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Max Frisch - Andorra - Referat
Die Lage
Im Grunde handelt sich Andorra um Antisemitismus und seine Folgen. Alles passiert in einem Land, das Andorra heißt. Es ist nicht der europäische Kleinstaat von Andorra, sondern es ist der Name eines erfundenen Landes, der symbolisch für jedes Land stehen könnte, um zu zeigen, dass diese Ereignisse in allen Ländern, Zeiten und Kulturen passieren könnten.
Die Hauptfigur ist ein junger Mann, der Andri heißt. Andri lebt bei Dem Lehrer (die meisten Nebenfiguren im Stück haben keine Namen, sondern heißen nur Der Lehrer, Der Wirt, Der Jemand [ein Charakter, der die „grauen neutralen Massen“ symbolisiert] und so weiter). Der Lehrer hat allen gesagt, Andri sei sein jüdischer Pflegesohn, den er von den Schwarzen gerettet und dann adoptiert hat. Die Schwarzen sind feindliche (vermutlich antisemitische) Leute eines nahegelegenen Landes, die die gerade damit drohen in Andorra einzudringen. Deswegen glaubte man das Andri ein Jude sei.
Der Zuschauer findet bald heraus, dass Andri nicht von Dem Lehrer gerettet wurde, sondern sein wirklicher Sohn ist. Jedoch will Der Lehrer das nicht bekannt machen, weil er zu feige ist zuzugeben, dass er ein uneheliches Kind hat. Die einzige Person, die das weiß, ist Der Lehrer selbst – sogar Andri weiß es nicht. Der Lehrer fühlt sich schuldig und will die Wahrheit sagen, aber kann es nicht. Er leidet unter seinen Lügen, und trinkt zuviel.
Am Anfang des Stückes ist Andri heimlich mit Barblin, der Tochter „des Lehrers“ verlobt. Natürlich wissen sie noch nicht, dass sie Geschwister sind.
Entwicklungen in der Handlung
Im Verlauf der ersten sechs Bilder versucht Andri, seine Träume zu verwirklichen. Er will sich eine Lebensgrundlage schaffen, indem er eine Tischlerlehre beginnt und eine Familie gründen, indem er Barblin heiratet. Die Andorraner verhindern diese Träume, genauso wie sein Vater. Der Tischler will ihm keine Lehre anbieten, weil er nicht will, dass ein Jude für ihn als Geselle arbeitet. Er ist der Meinung, Juden sollen und wollen nur mit Geld arbeiten, und deswegen hat er absichtlich viel zuviel Geld für die Lehre verlangt. Der Lehrer zahlt aber diese übertrieben hohe Summe, und Der Tischler ist gezwungen Andri zu nehmen. Er tadelt aber Andri für schlechte Arbeit, obwohl er weiß, dass Andri diese Arbeit nicht getan hat. Er zwingt ihn stattdessen im Büro mit Geld zu arbeiten („Das ist's, was deinesgleichen im Blut hat ... du kannst Geld verdienen“) (Drittes Bild).
Das ist das frühste der vielen Beispielen von Stereotypen, Vorurteilen, Abweisungen und Diskriminierungen im Stück. Im Allgemeinen glauben die Andorraner, Juden seien geizig, feige, unpopulär; haben keine Gefühle; und wollen nur mit Geld arbeiten. Zum Beispiel Der (pompöse und nationalistische) Doktor sagt „Ich kenne den Jud … das Schlimme am Jud ist sein Ehrgeiz“ und „Auch ich habe Juden gerettet, obschon ich sie nicht riechen kann“. Man sieht aber, er ist nur neidisch, weil er selbst wenig Erfolg gehabt hat: „In allen Ländern der Welt hocken sie auf allen Lehrstühlen“ (alle aus dem Vierten Bild). Sie machen Andri zum Außenseiter und schieben ihm dann die Schuld für sein Anderssein zu. Wegen dieser Diskriminierungen fängt Andri allmählich an, an sich zu zweifeln.
Zunächst fragt Andri Den Lehrer, ob er Barblin heiraten darf. Der Lehrer ist total überrascht und kann der Verlobung nicht zustimmen. Andri glaubt, dass sogar sein „adoptierter“ Vater wie alle anderen sei, und meint, er sei wegen seiner jüdischen Religion nicht gut genug für seine Tochter. Er fängt an, auch seinem Vater zu misstrauen. Er wird von den meisten Andorranern öffentlich verfolgt, und leidet unter der ihm aufgezwungenen Identität. Er wird ernster, verunsichert, misstrauisch, nachdenklich und verbittert und will Andorra verlassen. Er nimmt allmählich die Eigenschaften an, die man Juden nachsagt: zum Beispiel spart er Geld, zählt Münzen und reibt seine Hände. Aber es ist sehr wichtig zu verstehen, dass er diese Eigenschaften nur entwickelt hat, weil er verfolgt wird - die Andorraner haben eine sich selbst bewahrheitende Voraussage geschaffen: ein Teufelskreis aus ihren bestätigten Vorurteilen und seiner Hilflosigkeit. Der Pater will Andri helfen, aber sogar er hat Vorurteile gegen Juden, auch wenn sie mehr positiv sind, wie „Juden sind gescheiter“ (Siebtes Bild). Er verweist auf diese herausragenden Eigenschaften, und sagt Andri, er solle sein Anderssein akzeptieren - aber weitere Klischees (sogar sogenannte „positive“) helfen nicht, weil er nicht anders sein will. Andri fühlt sich allein und verlassen und völlig als Außenseiter. Der Pater trägt deshalb auch zu seinem Schicksal bei. Andri ist sehr traurig und bricht zusammen; auch, weil Der (unangenehme und gewalttätige) Soldat Barblin vergewaltigt hat.
Endlich entscheidet Der Lehrer, die Wahrheit zu sagen, aber er ist immer noch ein Feigling. Er bittet Den Pater mit Andri zu sprechen, der versucht, Andri zu helfen – aber es ist zu spät. Andri fühlt sich jetzt als Jude, da er wegen der ständigen Spötteleien der Andorraner sich selbst beobachtet hat, um herauszufinden, ob er diese sogenannten jüdischen Eigenschaften hat - und obwohl er es nicht wahrhaben will, ist ihm jetzt vollkommen klar, dass er anders ist. Sein Selbstbewusstsein ist zerstört worden. Andri glaubt Dem Pater nicht und will nicht zuhören („Wieviele Wahrheiten habt ihr?“ (Neuntes Bild)).
Er identifiziert sich völlig mit den Juden, und hat sein Schicksal als jüdischer Märtyrer akzeptiert. Er weiß, dass er sterben wird („Ich hab’s angenommen. Jetzt ist es an Euch, Hochwürden, euren Jude anzunehmen“ (Neuntes Bild)).
Der Schluss
Bis jetzt hatten alle Angst, dass die Schwarzen angreifen. Sie sagten alle, dass Andorra nicht überfallen wird, weil es ein Land des Friedens und der Menschenrechte sei („Unsere Waffe ist unsere Unschuld“). Trotzdem überfallen Die Schwarzen sie, und alle kapitulieren einfach, indem sie sich entwaffnen lassen und nicht kämpfen. Die Soldaten suchen Andri, er wird gefesselt und abgeführt: zum Schluss findet eine spektakuläre Judenschau statt.
Frisch hat die Judenschau absichtlich grotesk gemacht, um zu zeigen, wie lächerlich alles ist. Zum Beispiel identifiziert der Judenschauer Juden, indem er nur auf ihre Füßen schaut - eine schreckliche Methode, Menschen zu beurteilen. Obwohl solche Verbrechen gegen Juden in der Nazizeit passierten, wurde diese Methode natürlich nicht benutzt, aber diese lächerlichere Tat erinnert an die grausame Methoden, die tatsächlich von den Nazis angewendet wurden. Alle Andorraner müssen sich mit schwarzen Tüchern über ihre Köpfen vermummen und am Judenschauer vorbeigehen. Der Lehrer protestiert ein bisschen, aber endlich vermummt er sich auch. Es ist jämmerlich: einige gehen in die falsche Richtung, weil sie nicht sehen können.
Nur Barblin hat den Mut, sich für Andri einzusetzen und Widerstand zu leisten, indem sie sich weigert, über den Platz zu gehen. Sie versucht allen zu sagen, dass Andri kein Jude ist, sondern ihr Bruder ist, aber die anderen denken nur an sich und wollen sich retten. Der Jemand wird als erster genauer inspiziert, darf aber mit der Hilfe von Dem Soldaten weitergehen, bevor der Judenschauer Andri als Jude „identifiziert“, und von Soldaten abgeführt wird. „Man hört nur einen Schrei“ (Zwölftes Bild), und muss annehmen, dass Andri ermordet wird. Seine Schuhe stehen während des Restes des Stückes noch an der Bühne als ein Symbol.
Am Ende finden wir heraus, dass Der Lehrer Selbstmord begangen hat, weil er glaubt, er ist schuldig. Barblin (die als „Judenhure“ geschoren worden ist) wird verrückt – somit ist sie auch eine Opfer des Antisemitismus. Wie am Anfang des Stückes weißelt sie, damit Andorra wieder „schneeweiß“ werden kann, da weiß die Farbe der Unschuld ist.
In diesem Teil werde ich die Absicht des Autors erklären, indem ich erwähne was er mit dem Stück sagen wollte. Natürlich wollte Max Frisch ein Zeichen gegen Vorurteile und Diskriminierung setzen, aber er hatte auch genauere Ideen. Die zwei Hauptthemen sind, dass man „kein Bildnis“ (das heißt keine Stereotypen oder Vorurteile) von jemandem haben soll; und auch, dass Menschen die Verantwortung für solche Ereignisse (besonders während der Nazizeit und des zweiten Weltkriegs, obwohl das Stück auf jegliche Situation anwendbar ist) akzeptieren sollten. Hier will er die Schweiz insbesondere kritisieren.
Bildnisse
Dort ist natürlich die wichtige Moral, dass Antisemitismus (wie alle Arten von Verfolgung) keine Rechtfertigung hat: es ist reines Vorurteil und kann nur das Leben zerstören, indem unschuldigen Menschen in die Verzweiflung und ins Abseits getrieben werden (zum Beispiel das Leben von Andri, obwohl er wirklich kein Jude ist). Max Frisch will, dass wir darüber in einem größeren Umfang nachdenken, dass man sich „kein Bildnis“ von anderen Menschen machen soll. Die Andorraner glauben, sie wissen, wie Andri ist. Wenn sie Andri sehen, sehen sie nur ihr Bildnis von einem Juden - und dieses Bildnis besteht nur aus Stereotypen und Vorurteilen. Sie sehen in Andri den typischen Juden und behandeln ihn nach diesem vorgefassten Bild. Sie sehen nicht, wie Andri wirklich ist, und schließlich sind sie die Ursache Andris Todes.
Dieses Thema ist eines der wichtigsten Moralen des Werkes. Es wird in der Bibel gesagt „du sollst dir kein Bildnis machen, von Gott“. Das ist das zweite Gebot. Max Frisch meint, dass das auch für „Gott als das Lebendige in jedem Menschen, das, was nicht erfaßbar ist“ gelten muss: die Seele. Anders gesagt: wir sollen leben und leben lassen.
Diese Bildnisse haben schwere Folgen, indem Andri sich deswegen stark verändert. Am Anfang des Stückes ist er ein normaler, heiterer junger Mann, der Tischler werden will. Aber die Andorraner haben ihr Bild von Andri als Jude gemacht. Sie verfolgen ihn ständig, erlegen ihm ihre Erwartungen und Verhaltensweisen auf, und behandeln ihn ungerecht, indem sie ihn nicht sein lassen, wie er wirklich ist. Sie zwängen ihn in eine bestimmte Rolle hinein, so dass er unter dem Zwang dieser Klischees allmählich diese Eigenschaften annimmt. Sie wollen nicht sehen, und können deshalb nicht sehen. Zum Beispiel am Anfang glaubt Der Tischler, dass Juden nur mit Geld arbeiten wollen, (obwohl Andri wirklich Tischler werden will). Im siebenten Bild sehen wir aber, dass Andri angefangen hat, Geld zu sparen, und er sagt: „ich muss reich werden“. Er fängt auch an, andere Eigenschaften anzunehmen die man Juden nachsagt, zum Beispiel reibt er sich die Hände. Seine Persönlichkeit wird negativ beeinflusst. Er verbittert und glaubt keiner mag ihn: sogar Der Lehrer, der es nicht zulässt, dass Andri Barblin heiraten darf (aber nur, weil er weiß, sie sind Geschwister).
Es ist ja nur menschlich, Stereotypen zu bilden, aber Max Frisch versucht zu sagen, dass sie sehr gefährlich sind, besonders wenn sie dadurch im Umgang mit anderen Menschen beeinflusst werden (sowie die Andorraner Andri verfolgen). Er glaubt, man solle seine Vorurteile durch Kontakte beseitigen.
Verantwortung
Andorra beschäftigt sich mit Antisemitismus, aber es zeigt auch, dass alle Vorurteilen dumm und unmenschlich sind, und oft gefährliche Folgen haben können. Es appelliert aber auch an unsere Verantwortung die wir gegenüber Einzelnen haben, wenn es um das Schicksal missverstandener Minderheiten geht. Wir müssen uns fragen „wer trägt die Verantwortung?“
Dieses Thema der Verantwortung ist wichtig, weil man nicht etwas aktiv machen muss, um verantwortlich zu sein. Zum Beispiel in Der andorranische Jude heißt es: „die meisten Andorraner taten ihm nichts. Also auch nichts Gutes“. Wir sind auch verantwortlich, wenn wir etwas passieren lassen, wenn wir nicht gegen die Ungerechtigkeiten protestieren, und passiver Zuschauer bleiben, dann machen wir auch mit.
In den Vordergrundszenen, die zwischen den Bildern kommen, machen alle Charakteren ein sogenanntes „Bekenntnis“ auf einer sogenannten Zeugenbank. Es heißt ein Bekenntnis, aber mit Ausnahme Des Paters beteuern alle Andorraner ihre Unschuld am Ausgang der Geschichte. Obwohl er sagt „auch ich bin schuldig geworden damals… auch ich habe mir ein Bildnis gemacht von ihm… auch ich habe ihn an den Pfahl gebracht“. Mit diesem „auch“ drückt er neben seiner eigenen Schuld die Kollektivschuld der Andorraner aus, da es ihr Denken, ihr Sagen und ihre Geisteshaltung war, die zu einem Bild des Juden geführt haben.
Die anderen Andorraner haben alle ihre Ausreden, warum sie persönlich keine Verantwortung haben. Diese zeigen uns aber nur ihre Dummheit und Gleichgültigkeit. Keiner denkt über sein Verhalten, seine Feigheit oder seine Vorurteile nach, stattdessen wollen sie sich nicht mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Sie wollen keineswegs die Verantwortung für Andris Tod übernehmen, und (noch schlimmer) bereuen sie noch nicht einmal ihr Verhalten. Zum Beispiel sagt Der Wirt, er hätte „nicht wissen können“ ; und Der Tischler, dass alles „später“ gekommen ist. Der Geselle glaubt, „es lag halt auch an ihm, sonst wär's nie so gekommen“ (und Der Wirt sagt später, er glaubt Andri „macht die Leute rein nervös“). Der Soldat sagt, dass man nicht wusste, „dass er keiner war“, während er selbst „nur seinen Dienst getan“ habe. „Order ist Order. Ich war Soldat“ sagt er. Man muss daran denken, dass er Andri verraten, die Judenschau organisiert, und dem Judenschauer aktiv geholfen hat Andri zu „identifizieren“. Der pompöse Doktor sagt, dass er „nie an Mißhandlungen teilgenommen“ habe, (was eine totale Lüge ist), und, dass „sein [das heißt Andris] Benehmen (was man leider nicht verschweigen kann) mehr und mehr … etwas Jüdisches hatte“. Er glaubt, dass das eine Ausrede ist. Wir wissen aber, dass es eine der Folgen seiner eigenen Taten war. Die Andorraner haben auch andere Motive: Der Wirt wird zum Sündenbock für sein Verbrechen; Der Soldat will Barblin haben.
Vielleicht ist die Meinung, die am besten die Einstellung der meisten Leute nach dem Krieg wiederspiegelt diejenige von Dem Jemand. Er sagt „Nichts ist erwiesen worden“ und „Einmal muss man auch vergessen können, finde ich“. Er will seine Ruhe und seinen Frieden haben, und steht dabei für all jene, die diese Gewalt tolerieren oder nicht sehen wollen, sich dumm stellen oder ganz einfach gleichgültig sind. Jeder Einzelne spielt seine Rolle - sie dürfen nicht etwas einfach geschehen lassen. Wenn eine Person allein Widerstand leistet kann man nicht viel erreichen, aber wenn jeder der glaubte dass das was Andri passierte nicht gerecht war etwas gemacht hätte (wie Barblin), hätte es anders geendet. Natürlich muss man sich auch daran erinnern, dass dies wegen der Propaganda während der Nazizeit nicht einfach gewesen wäre.
Diese Ausreden spiegeln die Ausreden der Soldaten und Deutschen nach dem Krieg wieder, (zum Beispiel glaubten wegen der Propaganda viele, dass die Juden selbst schuldig waren; die Soldaten sagten, die führten nur Befehle aus und so weiter).
Außer Dem Lehrer (der weiß, dass Andri wirklich kein Jude ist), ist Barblin die einzige Person, die kein Bildnis von Andri macht, und ihn nicht verurteilt. Das ist, weil sie Andri liebt (zuerst als seine Freundin, aber sobald sie herausfindet, er ist ihr Bruder, verwandelt sich ihre Liebe in schwesterliche Liebe.) Hiermit meint Frisch, dass man Klischees nur durch Liebe abbauen kann, indem man jeden Menschen als Einzelnen betrachtet und ihn frei entfalten lässt. („Ausgenommen, wenn wir lieben“) (Der andorranische Jude). Es muss aber auch gesagt werden, dass dies zu idealistisch und einfach ist. Man hätte Hitler nicht mit Liebe bekämpfen können. Man muss auch andere Maßnahmen (zum Beispiel Bildung und Gesetze) benutzen.
Ich glaube, dass obwohl alle Charakteren behaupten sie seien unschuldig, man wegen ihrer peinlichen und lahmen Ausreden sehen kann, dass sie in Wirklichkeit alle (außer Andri selbst und Barblin) einen Teil der Verantwortung teilen. Insbesondere Der Soldat, weil er genau wissen musste, was die Folgen seiner Taten sind, auch wenn es ihm aufgetragen wurde. Natürlich darf man nicht vergessen, dass wenn Der Lehrer nicht gelogen hätte, und den Mut gehabt hätte später die Wahrheit zu sagen, nichts passiert wäre. Der Lehrer macht kein Eingeständnis, aber seine Ausrede ist „die Lüge ist ein Egel, sie hat die Wahrheit ausgesaugt“ (Fünftes Bild). Die Unterschied ist, dass er weiß, dass seine Ausrede nicht gut ist, und er weiß, dass er verantwortlich ist. Am Ende versucht er dafür zu sühnen, indem er Selbstmord begeht.
Es ist aber sehr leicht, wertend zu sein. Nicht die ganze (fast keiner) der deutschen Bevölkerung war während der Nazizeit böse, sondern wurde nur von Hitler und seiner Propaganda beeinflusst. Obschon es die meisten nicht zugeben würden, ist es möglich, dass, wenn Hitler britisch gewesen wäre, etwas Ähnliches hier hätte passieren können. Niemand will glauben, dass sie an solchen Grausamkeiten teilgenommen hätten - aber vielleicht hätte fast jeder im dritten Reich wegen der Propaganda und der Gewalt und der Diktatur dasselbe gemacht. Wie Der Doktor in Andorra sagt, war es damals „eine aufgeregte Zeit“. Deswegen soll man die damaligen Deutschen nicht hart verurteilen. Aber sie (wie die Andorraner) tragen noch die Verantwortung.
Aber obwohl Der Lehrer offensichtlich einen sehr großen Teil der Verantwortung tragen muss, hat Max Frisch ihn sympathisch dargestellt. Der Autor will, dass wir ihn nicht hart verurteilen, weil er nur ein Charakter in dieser Handlung ist: er symbolisiert keinen der Menschen, die am Krieg beteiligt waren. Im Gegensatz dazu hat er Den Soldaten als ein gefühlloses Tier dargestellt, das Barblin vergewaltigt. Es ist sehr schwer, Mitleid für ihn und auch für Den pompösen Doktor zu haben (im Vergleich zu den anderen wie Der Jemand oder Der Wirt, die auch schuldig sind, aber fast keine Persönlichkeiten haben). Vielleicht, weil Max Frisch selbst glaubt, dass die Soldaten und die Intellektuellen, die die Nazis unterstützten, die meiste Schuld tragen.
Der Symbolismus des Landes Andorra selbst
Es sind nicht nur die Charakteren, die etwas symbolisieren, sondern auch das Land Andorra selbst. Die Andorraner glauben, sie seien unschuldig, aber auch, dass ihr Land „schneeweiß“ (schön, friedlich, fromm) sei (zum Beispiel Der Doktor sagte „Kein Vaterland in der Welt hat einen schöneren Namen und kein Volk auf Erde ist so frei“ (Viertes Bild)). Hier kritisiert Max Frisch die Schweiz, sein Heimatland, denn die Schweiz ist ein neutrales Land und stolz auf ihre Freiheit und Eigenständigkeit, und hat immer gesagt, sie habe keine Vorgeschichte von Verfolgung oder Antisemitismus.
In den letzten Jahren sind aber schweizerische Taten aufgedeckt worden. Im zweiten Weltkrieg hat sie zum Beispiel die Augen weggedreht und nicht gegen die Gräueltaten protestiert. Ein Beispiel dafür ist, dass man glaubt, dass die Schweizer Grenzenpolizei wollte, dass die Nazis ein „J“ in jüdische Reisepässe stempelten, so dass sie erkannt werden konnten, und sie haben 1942 42000 jüdischen Flüchtlingen die Einreise verweigert. Seit 1997 gibt es auch den Skandal der Schweizer Banken, die Geld von Juden und Nazigold gehortet haben. Jetzt haben sie angefangen, ihre Verantwortung zu akzeptieren, indem sie einen Fond in Höhe von 17 Millionen Schweizer Franken gegründet haben, um Juden zu entschädigen, und versuchen, geplünderte Eigentümer an ihre Besitzer zurückzugeben. Sie haben sich offiziell entschuldigt.
In Andorra war es Max Frisch nur wichtig, dass man an die Themen wie Verantwortung und Bildnisse von Menschen denkt. Er wollte nur eine dramatische Situation erfinden, wo man einen Charakter für einen Juden hält, während er wirklich keiner war. Alle Charaktere und Ereignisse sind dieser zentralen Idee unterworfen. Deswegen gibt es keine Nebenhandlungen und für die meisten Nebenfiguren (das heißt alle außer Andri, Dem Lehrer und vielleicht Barblin) fast keine Persönlichkeit, weil es dafür kein Bedürfnis gibt. Sie sind nur dort, um die Handlung zu entwickeln, oder Vorurteile zu zeigen (zum Beispiel Der Tischler zwingt Andri, mit Geld zu arbeiten; Der Wirt wirft den Stein, der die Señora tötet). Ihre Persönlichkeit ist für die Handlung ganz irrelevant, und es würde nur das Publikum von dem ablenken, was wichtig ist, wenn diese Figuren Persönlichkeiten hätten. Ihre Taten tragen zu der Handlung und dem Hauptthema bei, indem sie Andris Schicksal beeinflussen. Man kann sehen, dass sie keine Persönlichkeit haben, weil die meisten sogar keine Namen haben, sondern sie sind nur als Vertreter eines Berufes (zum Beispiel Der Wirt) dargestellt. Nur gewisse Eigenschaften werden hervorgehoben, nämlich die, die für das Thema des Stückes von Bedeutung sind, zum Beispiel die Engstirningkeit Des Doktors. Das Stück handelt sich auch nicht von Beziehungen zwischen Menschen – es ist keine Liebesgeschichte, sondern es geht um ein gewisses Thema. Es ist ein Lehrstück, ein Gleichnis, und die Lehre ist, man soll sich kein Bildnis von einem Menschen machen.
Diese Techniken werden auch in der Struktur des Werks entwickelt. Andorra ist nicht in Szenen, sondern in zwölf Bilder ganz unterschiedlicher Länge und Struktur eingeteilt, die sich immer nur um die Hauptgeschichte drehen. Deswegen hat das Stück eine lockere Struktur, die ein Beispiel von epischem Theater ist. Zwischen den Bildern gibt es Vordergrundszenen, wo ein Charakter in einen sogennanten „Zeugenschrank“ tritt, und ein sogenanntes „Bekenntnis“ zu einem erfundenen Gericht macht (aber alle außer Dem Pater behaupten, sie seien unschuldig). Es ist aber nicht ein echtes erfundenes Gericht, sondern das Publikum ist das Gericht, da die Charakteren dem Zuschauer direkt sprechen.
Diese Zwischenszenen spielen zeitlich lange nach dem eigentlichen Bühnengeschehen, also erlebt man die Geschichte auf zwei zeitlichen Ebenen: die Gegenwart (Andri und sein Schicksal) und (durch die Aussagen im Zeugenschrank) die Zukunft. Auf diese Weise findet man heraus, was im Stück passieren wird, und bekommt deswegen einen gewissen Einblick in die Folgen der Vorurteilen und der Feigheit der Andorraner: wir können von Anfang an sehen, wie die Andorraner ihn ungerecht behandeln (das heißt wenn man geglaubt hätte, Andri wäre wirklich Jude, würden einige denken, dass die Andorraner eine Rechtfertigung hätten). Die Vordergrundsszenen unterbrechen auch die Handlung und die Spannung. Das gibt das Publikum Zeit, nachzudenken, und hindert man daran, Vermutungen über das Ende des Stückes zu machen. Zum Beispiel werden die zwei größten Überraschungen schon am Anfang erklärt: Der Wirt erwähnt in seinem „Bekenntnis“, dass Andri wirklich der Sohn Des Lehrers ist; und es wird andauernd bestätigt, dass dem Andri etwas Schlimmes passiert.
Humor und Symbolismus
Max Frisch benutzt auch Humor, um seine Absicht zu erklären. Judenfeindlichkeit ist kein lächerliches Thema, sondern es ist ernsthaft und grauenhaft. Trotzdem wird man aber manchmal in diesem Stück zum Lachen gebracht. Sowohl die Vorurteile und Ausreden als auch die Entschlossenheit der Andorraner, jüdische Eigenschaften bei Andri zu finden, sind dumm. Es gibt auch die Szene, als Der nationalistische Doktor dem Andri bittet, AAAAndorra zu sagen. Im Hintergrund weiß man aber, dass solche Ereignisse zur Vernichtung von mehreren Millionen geführt hat. Das Lachen vergeht einem also schnell, und es wird einem fast peinlich, dass man sich amusiert hat. Man zögert, und denkt mehr an das Stück.
Ein anderer Grund, Humor zu benutzen, ist, dass es hier nicht effektiv wäre, realitätsnah zu sein. Man würde wegen der Unmenschlichkeit voller Entsetzen zuschauen, und könnte nicht so gut nachdenken. Es gibt nur Anspielungen auf die Nazizeit, zum Beispiel durch die Judenschau.
Symbolismus wird auch benutzt, um durch Farben das Stück besser zu verstehen. Im Nachbarland herrschen die Schwarzen, während Andorra als schneeweiß beschrieben wird. Am Anfang und Ende weißelt Barblin. Zuerst, damit alles weiß für den Sanktgeorgstag ist, aber am Ende (als sie verrückt geworden ist), um zu versuchen, Andorra wieder unschuldig zu machen.
Meine Meinung
Ich glaube, dass diese Techniken sehr innovativ sind. Sie hören sich zuerst vielleicht seltsam an, aber es ist interessant zu sehen, wie sich alle diese Ideen ergänzen, um ein verständliches und lehrreiches Stück zu bilden. Im Stück werden Andris Probleme klar dargestellt, während man die Handlung noch verstehen kann, und die wichtigen Themen respektvoll behandelt werden. Deswegen sind sie wirksam. Es ist auch wichtig, sich die Probleme zu erinnern, die entstehen würden, wenn Andorra ein Beispiel von klassischem Theater wäre.
Es gibt aber auch einige Probleme im Werk. Zum Beispiel die Charaktere sind nicht total glaubhaft, sondern alle außer Andri und Dem Lehrer sind wegen des Mangels an Persönlichkeit fast Karikaturen. Aber sogar Andri benimmt sich nicht immer realistisch - zum Beispiel, als es ihm gesagt wird, er sei kein Jude, glaubt er Dem Pater nicht. Man weiß, dass Andri sich viel verändert hat, aber man hätte auch denken können, dass er deswegen erleichtert wäre.
Das andere große Problem damit ist, dass das Theater dazu dient, das Publikum zu unterhalten und nicht zu belehren. Wenn die meisten Leute ins Theater gehen, wollen sie nicht ein Lehrstück anschauen, sondern sie wollen sich entspannen. Aber Andorra ist natürlich nicht ein reiner Belehrungsstück mit keiner Handlung und Spannung. Der Zuschauer kann sich noch für die Ereignisse auf der Bühne interessieren. Im ersten Bild gibt es ein bißchen Spannung, mit Ausdrücken wie „es hängt etwas in der Luft“, und die spontane Bemerkung Des Paters zu Barblin: „kein Mensch verfolgt euer Andri“. Wir wissen auch nicht genau, was Andri passiert (obwohl dies auch ein Techniken von epischem Theater ist, weil es nicht der Ausgang sondern der Gang der Handlung ist, was wichtig ist). Deshalb interessiert man sich dafür, aber durch die Techniken, die angewendet werden, ist es nicht möglich, im Ablauf des Stückes vertieft zu werden
Österreich
Andorra erzählt von den schweren Folgen von Vorurteilen – insbesondere von Antisemitismus. Um die Relevanz dieses Werkes zu analysieren, werde ich Beispiele von antisemitischem Verhalten im heutigen deutschen Sprachraum erklären, und diese Beispiele mit Auszügen aus dem Stück illustrieren. Ich habe die Länder deutschen Sprachraum als Beispiele gewählt, besonders Österreich, wo es im Moment 8000 Juden gibt, die hauptsächlich in Wien wohnen. Die meisten haben in den letzten Jahren das Land verlassen – es gab vor dem Krieg mindestens 80000, vielleicht 183000. Es gibt zwei Hauptbereiche zu diskutieren: Antisemitismus in der Öffentlichkeit (besonders in der Politik aber auch in der Presse); und Antisemitismus unter der Bevölkerung im Allgemeinem (ihre Meinungen und auch antisemitische Verbrechen).
Die FPÖ
Rechtsradikalismus und Antisemitismus sind in der österreichischen Gesellschaft immer stark gewesen. Erschreckend und für viele in der jüdischen Gemeinschaft sehr beängstigend ist, dass in den letzten Jahren die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), die antisemitisch und rassistisch ist, große Erfolge bei Wahlen gehabt hat. Zum Beispiel ist einer ihrer Slogans „Wien darf nicht Chicago werden“ (Chicago ist berühmt für seine große multikulturelle Mischung mit vielen Juden); und ihr Führer, Jörg Haider, ist bekannt für rassistische Meinungen (zum Beispiel er musste 1991 als Landeshauptmann von Kärnten zurücktreten, weil er die Beschäftigungspolitik von Hitler gelobt hatte). 1998 wurde er aber mit 42% der Stimmen wieder gewählt, und nahm diese Stelle wieder.
In Bundeswahl Oktober 1999 ist die FPÖ die zweitgrößte Partei im österreichischen Parlament geworden. FPÖ Politiker bekamen Ministerienstellen, weil die größte Partei (die konservative Österreichische Volkspartei (ÖVP)) einen neuen Koalitionspartner brauchte, nachdem die Besprechungen mit ihren früheren Verbündeten (die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)) scheiterten. Sie sind in eine Koalition gegangen; diese Ereignisse führten zu schweren Verurteilungen aus aller Welt, und es ist vielleicht unwahrscheinlich, dass ihre rechtsextremistische Politik einen großen Einfluss haben dürfen wird. Jörg Haider trat als Führer zurück, aber er ist noch der Landeshauptmann von Kärnten.
Es gab auch während der 80er Jahren die „Waldheim Affäre“. Die Zentralfigur war der ÖVP Politiker Kurt Waldheim (ein früherer Generalsekretär der Vereinten Nationen), der 1986 als Bundespräsident gewählt wurde. Es gab aber während dieses Bundespräsidentschaftswahlkampfes Anlass zu Kontroversen, nachdem Dokumente gefunden wurden, die unterstellten, er nahm an Nazigrausamkeiten teil, indem er als deutscher Bundeswehroffizier (unter anderem) griechische Juden nach Konzentrationslagern deportierte. Er leugnete alle Behauptungen.
Das größte Problem dieser Affäre war aber die Reaktion der österreichischen Politiker, Presse und Bevölkerung zu diesen Anklagen. In Zuge der Kampagne nahmen antisemitische Einstellungen zu. Laut einer Expertin, besteht jetzt Konsens darüber, dass seit 1986 antisemitische und fremdenfeindliche Äußerungen in der Politik „salonfähig“ geworden sind - eine so genannte „Ethnisierung von Politik“. Die Affäre entdeckte die Bereitwilligkeit einer wichtigen politischen Partei (die ÖVP) sich antisemitischen Vorurteilen zu beugen. Es markierte den Wandel zum in der Politik taktisch eingesetzten Antisemitismus, und hat vielleicht zum heutigen Erfolg der FPÖ geführt.
Und sogar heutzutage gibt es Zeitungen, wie das Boulevardblatt Neue Kronenzeitung, die öffentlich Vorurteile gegen Juden gezeigt haben. Sie ist bekannt für die Veröffentlichung von antisemitischen Leserbriefen, und Kolumnen, die in dieser Richtung gehen, und hat auch durch einen früheren Redakteur eine direkte Verbindung zur Gründung der FPÖ. Trotz dessen hat es in den letzten Jahren angefangen, sich zu verändern, und ist strikt gegen FPÖ Teilnahme in der Regierung, obwohl es vorher durchaus Haider forderte.
Die österreichische Bevölkerung
Natürlich sind Jörg Haider und die Kronenzeitung nicht die einzigen Vertreter von Antisemitismus in Österreich. Die FPÖ wurde gewählt, weil es viel institutionalisierten Rassismus in der ganzen Gesellschaft gibt. Es gibt viele erschreckende Beispiele, die von mehreren Studien stammen und zeigen, dass es noch schwere jüdische Stereotype (besonders über ihren Einfluss und ihre Macht in Österreich, obschon sie nur 0,01% der Bevölkerung bilden) unter vielen gibt. Zum Beispiel zitiert Bill Bryson in seinem Reisebuch Neither Here Nor There, In einer Untersuchung in 1996 wurden Österreicher gefragt „Sollten Juden mit uns in Österreich leben?“. Nicht die Hälfte stimmten zu (49%), aber 22% lehnten ab (nur 16% in 1984). In derselben Studie waren 34% des Samples der Meinung, „Juden haben heute in Österreich zuviel Einfluß“, und 24% (35% der über 60jährige), „Zugang für Juden zu einflußreichen Berufen sollte kontrolliert werden“. 16% glaubten, „die Beseitigung der Juden aus unserem Land hat auch positive Auswirkungen gehabt“. 49% sagten „Juden beherrschen das Weltgeschehen“ – was die Bemerkungen der Doktor in Andorra widerspiegelt („sie hocken alle Lehrstühlen der Welt“ (Viertes Bild)). Der Doktor war aber nur neidisch, weil er selbst wenig Erfolg mit seiner eigenen Karriere gehabt hat.
In einer anderen Untersuchung von derselben Autorin wurde es gerechnet: 7% der Wiener verfügen über ein „sehr starkes Vorurteil“; 18% „starkes Vorurteil“; 25% „mittleres Vorurteil“, und nur 35% „weitgehend Vorurteilsfrei“. Im gesamten Österreich sind laut der Studie diese Zahlen 5-10% höher.
Eine andere Quelle ist die Institut für empirische Sozialforschung (IFES), die auch viel Erschreckendes festgestellt hat. Insbesondere, da zirka 10% sagten, „Wenn ich einem Juden die Hand gebe, kann ich ein Gefühl des körperlichen Widerwillens nicht unterdrücken“. 33% glauben „Juden haben zuviel Einfluß auf der Welt“; 23% „durch ihr Verhalten sind Juden an Verfolgungen nicht ganz unschuldig“; 19% „Juden haben in der Geschichte viel Unheil angestiftet“; 9% „für uns Österreicher wäre es am besten, keine Juden im Land zu haben“.
Diese Statistiken sind natürlich sehr erschreckend, und es gibt kein Beweis dafür, dass sie übertrieben worden sind. Ich glaube, dass sie sehr beängstigend sind, und, dass man etwas machen soll, um die Lage zu verbessern. Es sollte heutezutage nicht mehr möglich sein, dass solche Meinungen bestehen.
Eine weitere weit verbreitete Ansicht, ist dass die Geschichten von Konzentrationslagern und der Hetzkampagnen gegen Juden übertrieben worden sind - die Leugnung des Holocausts wird jetzt offiziell straflich verfolgt.
Man muss aber gerecht sein - antijüdische Vorurteile sind heute nicht mehr (wie in den Studien der siebziger Jahren) "unterschiedslos als ein kulturelles Selbstverständnis in allen Milieus der Bevölkerung anzutreffen", sondern deutlich in bestimmten Gruppen der Bevölkerung charakteristisch geworden, besonders diejenigen mit niedrigen Bildungsstand, oder, die in großen Städten leben, und Leute, die der älteren Generation angehören, oder politisch rechts stehen. Frauen sind in allgemein vorurteilsfreier als Männer. Vielleicht nimmt das Problem ab.
In Allgemein, zeigen die Österreicher ein starkes antisemitisches Potential, aber antisemitische Einstellungen nicht extrem verbreitet. Es bestand jedoch auch keine starke oder eindeutige Ablehnung dagegen (wie in Andorra). Jetzt verändert sich aber allmählich diese Lage. 100000 Leute haben in Wien gegen die FPÖ Teilnahme in der Regierung protestiert.
Es ist auch wichtig, zu bemerken, dass für all diese Fragen, immerhin ungefähr 30% der Gefragten „keine Meinung“ hatten (das heißt, dass sie weder es ablehnten noch zustimmten), die vielleicht die Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit der Andorraner widerspiegelt.
Glücklicherweise besteht Antisemitismus unter den meisten Leute hauptsächlich nur aus dummen aber harmlosen Stereotypen in ihren Köpfen. Leider gibt es Rechtsextremisten, die ihre Vorurteilen in Taten umwandeln. Die Zahl der Verbrechen in Österreich, die antisemitische Motive haben, hat in den letzten Jahren geschwankt. In 1998 gab es acht, aber in 1997 gab es siebzehn. Die meisten sind Entweihungen von jüdischen Friedhöfen oder Denkmälern und Grabschändungen. Es muss gesagt werden, dass das eine sehr niedrigere Zahl im Gegensatz zu Deutschland ist (ungefähr 1000) ist.
Es ist auch wichtig, sich zu erinnern, dass es überall Antisemitismus (und allgemeines Rassismus) gibt. Österreich ist nur ein besonderes erschreckendes Beispiel, das in letzter Zeit durch den Wahlsieg von Jörg Haider weit bekannt wurde.
Es ist aber nicht genug, das Problem zu beschreiben, sondern man muss versuchen, Lösungen zu finden. Wegen der klaren Struktur von Andorra kann man sehen, wie die Andorraner sich anders verhalten sollen hätten. Man braucht aber auch konkrete Vorschläge und Gesetze von der Regierung. Die deutsche Regierung hat zum Beispiel die Anzahl von Polizisten und Staatsanwalten erhöht, die besonders für rassistische Straftaten ausgebildet sind. Es gibt auch neue Arbeitsgruppe, um Polizeimethoden der Überwachung und Bekämpfung rechtsextremistischer Gewalt zu verbessern. Mehrere Neonazi-Organisationen sind verboten worden, und wegen vieler Razzien sind viel Propagandamaterial und viele Waffen konfisziert worden. Im Allgemeinen ist es aber wichtig, dass alle gesellschaftliche Organisationen (zum Beispiel Schulen, Kirche, Regierung) etwas machen, um Stereotype abzubauen.
Die Bevölkerung hat ihre Einstellung klar gemacht. Es gab Proteste in Wien, aber auch viele andere Demonstrationen gegen berühmte ausländerfeindlich motivierte Straftaten.
Die Schweiz
Es gibt in der Schweiz 18300 Juden (hauptsächlich in Zurich, Genf, Bern und Basel). Seit 1997 gibt es der Skandal von den schweizerischen Banken, die Geld von Juden und Nazigold gehortet haben. Wegen der höheren Profil jüdischer Angelegenheiten hat es in den letzten drei Jahren sowohl mehr antisemitische Vorfälle gegeben als auch antisemitische Briefe an Zeitungen und mehr negative Einstellungen Juden gegenüber. Es gibt keine großen rechtsradikale Parteien, oder eine hohe Anzahl von antisemitischen Straftaten, wie in Österreich oder Deutschland.
Deutschland
In Deutschland ist Antisemitismus seit dem Krieg nicht so schwer. Es war schlimmer während der fünfziger Jahren, und danach ging zurück. Es gibt aber seit der Wiedervereinigung noch Probleme: es gab 1040 Straftaten in 1994 (eine 60% Steigerung gegenüber 1993), 817 in 1996, und 965 in 1997, die durch Antisemitismus verursacht wurden. Die 68175 deutschen Juden leben hauptsächlich in Berlin. Man glaubt, dass immer mehr Deutsche Mitglieder von rechtsextremisten Gruppen werden – die neueste Total ist 37000. In den letzten Jahren gab es Probleme mit einem geplanten Holocaust-Mahnmal in Berlin, weil einige glauben, dass so ein Mahnmal ein Focus für Rechtextremisten werden wird, und andere, dass keine der vorgelegten Konstruktionen dem Holocaust gegenüber ästhetisch gerecht werden können. Es gab auch große Kontroversen mit einer Austellung Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944, die das Focus von Rechtsextremisten wurde. Sie öffnete in 1995 und fuhr nach vielen deutschen und österreichischen Städten.
Nach 1960 konnte man wegen antisemitischen Aufhetzung (wenn man etwas Schlimmes gegen Juden tut) straflich verfolgt werden. Nach 1985 durfte man auch nicht der Holocaust leugnen. Es gibt ein Verbot auf rechtsradikale Parteien.
Die rassistischsten Parteien in Deutschland (Die Republikaner (REP), Deutsche Volksunion (DVU) und Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)) haben aber wenig Erfolg bei Wahlen. Sie hatten 1998 nur 3.3% der Stimmen, und bekamen wegen der Fünfprozentklausel keine Sitze im Parlament. Die DVU bekam aber 12,9% der Stimmen in 1998 in Sachsen-Anhalt, und kriegte deswegen 16 Sitze in Landtag, obschon ihre Kampagne nicht offentlich antisemitisch war (sie haben aber gesagt „Deutschland für die Deutschen“ und, dass ausländische Schulkinder nicht die Schule in Deutschland besuchen dürfen sollen). Es gibt ein der wenigsten Anzahle von Ausländer in Sachsen-Anhalt aus allen Bundesländern
Der historische Hintergrund
Es hat immer Vorurteile gegen Juden in christlichem Europa gegeben. Martin Luther zum Beispiel hat geschrieben, dass Juden dämonisch seien. Sie sind auch immer als Sündenböcke benutzt worden. Während des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts wurden viele Juden ausgewiesen. Es gab auch wirtschaftliche Begrenzungen: sie durften kein Handwerke erlernen, sondern sie konnten nur in bestimmten Berufen arbeiten (zum Beispiel mit Geld), wovon die stereotypische Idee kommt, dass sie nur mit Geld arbeiten wollen. Am Anfang dieses Jahrhunderts hat die Kaiserreich sowohl zum Beispiel die Juden die Schuld für den Sieg der Allierten im ersten Weltkrieg gegeben, als auch die kommunistische Revolution von 1918 als eine „jüdische Verschwörung“ beschrieben. Sie haben beide die Angst der Bevölkerung auf einen unschuldiger Sündenbock gerichtet, um die Zufriedenheit der Bevölkerung zu erhalten.
Andri wurde auch in Andorra die Schuld gegeben. Zum Beispiel die Andorraner sagten, er habe die Prüglerei angefangen – aber es wurde wirklich von den Andorranern selber angefangen, weil sie Andri nicht mochten. Sie drehten die Geschichte um, und sagten, er habe es verursacht, weil er Leute nervös macht, und will, dass sie schlechtes Gewissen haben („Sie wollen, dass man ihnen ein Unrecht tut. Sie warten nur darauf…“ (Der Doktor, Achtes Bild)). Sie sagen auch, er habe den Stein geworfen, die Die Señora tötete – aber er war zu Hause.
Hitler und die Nazizeit
Hitler wurde nicht gewählt, weil die Deutschen besonders antisemitisch waren, sondern wegen seiner Idee eines Heimatlandes und der versprochene wirtschaftliche Aufschwung, der nach Jahren der hohen Inflation (wegen des Versailler Vertrags), Arbeitslosigkeit (wegen des weltwirtschaftlichen Abschwungs) und Instabilität (wegen der Verwirrung der Weimarer Republik, wo es fast jedes Jahr eine neue Regierung gab) der Weimarer Republik kam. Man gab der Regierung die Schuld und stürzte die demokratische Regierung. Man wollte einen starken Führer, und deswegen kam Hitler an die Macht
Man weiß nicht genau, warum er antisemitisch war. Er mochte im Allgemein andere Rassen nicht, weil sie nicht „rein“ Deutsche waren - aber ich glaube, dass er ein besonderer Haß gegen Juden entwickelt hatte, als er als Künstler in Wien auf der Straße lebte – obwohl ich keine genaue Einzelheiten weiß. Einmal an der Macht konnte er sein Terrorregime ausdehnen. Proteste und Widerstand hatten wegen Propaganda keinen Erfolg (Hitler hatten auch total Macht). Das antisemitische Programm der Regierung wurde sofort etappenweise begonnen. Juden wurden von öffentlichen Diensten ausgeschlossen, und jüdische Geschäften wurden boykottiert. Mit dem „Arienisierung“ Programm verloren sie ihre Rechte auf Eigentüme, und mit dem 1935 Nuremberggesetz verloren sie ihre Zivilrechte.
Die Nacht vom achten November 1938 war Reichskristallnacht. Jüdische Wohnungen, Synagögen und Geschäften wurden angebrannt und zerstört. Während dieses Teils der deutschen Geschichte war Judenverfolgung offen. Sie wurden unterdrückt und mussten einen gelben Stern tragen, damit sie erkannt werden konnten, und später wissen alle, dass sie aus Ländern wie Polen und Deutschland ausgewiesen wurden und in Ghettos leben mussten, und sechs Millionen vernichtet und vergast wurden.
ENDE
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