03).
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Melodie bei der Bewertung stärker bzw. eindeutiger beurteilt wurde, aber dennoch Differenzen zwischen Text und Melodie erkennbar sind. Da die Liederauswal nun bekannt ist, werden nun die methodische Vorgehensweise der eigentlichen Studie erläutert.
7 Methodisches Vorgehen
Bei der hier durchgeführten Studie handelt es sich um eine Online-Befragung mit anschließender quantitativer Auswertung. Im Folgenden werden zunächst die Stichprobe, das Design und der Ablauf, der Aufbau des Fragebogens sowie die verwendeten Variablen dargestellt. Anschließend werden die Ergebnisse angeführt und eine Interpretation dieser vorgenommen.
7.1 Stichprobe
Innerhalb eines Zeitraums von etwa 2 Wochen wurde der Link zur Teilnahme an der entsprechenden Online-Umfrage in einem studentischen Umfeld bereitgestellt. Die Stichprobe wurde zunächst bereinigt. Dazu wurden alle unvollständig ausgefüllten Samples, alle abgebrochenen Umfragen sowie alle Fälle, in denen Teilnehmende einfach immer gleiche oder sinnlose Werte angegeben haben, gelöscht. Danach ergibt sich eine Stichprobengröße von 107 Befragten, davon 39 (36,4 %) männliche, 67 weibliche Personen (62,6 %) und eine sonstige Angabe. Der dazu durchgeführte Chi-Quadrat-Test ist nicht signifikant (p= .26), die Verteilung bezüglich des Geschlechts innerhalb der Stichprobe ist also zufällig. Das Alter wurde in sechs Gruppen jeweils in zehner Schritten abgefragt (<18 Jahre, 18-28 Jahre, 29-39 Jahre, 40-50 Jahre, 51-61 Jahre und >61 Jahre). Bei der Betrachtung des Alters ergibt sich als Durchschnitt die Gruppe der 18-28 Jährigen (M= 2.243), welche auch am häufigsten vertreten ist. Weiterhin weist die Stichprobe verschiedene Bildungsabschlüsse auf. 56 (52,6 %) Personen geben Abitur als höchsten Bildungsabschluss an, 32 (29,9 %) ein abgeschlossenes Hochschulstudium, 13 (12,1%) eine abgeschlossene Berufsausbildung und nur jeweils zwei (1,9 %) Personen Hauptschul- oder Rea1schulabschluss, nur eine (0,9 %) Person keinen Abschluss oder Promotion. Die Bildungsabschlüsse und daraus resultierend die Stichprobe, befinden sich eher in einem höhergebildeten Bereich. Dies ist für die Studie insofern relevant, als dass ein musikalisches Allgemeinwissen, das Frageverständnis sowie die Auffassungsgabe als wahrscheinlich gegeben angesehen werden können. Bezüglich der Musiknutzung ist die Stichprobe relativ ausgeglichen zwischen 41 (38,3 %) Wenig-, 31 (29,0 %) Mittel- und 35 (32,7 %) Vielnutzer_innen. Wobei niemand Musik überhaupt nicht regelmäßig hört. Dies kommt ebenfalls dem musikalischen Grundverständnis zugute.
Die Stimmungsinduktion und die Lieder wurden den Teilnehmenden randomisiert nach einem 50:50 Maß zugeteilt. 59 Personen (55,1%) haben die positive Stimmungsinduktion bekommen und 48 Personen (44,9%) die negative. Mit Einbezug der Lieder teilt sich die Stichprobe dann wie folgt auf:
Tabelle 3
Verteilung der Befragungsgruppen anhand von Häufigkeiten
|
Häufigkeit |
Befragungsgruppe |
Absolut |
Prozent |
Positiv Gestimmt + positives Lied |
27 |
25,2 |
Positiv Gestimmte + negatives Lied |
32 |
29,9 |
Negativ Gestimmte + positives Lied |
22 |
20,6 |
Negativ Gestimmte + negatives Lied |
26 |
24,3 |
|
|
|
Gesamt |
107 |
100 |
Insgesamt handelt es sich um eine zufällig verteilte Stichprobe in der vorliegenden Forschung.
7.2 Design und Ablauf
Als Untersuchungsdesign entschied sich die Verfasserin der Arbeit für eine quantitative Online-Befragung, in welcher in anhand zwei verschiedener Stimmungen (fröhlich und traurig), untersucht wird, welche Musik Proband_innen hören und welche Absichten sie dabei verfolgen würden. Da es zwei verschiedene Stimmungsgruppen gibt handelt es sich um ein Between-Subject Design. Dadurch soll verhindert werden, dass die Befragten den Fragebogen vorzeitig abbrechen würden, wenn zu viele verschiedene Stimmungen induziert werden würden. Eine Aneinanderreihung mehrerer Stimmungen für eine/n Teilnehmer_in wäre zudem nicht sinnvoll, da sich die Stimmungen sonst gegenseitig beeinflussen könnten und die Ergebnisse nicht eindeutig interpretierbar wären. Es ist bereits einiges an empirischen Studien und Experimenten im Bereich des Mood-Managements vorhanden (vgl. Zillmann, 2000; vgl. Knobloch-Westerwick, 2002; 2003; 2007), aus welchen sich brauchbare Ansätze verwenden und auf den Kontext Musik übertragen lassen. Aus diesen theoretischen Grundlagen lassen sich die hier aufgeführten Hypothesen ableiten und entwickeln. Daher ist ein hypothesenprüfendes, deduktives Vorgehen mit standardisiertem Online-Fragebogen angebracht. Daten können durch ein quantitatives Vorgehen besser generiert werden, die für die Überprüfung und Beantwortung der Forschungsfragen dienlich sind. Zudem wird bei der Befragung das Problem der Stimmungsinduktion umgangen, da diese durch Selbstimagination der Proband_innen erfolgt. Dies hat sich in der Forschung durchgesetzt (Bonfandelli & Friemel, 2015, S. 126-127).
Für die Erstellung des Online-Fragebogens wurde das Programm Unipark verwendet. Der Aufbau gestaltet sich wie folgt: Nach einer Begrüßung und kurzen Erklärung des Hintergrundes sowie dem Thema der Befragung erfolgt die Stimmungsinduktion. Bereits im Pretest zeigte sich ein relativ großer Motivationsverlust nach einer zweiten Stimmungsinduktion. Daher wurde sich im Hinblick auf den Umfang für diese Arbeit auf die zwei eindeutigsten und differenzierbarsten Stimmung entschieden: fröhlich und traurig.
Anschließend werden die Befragten angewiesen, sich in eine Stimmung zu versetzen oder sich an eine Situation zu erinnern, welche sie entweder fröhlich oder traurig stimmt. Dadurch kann jede/r Teilnehmer_in eine für sich passende Situation oder Erinnerung wählen, welche ihn/sie am bestmöglichsten in die entsprechende Stimmung bringt. Um es den Befragten zu erleichtern sich in eine traurige oder fröhliche Stimmung zu bringen, wird zudem kurz umrissen, was sie sich unter jeweiligen Stimmung vorstellen können und ein Beispiel genannt:
Erinnern Sie sich an oder stellen Sie sich eine Situation vor, in der Sie sehr fröhlich und munter sind. Ausgelöst wird diese Stimmung durch das wohlwollende Empfinden von Freude und Glück. Beispielsweise eine Situation, in der Sie eine gute Nachricht erhalten oder Sie einen Gewinn gemacht haben. Versetzen Sie sich intensiv in die Stimmung während dieser Situation und in die Gefühle, welche Sie dabei empfunden haben. (Auszug Fragebogen – Stimmungsinduktion fröhlich)
Dadurch wird die Stimmung induziert. Im Anschluss an die Selbstimagination folgt ein Treatment Check für die induzierte Stimmung. Anhand einer Checkliste mit verschiedenen Stimmungs-Adjektiven (AD ACL nach Thayer, 1986) sollen die Befragten angeben, wie sehr die genannten Adjektive die induzierte Stimmung beschreiben. Daraufhin wird das generelle Verlangen in der vorgestellten Stimmung Musik zu hören abgefragt, um Nicht-Hörer auszuschließen sowie in einem freien Textfeld eine freie Assoziation nach einem Lied ihrer Wahl, welches möglichst mit Titel, Interpret und Genre angegeben werden soll. Dadurch ist ein Treatment Check durch einen späteren Vergleich der eigenen Wahl mit der vorgegebenen Wahl an Liedern möglich. Hier sollen die Teilnehmenden außerdem ihre Gründe und Ziele für diese Wahl angeben. Wobei auch durch die Frage nach der Zustimmung zu Text und Melodie und einer Wahl dieser, beide Elemente thematisiert werden, um die Relevanz dieser beiden zu überprüfen. Anschließend geht es mit den bereits vorselektierten Liedern weiter. Der Ablauf ist der gleiche wie in dem eben beschriebenen Teil mit der freien Angabe. Welches Lied die Befragten zu hören bekommen, wird ebenfalls randomisiert festgelegt. Mit den Diskrepanzliedern, je eines mit fröhlicher Melodie und traurigem Text (= Diskrepanzlied 1) und eines mit trauriger Melodie und fröhlichem Text (= Diskrepanzlied 2), findet das gleiche Vorgehen nochmals Anwendung. Die Diskrepanzlieder werden beide allen Teilnehmenden dargeboten, um einen optimalen Vergleich zwischen kongruenten Liedern und den Diskrepanzliedern sicherzustellen. Jede/r Proband_in bekommt folglich drei Songs (einmal fröhlich oder traurig und Diskrepanzlieder 1 und 2) dargeboten und durchläuft jedes Mal die gleiche Fragenabfolge:
|
|
Dargebotene Lieder |
Induzierte Stimmung |
Freude |
fröhliches Lied + Diskrepanzlied 1 + Diskrepanzlied 2 |
trauriges Lied + Diskrepanzlied 1 + Diskrepanzlied 2 |
Trauer |
fröhliches Lied + Diskrepanzlied 1 + Diskrepanzlied 2 |
trauriges Lied + Diskrepanzlied 1 + Diskrepanzlied 2 |
Abbildung 2. Veranschaulichung des Untersuchungsablaufs.
So ist so jede/r Proband_in auf nur eine Stimmung fokussiert und wird nicht mit zu vielen Stimmungsinduktionen überfordert oder demotiviert. Die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Abbruchs ist somit geringgehalten. Zuletzt werden Soziodemografische Daten und das Mediennutzungsverhalten abgefragt, damit die größte Konzentration am Anfang für die Fragen zur Musikwahl bleibt. Die Festlegung der Variablen und die genaue Erläuterung der verwendeten Skalen werden nun in Kapitel 7.3 dargestellt.
7.3 Variablen
Die für die anschießende Analyse und Interpretation notwendigen Variablen müssen zum Verständnis der folgenden Ergebnisbeschreibung im Detail betrachtet werden. Auf Seiten der unabhängigen Variablen (= uV) wurde zunächst aus allen Befragten eine Variable (‚Stimmungsgruppen‘ mit 1= positiv Gestimmte; 2= negativ Gestimmte) für die Stimmungsinduktion fröhlich und traurig erstellt sowie zusätzlich eine Variable (‚Stimmungsgruppen_mitLiedern‘ mit 1= positiv Gestimmte + positives Lied; 2= positiv Gesimmte + negatives Lied, 3= negativ Gestimmte + positives Lied; 4= negativ Gestimmte + negatives Lied) für die beiden Stimmungsgruppen mit jeweils dem fröhlichen bzw. traurigem Lied erstellt. Für die abhängigen Variablen (= aV) wurden die Variablen zur Rezeptionszustimmung für die Lieder zu einer Skala zusammengefasst und zu der Variable ‚RezeptionLied‘ (1= würde ich überhaupt nicht hören; 7= würde ich sehr gerne hören) umcodiert. Zudem wurden die Gründe der Liederwahl jeweils nach Iso- oder Kompensationsprinzip zugeordnet und dann zu je einer neuen Variable (‚WahlISO‘; ‚WahlKOMP‘ mit 1= trifft überhaupt nicht zu und 7= trifft voll und ganz zu) erstellt. Die Zuordnung der Gründe zu Iso- oder Kompensationsprinzip wurde wie in Tabelle 4 übersichtlich dargestellt vorgenommen.
Tabelle 4
Zuordnung der Gründe nach Wahl nach Isoprinzip oder Kompensationsprinzip
Wahl nach Isoprinzip |
Wahl nach Kompensationsprinzip |
weil es mich bei der momentanen Laune halten würde |
weil es meine aktuelle Stimmung heben würde |
weil es mich bewegen/anregen würde |
weil es mich ablenken würde |
weil es zu meiner momentanen Stimmung passen würde |
weil es mich in einer andere (bessere) Stimmung versetzen würde |
weil es meine Gefühle zum Ausdruck bringt |
weil es meine Gefühle in dieser Stimmung abschwächen würde |
weil es meine Gefühle in dieser Situation verstärkt |
Ablehnung gegenüber Song |
weil die Stimmung des Liedes zu meiner Stimmung passt |
|
Im Sinne der Forschungsfrage wurden außerdem für Diskrepanzlied 1 und 2 Variablen für die Wahl auf Grund des Textes bzw. der Melodie (‚DL1WahlnachText‘; ‚DL1WahlnachMelodie‘; ‚DL2WahlnachText‘, DL2Wahlnach Melodie‘ mit 1=trifft überhaupt nicht zu und 2= trifft voll und ganz zu). Anzumerken ist, dass nur die Personen berücksichtigt wurden, die die Lieder überhaupt hören würden (N= 93), da nur für diese Personen die Variable auch Sinn macht. Zur Überprüfung von H1 und H2 soll außerdem die Wahl der Lieder bei freier Assoziation mit den vorgegeben Liedern verglichen werden. Bei der freien Assoziation wird eine freie Textangabe gemacht, welche für eine Auswertung nach der Ausdrucksstimmung des Liedes (1= positives Lied, 2= negatives Lied, 3= kein bestimmtes) in eine neue numerische Variable umcodiert werden muss. Die Stimmung sowie alle Lieder werden von den Befragten im Sinne eines Treatment-Checks bewertet. Hierfür wird die Activation-Deactivation Adjective Check List (AD ACL) nach Thayer (1967) herangezogen, da sich diese in vielen Forschungen bereits bewährt hat und zur Abfrage von Stimmung geeignet scheint (vgl. Thayer, 1989). Da die AD ACL nach Thayer auf englischen Adjektiven basiert und eine wörtliche Übersetzung teilweise nicht geeignet ist, wurde für die hier durchgeführte Studie, die Liste mit der Eigenschaftswörterliste (EWL) nach Janke und Debus (in Schmitz-Atzert et al., 2014, S. 86-91) kombiniert. Um eine Eindeutigkeit der Begriffe und das Verständnis für die Befragten sicherzustellen, wurden dann die Adjektive, mit Hilfe der EWL in eine deutsche Variante umgewandelt. In Anlehnung an Thayers AD ACL (1989) können die Teilnehmenden zwischen 1= „trifft voll und ganz zu“, 2= „trifft teilweise zu“, 3= „trifft nicht zu“ und 4= „kann ich nicht beurteilen“ ihre Angabe machen. Es werden 20 verschiedene Adjektive, welche alle an den in Kapitel 2.2 beschrieben Dimensionen von Stimmungen angelehnt sind, abgefragt. Als fröhlich werden dabei stimulierende, positive Stimmungsadjektive behandelt, als traurig nicht-stimulierende, negative Stimmungsadjektive.
Tabelle 5
Zuordnung der Adjektive zu fröhlicher oder trauriger Bewertung
Fröhlich |
energisch, munter, heiter, angespannt, aufmerksam, nervös, friedvoll, energiegeladen, lebhaft, unbekümmert |
Traurig |
niedergeschlagen, ruhelos, energielos, benommen, gelassen, ergriffen, ruhend, ängstlich, angestrengt, ruhig |
Für die Auswertung wurden für die Stimmungen sowie für alle Lieder jeweils die Skalen zusammengefasst und neue Variablen für eine positive bzw. negative Bewertung erstellt (‚Stimmungsinduktion‘‚ ‚Bewertung_kongruent‘, ‚Bewertung_DL1‘, ‚Bewertung_DL2‘ mit 1= positiv; 2= negativ und 0= nicht beurteilt). In welchen Verfahren die aufgeführten Variablen eingesetzt wurden und zu welchen Ergebnissen dies geführt hat wird im folgenden Kapitel dargestellt.
8 Ergebnisse
Stimmungsinduktion: Treatment Check
Für den Treatment-Check, ob die Stimmungsinduktion, also die Selbstimagination, funktioniert hat, wurde die im vorangegangen Kapitel beschriebene Variable ‚Stimmungsinduktion‘ auf einen Unterschied zwischen positiv und negativ gestimmten Personen getestet (‚Stimmungsgruppen‘). Da diese beiden Variablen nominal skaliert sind (siehe Kapitel 7.3) wurde mit einer Kreuztabelle gearbeitet, mit uV= ‚Stimmungsgruppen‘ und aV= ‚Stimmungsinduktion ‘. Der zugehörige Chi-Quadrat-Test offenbarte einen hoch signifikanten Unterschied zwischen der Bewertung der beiden Stimmungen (?2 (1, N= 107) = .87, p= .00). 58 (93,5 %) Personen, die eine fröhliche, positive Stimmungsinduktion erhalten haben bewerteten diese positiv, nur eine negative Angabe und 44 (97,8 %) Personen, die sich in eine traurige, negative Stimmung versetzen sollten, bewerteten diese negativ, nur vier positiv. Befragte haben beide Stimmungen sehr eindeutig bewertet, weshalb anzunehmen ist, dass die Stimmungsinduktion in der hier vorliegenden Studie geglückt ist und etwaige Probleme in den Ergebnissen mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit nicht darauf zurückzuführen sind.
H1 und H2 hängen zusammen und wurden in der Berechnung gemeinsam in einem Verfahren betrachtet und ausgewertet. Daher werden im Folgenden auch die Ergebnisse zusammen dargestellt.
Hypothese 1 und Hypothese 2
Als Grundlage wurde anhand eines durchgeführten T-Tests für unabhängige Stichproben zunächst untersucht, wie das generelle Rezeptionsverlangen nach Musik (‚Musikrezeption_allg‘ mit 1= überhaupt nicht und 5= sehr gerne) innerhalb der Stimmungsgruppen ist. Es zeigt sich kein signifikanter Unterschied (p= .62) zwischen traurig und fröhlich Gestimmten bezüglich der allgemeinen Rezeption. Sowohl traurige Personen, als auch fröhliche Personen tendieren in Richtung Rezeptionsverlangen nach Musik (M= 4.02, SD= 0.98; M= 4.49, SD= 0.79).
Zur weiteren Berechnung wurde eine einfaktorielle ANOVA durchgeführt, wobei die beiden Stimmungsgruppen mit den jeweiligen Liedern (‚Stimmungsgruppen_mitLiedern‘) als uV und die Rezeptionszustimmung (‚RezeptionLied‘ mit 1= würde ich überhaupt nicht hören und 7= würde ich sehr gerne hören) als aV eingespeist wurden. Die Voraussetzung für die Durchführung einer ANOVA, sprich die Normalverteilung der Variablen, wurde im Vorfeld mittels Ansicht der Deskriptivstatistiken geprüft. Dieses Verfahren fand bei allen durchgeführten statistischen Rechnungen Anwendung. Bezüglich der Rezeption innerhalb der Gruppen zeigt sich kein signifikantes Ergebnis (p> .05). Es gibt also keinen Unterschied bei positiv Gestimmten bezüglich ihrer Wahl von positiver oder negativer Musik. Mögen die Mittelwerte der beiden Gruppen auf den ersten Blick vermuten lassen, dass positiv Gestimmte eher positive Musik hören würden (M= 5.00, SD= 1.96) als negative Musik (M= 3.91, SD= 2.12), so sprechen die Standartabweichungen doch dagegen und das nicht signifikante Ergebnis kann bestätigt werden. Dass positiv gestimmte Personen eher positiv stimmende Musik hören würden, muss hier bei H1 also abgelehnt werden. Das nicht signifikante Ergebnis gilt ebenfalls für die negative Stimmungsgruppe. Auffallend ist, dass die Mittelwerte der negativ Gestimmten bezüglich negativer oder positiver Musik sehr nah beieinander liegen (M= 2.77, SD= 1.99; M= 2.73, SD= 2.16). Sowohl für das negative als auch für das positive Lied liegen sie unter dem neutralen Wert ‚4‘, also zu Rezeptionsabneigung tendieren. Es kann für H2 nicht bestätigt werden, dass negative gestimmte Personen eher positiv stimmende Musik hören würden.
Doch zwischen den Gruppen offenbart sich ein hoch signifikanter Unterschied (F(3,103)= 7.107, p= .00). Die Gruppen unterscheiden sich zwar nicht bezüglich der Rezeption der Lieder, dennoch aber bezüglich der Stimmung. Nach Betrachtung des Levene-Test, welcher nicht signifikant ist (p= .445) und deshalb Varianzgleichheit angenommen werden kann, werden die signifikanten Unterschiede anhand des Post-Hoc-Tests der Scheffé-Prozedur ermittelt. Zwischen den Gruppen 1 und 3 zeigt sich ein signifikanter Unterschied (p= .03) sowie zwischen den Gruppen 1 und 4 (p= .02). Daraus lässt sich annehmen, dass positiv Gestimmte eher positiv stimmende Musik hören würden als negativ Gestimmte (M= 5.00, SD= 1.96; M= 2.73, SD= 2.16) (siehe Abbildung 4, Anhang A). Außerdem, dass die Rezeptionszustimmung bei Personen in positiver Stimmung insgesamt größer ist, als bei Personen in negativer Stimmung.
Danach richtet sich auch der zweite Teil von H1 und H2: wenn Personen ein Lied wählen, machen sie dies dann nach dem Iso- oder dem Kompensationsprinzip. Hierzu wurde anhand der Variablen ‚Stimmungsgruppen_mitLiedern‘ als uV und den Variablen ‚WahlISO‘ und ‚WahlKOMP‘ als aVs (1= trifft überhaupt nicht zu, 7= trifft voll und ganz zu) erneut eine ANOVA durchgeführt. Über alle vier Gruppen hinweg zeigt sich nur bei der Wahl nach dem Isoprinzip ein signifikanter Unterschied (F(3,103)= 5.93, p= .001), bei der Wahl nach dem Kompensationsprinzip wurde kein signifikantes Ergebnis ermittelt (F(3,103)= 1.40, p= .246). Der betreffend der ‚WahlISO‘ Variable Levene-Test ist nicht signifikant (p= .198), Varianzgleichheit kann angenommen werden und nach dem Post-Hoc Test nach Scheffé zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen Gruppe 1 und 3 (p= .005) und Gruppe 1 und 4 (p= .009). Es lässt sich also annehmen, dass positiv Gestimmte mit positivem Lied, dieses eher nach dem Isoprinzip wählen (M= 4.15, SD= 1.83), negativ Gestimmte mit positivem Lied dieses dagegen eher weniger nach dem Isoprinzip wählen (M= 2.27, SD= 1.52), ebenso wie das negative Lied (M= 2.46, SD= 1.58). Gruppe 1 und 2, also innerhalb der positiv Gestimmten, sind marginal signifikant (p= 0.06). Wenn Personen ein positives Lied rezipieren, dann würden sie dies also eher im Sinne des Isoprinzips wählen (M= 4.15, SD= 1.83) und ein negatives Lied eher weniger nach dem Isoprinzip rezipieren (M= 2.88, SD= 1.98).
Tabelle 6
Veranschaulichung der Mittelwerte bei Wahl nach Isoprinzip in den Stimmungsgruppen mit Liedern (1-4)
Stimmungsgruppen |
Mittelwerte |
Positiv Gestimmte + positives Lied (1) |
4.15 |
Positiv Gestimmte + negatives Lied (2) |
2.88 |
Negativ Gestimmte + positives Lied (3) |
2.27 |
Negativ Gestimmte + negatives Lied (4) |
2.46 |
Anmerkung. Tabelle erstellt durch Verfasserin anhand der Ergebnisse der Auswertung mit SPSS Statistics 23. Es wurde nur die Wahl nach Isoprinzip dargestellt, da nur hier signifikante Unterschiede vorhanden sind.
H1 kann somit zumindest für dieses Fall bestätigt werden. Da es bei der Wahl nach Kompensationsprinzip keine signifikanten Ergebnisse gab, muss H2 bezüglich der Wahl nach dem Kompensationsprinzip abgelehnt werden. Dennoch lässt sich aber aus den Ergebnissen ablesen, dass bei negativ Gestimmten die Wahl nach dem Isoprinzip deutlich weniger zutreffend ist als bei positiv Gestimmten. Zu erwähnen sind hierzu allerdings auch die Ergebnisse bei der freien Wahl von Musikstücken durch die Befragten. Positiv Gestimmte würden im Sinne von H1 eindeutig positive Musik bevorzugen (91,4 %). Außerdem sprechen die Daten auch hier wieder gegen H2, da 66,7% der negativ Gestimmten eher negative Musik hören würden und 33,3% nur positive Musik. Bei der Wahl nach Iso- oder Kompensationsprinzip konnte bei der freien Assoziation kein signifikanter Unterschied offenbart werden (p= .987 und p= .079).
Hypothese 3
Zur Überprüfung von H3, dass negativ Gestimmte eindeutiger positive Musik hören würden, als positiv Gestimmte, wurde ein T-Test für unabhängige Stichproben durchgeführt, mit der Variable ‚Stimmungsgruppen‘ als uV und ‚RezeptionfröhLied‘ sowie ‚RezeptiontrauLied ‘ als aVs. Der Levene-Test ist jeweils nicht signifikant (p= .186, p= .339), daher kann Varianzgleichheit angenommen werden. Sowohl für die Rezeption des fröhlichen Liedes als auch für das traurige Lied zeigen sich signifikante Unterschiede (p= .000 und p= .041). Allerdings wird bei der Betrachtung der Mittelwerte deutlich, dass Personen in positiver Stimmung (M= 5.00, SD= 1.96) viel eindeutiger positive Musik rezipieren würden, als Personen in negativer Stimmung (M= 2.72, SD= 2.16). Also ist zwar ein Unterschied gegeben, allerdings in die andere Richtung als H3, dass positiv Gestimmte scheinbar wesentlich eindeutiger positive Musik hören würden als negativ Gestimmte. Daher muss H3 in diesem Sinne abgelehnt werden.
Diskrepanzlieder: Wahl nach Text oder Melodie?
Anhand einer Kreuztabelle der neu erstellten, nominal skalierten Variablen ‚Bewertung_DL1‘ und ‚Bewertung_DL2‘ (0= nicht beurteilbar, 1= positiv bewertet, 2= negativ bewertet) zeigt der Chi-Quadrat Test einen hoch signifikanten Unterschied auf ?2 (4, N= 107) = 0.26, p= .000). 98 Befragte bewerten das Diskrepanzlied 1 als positiv (nur 7 negativ, zwei gar nicht) und nur 60 Personen das Diskrepanzlied 2 als positiv, 45 dafür negativ (zwei gar nicht) (siehe Abbildung 3, Anhang A). Bei Diskrepanzlied 2 ist die Melodie traurig und der Text fröhlich, doch dieses Lied wird weniger eindeutig positiv bewertet als Diskrepanzlied 1, bei dem die Melodie positiv und der Text negativ ist.
Weiterhin wurde mit den Variablen ‚DL1_WahlnachText_Hörer‘,
‚DL1_WahlnachMelodie_Hörer‘, ‚DL2_WahlnachText_Hörer‘ und
‚DL2_WahlnachMelodie_Hörer‘ (1= trifft überhaupt nicht zu, 7= trifft voll und ganz zu) ein T-Test durchgeführt, um mögliche Unterschiede aufzudecken.
Tabelle 7
Veranschaulichung T-Test für die Wahl nach Text oder Melodie bei Hörern von DL 1 und DL2
Diskrepanzlied |
Wahl nach |
Signifikanz |
Mittelwert |
1 |
Text |
.00 |
3.52 |
1 |
Melodie |
.00 |
3.61 |
2 |
Text |
.00 |
4.34 |
2 |
Melodie |
.00 |
4.15 |
Anmerkung. Es wurden nur die tatsächlichen Hörer_innen der Diskrepanzlieder berücksichtigt, da diese auch nur eine Begründung für ihre Wahl angeben (N= 93)
Wie in der Tabelle entnommen werden kann, ist der T-Test hoch signifikant (p= .000), es gibt also Unterschiede bezüglich der Wahl nach Text und Melodie bei DL1 und DL2. Bei der Betrachtung der Mittelwerte zeigt sich, dass Personen bei DL2 (M= 4.34, SD= 2,04) eher nach dem Text entscheiden als bei DL1 (M= 3.52, SD= 2.11). Auch bei der Wahl nach der Melodie würden Personen bei DL2 (M= 4.15, SD= 1.89) diese eher als Grund nehmen, als bei DL1 (M= 3.61, SD= 1.84). Es lässt sich allerdings kein Unterschied aufzeigen, ob Personen DL1 eher nach Text oder Melodie wählen würden und gleiches für DL2, da die Mittelwerte sich jeweils überschneiden. In Bezug auf die beiden Stimmungsgruppen fröhlich und traurig konnte kein signifikanter Unterschied für die Wahl nach Text oder Melodie bei DL1 und DL2 durch einen T-Test (p> .05) aufgedeckt werden.
Im Zuge dessen sei außerdem erwähnt, dass auch die Bewertung der Diskrepanzlieder mit den Bewertungen der kongruenten Lieder verglichen wurde. Um Unterschiede hier aufzudecken, wurde erneut auf Grund der nominalen Variablen anhand des Chi-Quadrat Tests für jedes Liederpaar durchgeführt. Es zeigt sich bei dem Diskrepanzlied 1 und traurigem Lied kein signifikanter Unterschied (?2 (4, N= 58) = 2.33, p= .68). Die anderen drei Gruppen unterscheiden sich signifikant (p< .005). Diskrepanzlied 1 wird im Vergleich zu dem kongruenten fröhlichen Lied etwas weniger positiv bewertet, Diskrepanzlied 2 sogar deutlich weniger positiv und weniger eindeutig als das kongruente Lied. Es lässt sich also annehmen, dass das kongruente, fröhliche Lied eindeutiger positiv bewertet wird. Zu dem kongruenten, traurigen Lied wird Diskrepanzlied 2 dagegen etwas negativer bewertet. Eine eindeutige Richtung kann leider nicht abgelesen werden. Dies liegt vermutlich daran, dass das negative Lied, anders als im Pretest nicht so gut funktioniert hat. Dieses Problem wurde bei der Auswertung und der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt.
9 Diskussion
Nachdem das vorangegangene Kapitel die Ergebnisse der statistischen Auswertung des Studienmaterials beschrieben hat, gilt es nun, diese im Forschungskontext näher zu erläutern sowie kritisch zu beleuchten.
9.1 Interpretation der Ergebnisse
Wie in Kapitel 3 bereits dargestellt, lautet die erste Prämisse des Mood-Management-Ansatzes, dass der Mensch danach strebt, negative bzw. unangenehme Stimmungen zu vermeiden, zu beenden oder zumindest zu verringern. Die zweite Prämisse setzt voraus, dass der Mensch stets bemüht ist, eine positive Stimmung zu erhalten oder sogar zu verstärken (vgl. Zillmann, 1988, in Wirth & Schramm, 2006, S. 61-62). Dies kann er durch die Selektion von Medieninhalten regulieren. In der hier vorliegenden Studie konnte bestätigt werden, dass sich auch Musik, als Medium, hierfür gut zu eignen scheint. Die Mehrheit der Befragten würde Musik hören wollen, besonders in fröhlicher Stimmung. Es ist also anzunehmen, dass Musik und Stimmungen einen Einfluss aufeinander haben.
Erste Tendenzen der beiden Prämissen der Mood-Management-Theorie bei der Wahl von Liedern, werden bei der Betrachtung der freien Assoziation der Befragten sichtbar. Es fiel den Befragten zwar oft schwer, sich auf ein bestimmtes Lied festzulegen und in auffallend vielen Fällen wurde nur die Ausdrucksstimmung des gewünschten Liedes beschrieben. Aber es lässt sich erkennen, dass die Mehrheit der positiv Gestimmten ein für ihren Geschmack positives Lied hören wollen würden, was H1 wiederum bestärken würde. Negativ Gestimmte allerdings eher etwas auch negative Lieder, das H2 widerlegen würde. Doch dies ist nur bedingt aussagekräftig, da bei der freien Assoziation oft keine genauen Lieder angegeben wurden, sondern nur Musikrichtungen oder Beschreibungen und die Codierung der Lieder nach Meinung der Versuchsleiterin erfolgte. Daher sei dies nur als Anmerkung festzuhalten.
Doch bei einer genaueren empirischen Untersuchung und objektiven Sicht muss die erste Hypothese, dass Personen, die sich in ebendieser, im Sinne der zweiten Prämisse, positiven Stimmung befinden, diese auch durch positive Musik verstärken würden und daher eher positive Musik auswählen würden, verworfen werden. Denn zwischen der Wahl eines positiven und negativen Liedes gibt es keinen signifikanten Unterschied. Für beide Lieder liegt die Tendenz in Richtung Rezeption des Liedes. Das deutet darauf hin, dass die Zustimmung zur Rezeption von Musik in fröhlicher Stimmung sehr stark ist, die Valenz des Liedes dabei aber weniger eine Rolle spielt. Die Annahme liegt nahe, dass eine fröhliche Stimmung aufgrund ihres hohen Erregungslevels und der stark positiven Valenz (vgl. Kapitel 2.2) sich weniger leicht verringern lässt und der Stimulus Musik hierfür vermutlich zu schwach ist.
Dennoch ist, trotz Ablehnung eines Unterschiedes in der Wahl der Lieder, anzumerken, dass die Rezeptionszustimmung zu dem fröhlichen Lied größer ist als zu dem traurigen Lied. Zwar mit Vorsicht zu betrachten, dennoch im Rahmen dieser Arbeit zu berücksichtigen, da sich vermuten lässt, dass der nicht signifikante Unterschied unteranderem auf das weniger eindeutig negative Lied zurückführen lässt. Im Pretest wurde das traurige Lied wesentlich deutlicher bewertet, als es in dieser Studie der Fall ist. Daher ist auch die Wirkung des Liedes abgeschwächter, das es zu berücksichtigen gilt. Außerdem spielt der individuelle Musikgeschmack sicherlich eine entscheidende Rolle. Wie in Kapitel 5 erläutert wurde, setzt sich Musik aus einigen Grundbausteinen zusammen, welche eine ungefähre Einordnung der Valenz eines Liedes zulassen. Dennoch können diese unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden. Dies wird zudem verstärkt, da in der heutigen Zeit viele Lieder eine ähnliche Struktur aufweisen und sich in den Grundbausteinen nicht immer klar unterscheiden. So ist es vor allem im Bereich der aktuell sehr angesagten elektronischen Musik (Bundesverband Musikindustrie e.V., 2016b, S. 38-40). Da die Auswahl der verwendeten Lieder innerhalb der Chart-Platzierung erfolgte, sind auch diese Lieder aus dem Genre ‚Elektro‘ oder ‚House‘ und daher vermutlich nicht eindeutig genug auszulegen. Wenn positiv Gestimmte Personen allerdings ein positives Lied hören würden, dann würden sie dies eher im Sinne von H1 nach dem Isoprinzip tun. Dies liegt vermutlich daran, dass diese Personen zufrieden mit ihrer Stimmung sind und diese beibehalten wollen (vgl. Kapitel 4). Daher wählen sie Musik, welche zu ihrer Stimmung passt, um nicht zu gefährden ihre angenehme Stimmung zu verringern oder zu beenden. Gemäß den Ansätzen der Mood-Management-Theorie und der Theorie der Kognitiven Dissonanz würde so ein inneres Gleichgewicht entstehen (vgl. Festinger, 1989), da die Stimmung und die vermittelte Stimmung des Liedes übereinstimmen.
Bei der Auswertung der freien Assoziation ist bereits eine gegenläufige Tendenz zu H2 angedeutet worden. Interessanter Weise konnte auch bei einer genauen Überprüfung nicht bestätigt werden, dass negativ gestimmte Personen in Sinne von H2 eher positiv stimmende Musik wählen würden. Das lässt sich vermutlich durch den generell geringeren Rezeptionswillen von Musik in negativer Stimmung begründen, welcher aus den Ergebnissen in Kapitel 6 hervorgeht. Wenn das Bedürfnis nach Musikhören in einer schlechten Stimmung ohnehin nicht so groß ist, dann ist es wahrscheinlich auch weniger wichtig, ob das Lied positiv oder negativ ist. Außerdem ist es möglich, dass Musik als Mittel zur Stimmungsregulation hierfür zu gering sein mag. So würden positiv Gestimmte zwar deswegen weniger von der Rezeption absehen, da sie ihre Stimmung ja nicht ändern wollen, wohl aber negativ Gestimmte. Immerhin streben sie nach einer Verbesserung ihres Zustandes (vgl. Zillmann, 1985a) und würden statt Musik zu einem stärkeren Mittel zu Stimmungsregulation greifen. Bezüglich der Wahl nach dem Kompensationsprinzip im Sinne von H2 wurden zudem keine signifikanten Unterschiede erkannt, was darauf hin deutet, dass Personen Musik eher weniger zur Stimmungsverbesserung nutzen würden.
Auch die in H3 postulierte Eindeutigkeit steht damit in Verbindung. Es zeigt sich zwar ein signifikanter Unterschied, allerdings geht dieser in die entgegengesetzte Richtung der Hypothese. Die positiv gestimmten Befragten würden wesentlich eindeutiger positive Musik hören, als die negativ gestimmten Befragten. Was nicht bedeutet, dass die Grundmotivation der negativ Gestimmten ihre Stimmung zu ändern (vgl. Kapitel 3.7.1) geringer ist, sondern womöglich trotzdem noch größer, aber eben auf andere Mittel zurückgegriffen werden würde und die Musik hier daher einen nicht so relevanten Einfluss ausüben kann.
Für die Frage nach der Rolle von Melodie und Text bei der Wahl von Liedern, insbesondere Diskrepanzliedern, wurde zunächst ein signifikanter Unterschied bezüglich der Bewertung von DL1 und DL 2 festgestellt. Dadurch, dass DL1, mit der positiven Melodie und dem negativem Text, deutlich eindeutig positiver bewertet wurde als DL2, mit der negativen Melodie und dem positiven Text, lässt sich annehmen, dass die Melodie einen größeren Einfluss auf die Wahrnehmung des Liedes hat als der Text. Für die Wahl eines Liedes würde das bedeuten, dass die Wahl eher von der Melodie abhängig ist. Also lässt sich vermuten, dass positiv gestimmte Personen, wenn sie positive Musik hören würden, diese vermutlich gemäß des Isoprinzips eher nach positiver Melodie auswählen würden, da diese dann zu ihrer Stimmung passen würde. Für die Wahl der negativ Gestimmten nach dem Kompensationsprinzip kann aufgrund der Ablehnung von H2 keine eindeutige Aussage gemacht werden.
Bei der konkreten Auswertung der Variable Wahl nach Text oder Melodie kann allerdings kein direkter Unterschied für die Wahl nach Text und Melodie bei DL1 oder DL2 festgestellt werden. Lediglich konnte offenbart werden, dass DL2 im Vergleich zu DL1 eher bezüglich beider Elemente gewählt werden würde, etwas stärker aber in Richtung Text. Vermutlich liegt dies an einer besseren Verständlichkeit des Textes oder einer wenig genaueren Diskrepanz von Text und Melodie bei DL2. Interessant ist aber, dass tatsächlich trotz des gezielten Richtens der Aufmerksamkeit der Befragten auf die Elemente Text und Melodie diese bei der Wahl scheinbar wenig differenziert betrachtet werden. Hier spielen vermutlich wieder weitere Faktoren sowie individuelle Musikpräferenzen mit hinein. Dies führt zu gewissen Grenzen bei der Auswertung der Studie und der Übertragbarkeit. Auch im Hinblick auf weitere Forschungen werden diese Probleme im Folgenden kurz zusammengefasst.
9.2 Limitationen
Innerhalb dieser Arbeit gibt es zwei Bereiche an denen die Studie an ihre Grenzen gestoßen ist. Zum einen durch individuelle Persönlichkeitsmerkmale wie Musikpräferenzen oder Erleben einer Stimmung. Geschmäcker sind hinsichtlich Musik sehr verschieden. So kann für eine Person ein Heavy Metal Song sehr negativ und anstrengend sein, während für eine andere Person das gleiche Lied als entspannend und positiv wahrgenommen wird. Dadurch werden auch die Bewertung und die Rezeptionszustimmung der Lieder innerhalb der Studie beeinflusst. Beides hängt stark von der subjektiven Wahrnehmung und dem Empfinden der Proband_innen ab. Hier könnte die Tatsache, dass die Lieder aus Gründen der Bekanntheit aus den Charts entnommen wurden, eine Rolle spielen. Denn es ist durchaus denkbar, dass einige Personen diese Lieder nicht mehr hören können und dementsprechend eher weniger rezipieren würden. Außerdem sind Personen nicht alle gleichermaßen dazu im Stande sich in bestimmte Stimmung selbst hineinzuversetzen. Die Stimmungsinduktion hat zwar gut funktioniert, doch wie nah diese Stimmungsimagination einem ‚echten‘ Stimmungserleben nahe kommt, ist nicht ganz klar. Zudem sind Stimmungen nicht einfach zu definieren und abzugrenzen (vgl. Kapitel 2.1), wodurch es bei der Stimmungsinduktion eventuell zu Unregelmäßigkeiten hätte kommen können. Außerdem stellen sich die Teilnehmenden unterschiedliche Situation vor, was eventuell Einfluss auf die Ergebnisse haben könnte. Dies wurde durch einer Veranschaulichung an einem Beispiel sowie einer Kurzdefinition versucht zu vermeiden. Allerdings bleibt die Frage nach der Abgrenzung zu Emotionen. Versetzen sich Proband_innen in eine Stimmung oder erinnern sie sich in eine Situation zurück, dann geschieht dies meist nur für diese eine kurze Dauer der Studie. Dies trifft aber eher auf Emotionen zu (vgl. Kapitel 2.1). Deshalb kann nicht mit voller Sicherheit gesagt werden, dass es rein um die Betrachtung einer Stimmung ging.
Auf der anderen Seite gibt es auch auf Seite der Musikauswahl Schwierigkeit, welche es zu beachten gilt. Durch eine immer ähnlicher werdende Gestaltung der Lieder, vor allem denen in den aktuellen Charts, ist eine Abgrenzung nicht immer möglich. Gerade durch die steigenden Einflüsse an elektronischer Musik und einer stärkeren Genremischung (Schmidt, 2013, S. 1-2) lassen sich Lieder oftmals nicht mehr nach den klassischen Charakteristika, wie in Kapitel 6.1 beschrieben, einer bestimmten Ausdrucksstimmung zuordnen. Es ist anzunehmen, dass daraus die geringe Funktionalität des negativen Liedes resultiert. Im Gegensatz zum Pretest wurde das traurige Lied in der Studie deutlich weniger negativ bewertet. Dadurch kann es durchaus zu Differenzen in der Auswertung kommen.
Trotz einer logischen Ableitung der Hypothesen aus der Literatur und einem Einbezug neuerer Erweiterungen, ergaben sich Befunde, welche sich nicht komplett in den hier dargestellten Forschungskontext integrieren lassen. Gerade im Bereich des Mood-Management-Ansatzes mögen zwar einige Präsmissen und Annahmen zustimmen und bestätigt werden, dennoch sei festzuhalten, dass oftmals besonders individuelle Unterschiede nicht genug berücksichtigt werden (Schramm, 2005, S. 44-45).
10 Fazit
Wie bereits in der Einleitung beschrieben wurde, ist der Stellenwert der Musik in dem alltäglichen Leben der Menschen sehr groß (Bundesverband Musikindustrie, 2016a, o. S). Die Ergebnisse zeigen, dass die Rezeptionszustimmung zu Musik generell sehr hoch ist. Auch, wenn die aufgestellten Hypothesen nur teilweise bestätigt werden konnten, zeigt sich dennoch ein Zusammenhang zwischen Musik und Stimmung auf. Vor allem in fröhlicher Stimmung scheint die Rezeption von Musik sehr wichtig zu sein. Hierbei spielt besonders die Wahl nach dem Isoprinzip, also die Stimmigkeit der Musik zu der eigenen Stimmung, das Aufrechterhalten oder das Verstärken der Stimmung eine Rolle. In trauriger Stimmung konnte die Wahl nach eher fröhlicher Musik nicht bestätigt werden. Auch eine Wahl nach dem Kompensationsprinzip scheint weniger bis gar nicht von Relevanz zu sein. Hier gibt es noch Lücken und Aspekte, welche die Mood-Management-Theorie mit dem Grundgedanken der hedonistischen Sicht nicht ausreichend miteinbezieht, die aber für weitere Forschungen interessant sein könnten. Zudem wurde H3 widerlegt und eine gegenteilige Annahme aufgedeckt. Positiv gestimmte Personen würden demnach eindeutiger positive Musik hören als negativ gestimmte Personen. Im Zuge dessen würde es sich anbieten weitere Forschungen bezüglich eines Mood-Managements mit allen Medien fortzusetzen und gegenseitige Einflüsse der Medien während der Stimmungsregulation zu beleuchten. Außerdem ist es sicherlich lohnenswert, die Ergebnisse über die Rolle von Text und Melodie in Liedern weiterzuverfolgen. Die hier gewonnene Erkenntnis, dass die Melodie zumindest bei der Bewertung und daher vermutlich, wenn auch nur indirekt, im Zusammenhang mit der Wahl eine größere Beachtung erfährt als der Text, bietet Anknüpfungspunkte für zukünftige Untersuchungen an. Verbesserungsbedarf besteht vor allem bei der Auswahl der Musik und der genauen Berücksichtigung aller intervenierenden Effekte, wie Persönlichkeitsmerkmale und Musikpräferenzen. Außerdem muss sich an die neuen Gestaltungsmöglichkeiten im musikalischen Bereich angepasst werden. Sogar Aristoteles erkannte, dass es „verschiedene Arten von Musik“ (vgl. Kapitel 1, Aristoteles) gibt. Eben diese müssen gegebenenfalls individuell betrachtet werden oder als Mischform, um eine eindeutige Zuordnung zu verschiedenen Ausdrucksstimmungen der Lieder garantieren zu können. Die große Bedeutung, die der Musik immer noch zukommt und die Weiterentwicklung durch immer neuere Möglichkeiten erschließen stets weiteren Raum für neue Forschungen. Doch hierfür ist es erforderlich sich für die Zukunft teilweise von Ansichten der Mood-Management-Theorie zu lösen und diese eher durch neue Erkenntnisse zu erweitern und auszubauen.
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12 Anhang
Der bereinigte SPSS Datensatz sowie eine elektronische Form der Bachelorarbeit und die bereinigte Datei des Pretests sind auf einer CD beigelegt. Deshalb befinden sich im Anhang lediglich relevante Abbildungen zur Veranschaulichung, welche den Fließtext aber unterbrochen hätten und daher hier angeführt werden. Abschließend findet sich die Eidesstattliche Erklärung der Verfasserin der Arbeit.
12.1 Anhang A
Abbildung 1. Bewertung der Lieder im Pretest – Polaritätsprofil
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Dargebotene Lieder |
Induzierte Stimmung |
Freude |
fröhliches Lied + Diskrepanzlied 1 + Diskrepanzlied 2 |
trauriges Lied + Diskrepanzlied 1 + Diskrepanzlied 2 |
Trauer |
fröhliches Lied + Diskrepanzlied 1 + Diskrepanzlied 2 |
trauriges Lied + Diskrepanzlied 1 + Diskrepanzlied 2 |
Abbildung 2. Veranschaulichung des Untersuchungsablaufs.
Abbildung 3. Bewertung der Diskrepanzlieder. Anmerkung. Die Werte sind in Prozenten dargestellt
Abbildung 4. Darstellung der Mittelwerte der Rezeptionszustimmung für Stimmungsgruppen mit Liedern (1-4)
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